Debatte
"Wenn alles gut geht, könnte die Documenta in ruhigeres Fahrwasser kommen", atmet Jörg Häntzschel in der "SZ" auf, nachdem die neue Findungskommission feststeht. "Es ist nicht auszuschließen, dass auch nun wieder offene Briefe gefunden werden, die die neuen Mitglieder irgendwann unterschrieben haben. Auf den ersten Blick aber scheint es sich um eine Gruppe respektabler Kuratorinnen und Kuratoren zu handeln, deren Zusammenstellung angesichts des öffentlichen Drucks, unter dem die Documenta steht, natürlich präzise kalibriert ist."
Kunstgeschichte
Ostdeutsche Kunst ist präsenter als nach der Wende, aber es gibt noch viel zu tun, meint Paul Kaiser, der 2017 den sogenannten "Dresdner Bilderstreit" zur Sichtbarkeit von DDR-Kunst in Ostmuseen vom Zaun gebrochen hat. Wie das gehen soll, versuchte eine Podiumsdiskussion im Rahmen einer Ringvorlesunng der TU Dresden zu klären. Kaiser fasst in der in den "Dresdner Neuesten Nachrichten" zusammen, worin die Schwierigkeiten liegen: "Als problematisch könnte sich bei der neuen Hinwendung zur ostdeutschen Kunst aber die teils starke Politisierung der vorgestellten kuratorischen Modelle erweisen. Einerseits gibt es eine Identitätspolitik 'von oben', vor allem durch Förderprojekte des Bundes vorangetrieben, welche die Ost-Kunst aus postkolonialer Perspektive betrachtet. Andererseits ist der Einfluss einer regional gefärbten Identitätspolitik 'von unten' nicht zu unterschätzen, die von Kommunen ausgeht, die in den DDR-Kunstwerken eine Art kulturelles Allheilmittel für die Risse in der Gesellschaft zu erkennen glauben."
Kunstmarkt
Heute wird in Großbritannien gewählt, und der zu erwartende Sieg der Labour-Partei könnte Kunstsammler beeinflussen, die sich schon in der Frühjahrssaison zurückgehalten haben, meint Georgina Adam in der britischen "Art Newspaper": "Während die Labour-Partei in ihrem Wahlprogramm versprochen hatte, die wichtigsten Steuern nicht zu erhöhen, befürchteten Kunstkäufer, dass sie auf die eine oder andere Weise in ihrem Portemonnaie getroffen werden würden, wahrscheinlich durch eine Erhöhung der gefürchteten Kapitalertragssteuer. Und die Superreichen hatten bereits begonnen, aus dem Land zu fliehen, nachdem die Regeln für die Besteuerung von Nicht-Domizilen geändert worden waren, die es ihnen zuvor ermöglicht hatten, die Besteuerung von Auslandseinkünften zu vermeiden."
Ausstellungen
Die "New York Times"-Kritikerin Emily LaBarge hat sich Judy-Chicago-Shows in London und Arles angeschaut: "In den verschiedenen Ausstellungsorten in Großbritannien und Frankreich wird die bemerkenswerte Bandbreite von Chicagos feministischem Schaffen aus sechs Jahrzehnten gezeigt", schreibt sie in ihrer Sammelreview. "Minimalistische Skulpturen, psychedelisch besprühte Autohauben, Landschaften mit hellen Rauchschwaden und Gemälde mit wirbelnden, halluzinatorischen Blumen füllen die Galerien mit Chicagos charakteristischen leuchtenden Farben und wellenförmigen Linien." Ihr Fazit: "Wie alle Frauen und alle Kunst enthält auch Judy Chicago viele Facetten."
Malerei
Für Künstler Noah Becker ist seine Berliner Großmutter eine wichtige Mentorin. "Sie ist eine große Inspiration für mich", sagte der 30-Jährige, dessen Bilder derzeit in der Berliner Galerie Deschler zu sehen sind, dem "Tagesspiegel". "Sie ist auch Malerin, dazu ein wirklicher Kunst-Nerd. Jedes Mal, wenn es eine spannende Ausstellung gibt, schleppt sie mich dorthin." Seit er 20 sei, schauten sie zusammen jedes Jahr drei oder vier große Ausstellungen an. Seine Großmutter komme zu all seinen Ausstellungen. "Sie ist Oma auch für viele meiner Freunde. Sie ist sehr wichtig in meinem Leben", erklärte Becker im Interview mit Elisabeth Binder. "Sie liebt es, einem etwas beizubringen. Sie lehrt auch Deutsch. Sie hilft meinen Freunden, aber auch Geflüchteten, Deutsch zu lernen." Mit der Malerei habe er bereits als Kind angefangen, erzählte der Sohn von Boris und Barbara Becker. Da habe er aber noch nicht an Galerien gedacht. "Eher habe ich gemalt, um Freunde zu finden." Als Heranwachsender sei es für ihn auch "eine Art der Identitätsfindung" gewesen, so wie Sport und Musik. "Musik hat mir, glaube ich, immer Selbstvertrauen gegeben. Musik ist zu 90 Prozent Energie. Malerei ist eher der Blick nach innen." Becker ist auch als Musiker aktiv. Im Moment halte er sich am liebsten in seinem Studio in Los Angeles auf, wo ein Teil seiner Familie und seine Freundin lebten, sagte Becker. "Es ist sehr klein, aber sehr speziell. Es bietet viel Ruhe und ganz viel natürliches, wunderschönes Licht." Er habe aber auch viel in Berlin gemalt. "Es ist gut, wenn man die Perspektive wechselt. Interessant zu sehen, was dann mit der Arbeit passiert."