Ranking
Die emiratische Kuratorin Hur Al-Kasimi ist nach Einschätzung des britischen Kunstmagazins "ArtReview" derzeit die einflussreichste Figur der internationalen Kunstszene. Das in London erscheinende Magazin setzte die 44-Jährige aus den Vereinigten Arabischen Emiraten an die Spitze seiner jährlichen Liste "Power100". Das Magazin lässt Mitglieder einer Jury einschätzen, wen sie für besonders entscheidend in der Kunstwelt halten. Bei der Liste mit 100 Personen und Organisationen geht es etwa um die Frage, wer beeinflusst, welche Themen behandelt und wessen Kunstwerke gezeigt werden. Im vergangenen Jahr hatte US-Fotografin Nan Goldin die Liste angeführt, die derzeit in Berlin ausstellt. Diesmal steht sie auf Platz 7. Auch Kulturschaffende aus Deutschland sind dabei: Künstlerin Hito Steyerl zum Beispiel belegt Platz 18 und der aus Kamerun stammende Intendant des Hauses der Kulturen der Welt in Berlin, Bonaventure Soh Bejeng Ndikung, Platz 20. Angeführt wird die Liste von Al-Kasimi. Sie ist die Tochter des Herrschers des Emirats Schardscha. Sie ist Direktorin der dortigen Biennale und gründete die Sharjah Art Foundation. Der Stiftung sei es gelungen, Künstler und Kulturorganisationen der "global majority" (ein Begriff für nicht-weiße Menschen) hervorzuheben und den Fokus von westlich-zentrierten Narrativen weg zu verlagern, hieß es in einer Mitteilung des Magazins. Al-Kasimi soll die Biennale in Sydney 2026 gestalten und die Aichi Triennale 2025 in Japan. Sie sei - gemeinsam mit anderen auf der Liste - auch "ein Symbol für den zunehmenden Einfluss der Golfregion" in den Bereichen Finanz, Handel, Politik, Sport, Unterhaltung und Kunst, schreibt das Magazin. In einer Kunstwelt, in der Absagen und Boykotte aus allen Richtungen kämen und eine Kultur der Angst erzeugten, sei sie zudem eine der wenigen Stimmen, die bereit seien, Kunst als Plattform zu nutzen, um Meinungen auszudrücken und Diskussionen zu fördern, etwa zur Lage der Palästinenser, im Libanon oder Leidtragender anderer Konflikte, schreibt das Magazin in einem Porträt. Das Magazin lässt 40 Menschen aus der Kunstwelt über seine Liste entscheiden. Auf dem zweiten Platz steht der thailändische Künstler Rirkrit Tiravanija, danach folgen die US-amerikanische Literaturwissenschaftlerin Saidiya Hartman, der britische Regisseur und Künstler Steve McQueen ("12 Years A Slave") sowie das Forschungsprojekt Forensic Architecture. Der ägyptische Künstler Wael Shawky belegt Platz 6. Die Top Ten werden komplettiert vom US-Künstler Kerry James Marshall, der US-Autorin Anna Kornbluh und dem britisch-ghanaischen Künstler John Akomfrah. Die Liste des Kunstmagazins "ArtReview" erschien erstmals 2002. Monopol hat seine Top 100 der einflussreichsten Personen des Kunstbetriebs Ende November veröffentlicht.
Debatte
Von pro-palästinensischen Protesten bei der Verleihung des Turnerpreises in London berichtet Alexander Menden in der "SZ": "Ausdrücklich waren die Immobilienunternehmer und Kunstmäzene Anita und Poju Zabludowicz Ziele der Demonstranten. Sie hätten 'gut dokumentierte wirtschaftliche und ideologische Verbindungen' zur israelischen Regierung und seien mithin zu boykottieren. So stand es in einem Protestbrief, den die Gruppe bereits online veröffentlicht hatte. Bemerkenswert an dem Vorgang war vor allem, dass drei der Nominierten, die drinnen in Vorbereitung auf die Verleihung des mit rund 30.000 Euro dotierten Preises für zeitgenössische Kunst beim Dinner saßen, diesen Brief mitunterzeichnet hatten. Neben der Britin Claudette Johnson und dem philippinischen Künstler Pio Abad auch die Favoritin und spätere Gewinnerin Jasleen Kaur.' Sie versuche lediglich, sagte die Künstlerin, 'einen Konsens darüber herzustellen', dass die Verbindungen zu Organisationen 'unethisch' seien, die 'sich an etwas beteiligen, das UN und Internationaler Gerichtshof endlich als Völkermord am palästinensischen Volk' bezeichneten. Die 'Trennung zwischen dem Ausdruck von Politik in der Galerie und der Ausübung von Politik im Leben' müsse verschwinden, sagte die Künstlerin. 'Den Ereignissen dieses Abends nach zu urteilen forderte sie damit allerdings etwas ein, was in der Kunstwelt ohnehin längst Status quo ist'", schließt Alexander Menden.
Porträt
"Manche Künstler sind größer als andere." So beginnt Johanna Adorjáns Porträt des Bildhauers Hans Hemmert in der "SZ". Mit minimalen Merkmalen könne er "einen ganzen Charakter evozieren. Oft lösen seine Werke im Betrachter positive Gefühle aus." Als Künstler gehe es mir im Grunde immer um eine große Frage. Nämlich: Wie bin ich in der Welt? "Seine Arbeiten versteht Hans Hemmert als Einladung an den Betrachter, sich dazu etwas zu denken. 'Er muss nicht, aber wenn er es tut, wäre das doch schön.'"
Kunstmarkt
Im Berliner Auktionshaus am Grunewald soll Kunst zugänglicher werden. Chefin Lena Winter erklärt dem "Tagesspiegel" die Magie von Auktionen, wie man günstig an Kunst kommt – und ob sich damit Geld verdienen lässt: "Wenn du für 1000 Euro Kunst kaufst, wirst du damit nicht reich. Kunst ist eine emotionale Währung. Das sieht man bei der Banane von Maurizio Cattelan."
Auf Ebay bietet jemand seine Berghain-Flyer-Sammlung für 25.000 Euro an. Die gedruckten Programmvorschauen wurden oft von Künstlern gestaltet. Stefan Hochgesand hat für die "Berliner Zeitung" einige Kommentar zu dem Angebot aus dem Netz gefischt. "'Das ist schon eine merkwürdige Hingabe', so ein User. 'Flyer sammeln, in einer Szene involviert sein, die früher anti-kommerziell und liebevoll war, bis man an einen Punkt gelangt, an dem man denkt: Scheiß auf meine Leidenschaft, lass das verkaufen.' Aus einem weiteren Kommentar klingt ansatzweise Verständnis: 'Ich schätze, sie können das durch eine gedankliche Wendung in Einklang bringen, etwa: 'Ich verkaufe es an kapitalistische Schweinetouristen, die die Hauptursache für die Gentrifizierung und alles Böse auf der Welt sind'.' Und schließlich lässt sich wenigstes ein Beitrag mit Humor finden: 'Lol, eines Tages, wenn wir im Altersheim sind, werden wir die Berghain-Flyer tauschen wie einst Pokémon-Karten.'"