Antisemitismus-Debatte
Im "Zeit"-Podcast "Die sogenannte Gegenwart" schauen Ijoma Mangold und Lars Weisbrod auf die antideutsche Bewegung, eine zwar kleine politische Strömung innerhalb der Linken, die dennoch im deutschen Pop- und Kunst-Diskurs Spuren hinterlassen hat und deren Ideen auch in dem andauernden Documenta-Streit seinen Niederschlag findet. "Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatten lohnt sich ein genauerer Blick auf diese Nischenströmung: Was motiviert sie, wie denken sie, und sind Antideutsche tatsächlich noch Linke, wenn sie sich von vielen herkömmlichen linken Überzeugungen verabschiedet haben?"
Noch ganz hat Kritikerin Nicola Kuhn der Malerin Katharina Grosse nicht verziehen, dass auch sie den berüchtigten "Artforum"-Brief unterschrieben hat, auch wenn Grosse ihre Signatur bereits als "einen schrecklichen Fehler" bezeichnet hat. Für Kuhn funktioniert deshalb "das Wegbeamen beim Betrachten" der Einzelausstellung der Künstlerin in der Wiener Albertina nicht so ohne Weiteres, schreibt sie im "Tagesspiegel": "Diese Empathielosigkeit für die Ermordeten, Entführten, Traumatisierten der israelischen Seite verstörte zutiefst. Ein Unbehagen ist bis heute geblieben. Auch dieses Vibrieren ist in der Wiener Albertina zu spüren: eine sehr konkrete Turbulenz, welche gerade die gesamte Kunstwelt erfasst und ihre eigentlich durch Freiheit und Toleranz charakterisierten Räume zunehmend verkleinert."
Interview
Der Berliner Maler Daniel Richter spricht als Amnesty-International-Mitglied mit Nina Apin und Maik Söhler für die Website der Nichtregierungsorganisation über Menschenrechte, Kunstfreiheit und politisches Engagement. Hier die drei schönsten Sätze aus dem - wir immer bei Richter - meinungsstarken und deshalb lesenswerten Interview: "Kunst darf alles, allerdings sollte sie möglichst wenig langweilig sein." - "Unter dem Deckmantel der Elitenkritik wird viel Schindluder getrieben." - "Dass wir das erbärmliche Comeback autoritärer, religiöser Systeme auch in Europa miterleben müssen, ist zutiefst deprimierend."
Porträt
Anlässlich seiner Ausstellung in der Hongkonger Dependance der Galerie David Zwirner stellt sich Neo Rauch weiter dem asiatischen Publikum vor. Nach einem Porträt im "Tatler Asia", das sich wie eine knuffige Herzblattgeschichte las, steht in der "South China Morning Post" wieder der angriffslustige Künstler im Vordergrund. Noch einmal rollt die Zeitung den Beef mit dem Kritiker Wolfgang Ullrich auf. "Es ist immer dasselbe, wenn man zurückschlägt", erzählt Rauch der Autorin Fionnuala McHugh. "Man fühlt sich besser. Ich würde meinen Feinden nicht die andere Wange hinhalten. Ich habe das schon zweimal gemacht, als ich auf Beleidigungen von Journalisten reagiert habe. Beim ersten Mal beschrieb jemand meine Malerei als kindisches, harmloses Zeug, also malte ich eines mit dem Titel 'Harmlos'." Und das zweite Mal? "Und das Zweite war ... was war das Zweite?" Rauch fällt es nicht ein. Der Artikel ist irgendwann zu Ende und der Maler grübelt immer noch: "'Wie hieß das zweite Bild?', murmelt er noch einmal vor sich hin."
Kulturerbe
Zur Wiedereröffnung der durch einen Großbrand im April 2019 beschädigten Pariser Kathedrale Notre-Dame will Frankreichs Präsident Emmanuel Macron den Papst einladen. Auf die Frage, ob Papst Franziskus bei der am 8. Dezember 2024 geplanten Eröffnung anwesend sein werde, sagte Macron am Freitag dem Sender France 2: "Ich hoffe es, auf jeden Fall werden wir ihn einladen. Aber es steht mir nicht zu, in seinem Namen zu antworten." Ein Jahr vor der geplanten Wiedereröffnung hatte Macron am Freitag die Baustelle besucht. Die Arbeiten dort kommen gut voran. Das durch den Sturz des Spitzturms durchbohrte Gewölbe ist fertiggestellt, ebenso die Renovierung des durch den Brand in Mitleidenschaft gezogenen Nord- und Südgiebels des Querschiffs. Die von der Kölner Dombauhütte restaurierten Glasfenster sind seit Monaten schon wieder zurück. Seit Ende November sind hinter einem Baugerüst auch die Umrisse des Spitzturms wieder zu erkennen, der ein herausragendes Merkmal der Kathedrale ist. Der 96 Meter hohe Vierungsturm stürzte bei dem Brand am 15. April 2019 ein. Sein Einsturz wurde zum Symbol für die Brandkatastrophe.
Diskurs
Heute erscheint die Winterausgabe der Zeitschrift "Lettre International". Der polnische Künstler Wilhelm Sasnal und der iranische Künstler Farshid Tighehsaz prägen das Heft mit Malerei und Fotografie, Kulturtheoretiker Boris Groys untersucht historische Konzepte zur Schaffung eines die Nationalstaaten ablösenden neuen Imperiums, der Kunstwissenschaftler Karlheinz Lüdeking schaut mit Lenin, Heidegger, Mondrian und Rosalind Krauss auf Loriot.
Film
Die beiden Oscar-Preisträger Rami Malek (42, "Bohemian Rhapsody") und Russell Crowe (59, "Gladiator") werden in dem Historien-Drama "Nuremberg" über die Nürnberger Prozesse nach Ende des Zweiten Weltkriegs Hauptrollen übernehmen, berichtet "Variety". Der Film basiert auf dem Buch "Der Nazi und der Psychiater" des US-Autors Jack El-Hai. Er beschreibt darin die Begegnung des jungen US-Militärpsychiaters Douglas Kelley mit Hermann Göring, dem ranghöchsten Nazi, der das Kriegsende überlebte und von US-Truppen gefangen genommen wurde. Monatelang hatte Kelley 1945 Gelegenheit, ihn zu befragen, während der Prozess gegen führende Nazis als Kriegsverbrecher vorbereitet wurde. Göring, ehemaliger Chef der Luftwaffe, wurde 1946 zu Tode verurteilt, doch kam der Hinrichtung durch Selbstmord zuvor. US-Drehbuchautor James Vanderbilt (48, "Zodiac", "White House Down"), der zuvor bei dem Journalismusdrama "Der Moment der Wahrheit" Regie führte, wird den Film inszenieren. Malek spielt den Psychiater, Crowe verkörpert Göring, Michael Shannon (49, "The Flash) den Hauptankläger bei den Nürnberger Prozessen, US-Richter Robert H. Jackson. Die Dreharbeiten sollen im Februar in Ungarn anlaufen, berichtet das Filmportal "Deadline".