Medienschau

"Klar, Ackermann soll Roths Rettungsanker sein"

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Der neuen SPK-Präsidentin Marion Ackermann werden Wunder zugetraut, westliche Büros tragen den Architektur-Boom in Saudi-Arabien, und Großbritannien braucht eine neue Kulturpolitik: Das ist unsere Presseschau am Dienstag


Personalie

Dass die bisherige Dresdner Museumsdirektorin Marion Ackermann neue Präsidentin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz wird, entzückt weiter das Feuilleton. Ulrike Knöfel schreibt im "Spiegel", dass von der ersten Frau an der Spitze des größten deutschen Museumsverbundes Wunder erwartet werden, und sie diese womöglich sogar liefern könne. Außerdem sieht die Autorin auch einen Befreiungsschlag für Kulturstaatsministerin Claudia Roth von den Grünen: "Am meisten hilft ihre Berufung erst einmal aber jener Frau, die Ackermann heute mit einem immer mal wieder seligen Lächeln präsentierte. Ackermanns Verpflichtung ist – unterm Strich – dann doch die sehr gute Nachricht, die die Kulturstaatsministerin Claudia Roth nach vielen sehr schlechten Nachrichten (Documenta-Skandal, Streit um Gedenkstätten, etc.) dringend braucht. Roths Sprecher nannte die Vorstellung 'einen sehr erfreulichen Anlass'. Und Roth selbst freute sich 'von ganzem Herzen' über das Interesse an der Personalie. Klar, Ackermann soll Roths Rettungsanker sein. Sie wird auch das überstehen."


Kulturpolitik

Im britischen "Guardian" stellt Charlotte Higgins die neue Kulturministerin im Kabinett von Keir Starmer vor. Lisa Nandy, die zuletzt als Schattenministerin für internationale Entwicklung tätig war und "aus heiterem Himmel in ihr neues Amt berufen" wurde, habe eine heikle Aufgabe von enormer Bedeutung vor sich: Nach den Tory-Jahren der Unterfinanzierung, der BBC-Hetze und der Kulturkriege liege nichts Geringeres als die Seele der Nation in den Händen der Labour-Ministerin. "Das offensichtlichste und drängendste Problem ist der Einbruch der öffentlichen Finanzierung durch die Zentralregierung und die lokalen Behörden", so Higgins. "Die Finanzierung der Künste im Vereinigten Königreich basiert seit jeher auf einem gemischten Wirtschaftsmodell, das zwischen den Polen der USA (die sich auf private Philanthropie stützen) und europäischen Nachbarn wie Deutschland und Frankreich (wo die Künste großzügig von der öffentlichen Hand unterstützt werden) liegt. In den letzten Jahren ist das Modell des Vereinigten Königreichs unausgewogen geworden. Da die öffentliche Finanzierung zurückgeht, sind die Kunstorganisationen zunehmend auf privates Geld angewiesen. Doch das Sponsoring durch Unternehmen und Philanthropen gerät aus moralischen und ethischen Gründen mehr denn je in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Kurzum, die Kunstorganisationen sind in eine unmögliche Lage geraten. Die Lösung des Problems besteht darin, die schleichende Privatisierung der Kultur in England zu stoppen und die öffentliche Rechenschaftspflicht für die Künste wiederherzustellen." So groß die Aufgaben: "Die Beruhigung der spaltenden und sinnlosen Kulturkriege, die die Konservativen angezettelt haben, wird jemandem, der so besonnen ist wie Nandy, zum Glück leicht fallen", meint Higgins. "Für Nandy gibt es noch viel zu tun - und es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass sie die richtige Frau für diese Aufgabe ist."


Architektur

Über den architektonischen Gigantismus in Saudi-Arabien, der vor allem von renommierten westlichen Büros gestaltet wird, schreibt Roman Hollenstein in der "NZZ". "Wichtiger als architektonische und städtebauliche Qualitäten sind in Saudiarabien aber Rekorde. So wird derzeit am 1007 Meter hohen Jeddah Tower in Jidda nach fünfjährigem Baustillstand weitergebaut. Und dereinst könnte auch Norman Fosters megalomanes Projekt eines zwei Kilometer hohen Wolkenkratzers in Riad Wirklichkeit werden." Ziemlich unkritisch übernimmt der Text die Erzählung vom kulturellen Wandel der ölreichen Autokratie, obwohl NGOs weiterhin eklatante Menschenrechtsverstöße beklagen. Besonders angetan ist Hollenstein vom King Abdulaziz Center for World Culture, genannt Ithra, in der Metropolregion Dammam, das vom Büro Snøhetta für den Ölkonzern Saudi Aramco entworfen wurde. "Auch wenn das Ithra vermehrt Konkurrenz erhält, wird der über 700 Millionen Franken teure Prachtbau wohl weiterhin unübertroffen bleiben."


Ausstellung

Stefan Trinks ist ganz hingerissen von einer William-Turner-Ausstellung im Grimaldi Forum in Monaco, die "Turners sublimes Vermächtnis" und seinen Einfluss auf zeitgenössische Künstler zeigt. "Turners gesamtes Œuvre handelt von dieser schutzlos-unmittelbaren Konfrontation mit dem Unfassbaren, der Großartigkeit wie Grausamkeit einer den Menschen turmhoch überlegenen Natur", schreibt Trinks in der "FAZ". "Was die klug kuratierte Ausstellung jedoch vornimmt, ist eine Neuverortung des Jahrhundertmalers innerhalb der etwas abgegriffenen 'Theorie des Sublimen' um 1800, und zugleich einen erstaunlichen Kassensturz derjenigen zeitgenössischen Künstler, die sich auf ihn berufen. Im Abschälen dessen, was Olafur Eliasson, Wolfgang Tillmans, Peter Doig, John Akomfrah, James Turrell oder Laure Prouvost aus den bewunderten Bildern Turners schaffen oder wie Richard Long sich ihnen eher kontradiktatorisch entgegenstellen, erwachsen aufschlussreiche Gegenüberstellungen." Ab nach Monaco!


Erwin Piscators "Schwejk"-Inszenierung, uraufgeführt 1928 im Theater am Nollendorfplatz, zählt zu den Höhepunkten der Theaterhistorie der Weimarer Republik. Das Kleine Grozs-Museum in Berlin zeigt jetzt, welchen Anteil neben dem vielgerühmten Piscator zwei weitere Künstler am Erfolg der Antikriegsroman-Adaption hatten: Bertolt Brecht hatte das Stück gemeinsam mit Piscator erprobt; und Georg Grosz lieferte hunderte von Skizzen, die meisten zur Verwendung in einem Animationsfilm, den Piscator im Bühnenhintergrund ablaufen ließ. Bernard Schulz hat sich die Ausstellung, die auch die politischen und juristischen Auseinandersetzungen um das Stück beleuchtet, für den Berliner "Tagesspiegel" angeschaut. "Zur 'Schwejk'-Aufführung gab es im linksaußen angesiedelten 'Malik'-Verlag die 'Hintergrund'-Mappe von Grosz mit den Zeichnungen für die Inszenierung. Christus mit Gasmaske am Kreuz und dem Titel 'Maul halten und weiter dienen' – der sich übrigens nicht bei Hašek findet! – wurde Gegenstand des aufwendigsten Gerichtsverfahrens zur Kunstfreiheit, das die Weimarer Republik erlebte. Grosz obsiegte, so halb jedenfalls, denn die Verfügung zur Vernichtung der Druckstöcke erging, wurde aber von 'Malik'-Verleger Wieland Herzfelde unterlaufen. Unlängst stellte die Akademie der Künste einige Neuerwerbungen vor, mit denen die damalige Zeichnungsserie fast vollständig wieder vereint ist; vom Pariser Platz kamen die Blätter nun an die Bülowstraße", schreibt Schulz. Ergänzt wird die Schau auch um das Grosz-Gemälde "Cain, or Hitler in Hell" von 1944, das aus dem Deutschen Historischen Museum ausgeliehen wurde. Schulz resümiert: "Überhaupt sind es die großzügigen Leihgaben, die dieser zwar kleinen, aber enorm weit gespannten Ausstellung samt ihrem kongenialen Katalog zu ihrem Rang verhelfen."