Medienschau

"Eike Schmidts Kandidatur ist schon jetzt ein Gewinn für die Rechte"

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Wie der deutsche Museumsmann Eike Schmidt die italienische Rechte salonfähig macht, Caspar David Friedrich als Pommer und KI als Schleuder von Fake-Kunst: Das ist unsere Presseschau am Dienstag

Debatte

Am Sonntag wird in Florenz ein neuer Bürgermeister zur Wahl, und da sich auch Eike Schmidt, der deutsche Ex-Direktor der Uffizien, zur Wahl stellt, steht der Museumsmann gerade im Fokus der Presse. Letzte Woche hatte die "New York Times" Schmidt porträtiert (siehe Medienschau von gestern). Dass er antritt, sei schon jetzt ein Gewinn für die Koalition rechter Parteien, die seine Kandidatur unterstützt, schreibt Andrea Dernbach heute im "Tagesspiegel": Die Florentiner Rechte, die auf ihrer Stadtratsliste auch einen verurteilten Rassisten hat, "kann hoffen, dass ihr Kandidat Schmidt der Linken einen Teil des guten Bürgertums von Florenz abspenstig macht. Die Umfragezahlen der Rechten sind jedenfalls besser als bei der vorigen Wahl 2019. Dann gibt es da noch die Stichwahl. Dass das neue Stadtoberhaupt bereits im ersten Wahlgang feststeht, ist so gut wie ausgeschlossen. Im zweiten könnten Wahlempfehlungen der unterlegenen Kandidatinnen und Kandidaten den Ausschlag geben. Zumindest die aktuelle Nummer drei der Umfragen schließt eine Empfehlung für Schmidt nicht aus." Schmidts Expertise sei die Kultur und der Tourismus, meint Marc Beise in der "SZ", "und seine Erfahrungen dort will er in die Politik einbringen. Als Themen nennt er – in dieser Reihenfolge – Sicherheit, Verkehr, Ökologie, Soziales. Namentlich will er den Tourismus bändigen, zu dem er ja selbst beigetragen hat, indem er die Uffizien entstaubt, die Zahl der Besucher auf mehr als fünf Millionen im Jahr getrieben und den Umsatz verdoppelt hat. Aber ohne dass darunter die Atmosphäre im Haus gelitten habe, darauf legt er Wert, es verteile sich alles dank geschickter Organisation und gutem Marketing besser als früher. Das ist seine Botschaft: Man könne auch die Stadt wieder attraktiver machen, ohne die Touristen auszusperren – wenn man nur wolle. Und er will, ganz entschieden." Rüdiger Kronthaler berichtet für den Deutschlandfunk.

Porträt

Christopher Knight stellt in der Serie "L.A. Influential" in der "Los Angeles Times" den Künstler Mark Bradford vor: "Aufbauend auf der Fundstücke-Ästhetik von Vorgängern aus LA wie Noah Purifoy, der Assemblagen aus den verkohlten Überresten der Watts-Unruhen von 1965 anfertigte, konstruiert Bradford auch Gemälde aus Leinwänden, die dicht mit Straßenschildern überzogen sind, die er von Zäunen, Telefonmasten und Stadtmauern in Süd-Los Angeles, wo er geboren wurde und heute arbeitet, aufgesammelt hat. Der MacArthur-Stipendiat, der in diesem Jahr auch den mit 500.000 Dollar dotierten Getty-Preis erhielt, half bei der Eröffnung von Art + Practice, einem Ausstellungsraum im Leimert Park." Über seine Zusammenarbeit mit einer venezianischen Gefangenen­initiative sprach der Künstler kürzlich mit Monopol.

Ausstellung

Jan Brachmann fällt in der Caspar-David-Friedrich-Schau "Lebenslinien" im Pommersche Landesmuseum Greifswald auf, wie sehr Vorpommern das Werk des Malers prägte: "Man muss die ostseenahen Ebenen mit ihren langen Dämmerungen kennen, um zu wissen, woher das Raumgefühl und die Empfänglichkeit für intensive Himmelsfärbungen bei Friedrich kommen", schreibt er in der "FAZ". "Und man muss wissen, dass Greifswald 167 Jahre lang – zwischen Westfälischem Frieden und Wiener Kongress – zu Schweden gehörte. Deshalb setzte sich hier zu Friedrichs Zeit nicht – wie in Preußen und Mecklenburg – ein moderner Rationalismus in der Theologie durch. Schwedisch-Pommern blieb mental der lutherischen Orthodoxie und dem Pietismus des späten siebzehnten Jahrhunderts verpflichtet: mit der gleichnishaften Betrachtung der Wirklichkeit, der Betonung seelischer Verinnerlichung von Glaubenssätzen, dem Misstrauen in die Wissenschaft und dem radikal persönlichen Verhältnis des Einzelnen zu Gott."

 Jackson Arn hat sich für den "New Yorker" die Jenny-Holzer-Retrospektive im Guggenheim angeschaut. "Der Teil der Ausstellung, der Ihnen die Sinne öffnen wird, heißt 'Installation for the Solomon R. Guggenheim Museum'. Sie besteht aus Phrasen, und zwar so vielen, dass die Worte mehrere Stunden brauchen, um eine L.E.D.-Spirale hinaufzukriechen, die das Innere des Museums auskleidet." Eine beträchtliche Anzahl von ihnen stammt aus dem Jahr 1989, aus Holzers erster Ausstellung im Museum, "und alle stammen aus Sequenzen von Wortkunst, die sie zwischen den späten siebziger und den neunziger Jahren komponiert hat. Sie fügen sich zu einem einzigen epischen Gedicht zusammen, das meiner Meinung nach Holzers einziges Geschenk an die Kunstgeschichte ist, so bedeutend, dass es so ziemlich alles andere in der Ausstellung in den Schatten stellt. Hört sich das hart an? Die meisten Künstler, selbst die mit Guggenheim-Festen ausgezeichneten, machen der Kunstgeschichte keinerlei Geschenke, daher möchte ich mir vorstellen, dass Holzer mit dieser Einschätzung einverstanden ist. "

KI

Wann ist Kunst "echte Kunst"? Ein klassischer Rembrandt, ein futuristisches Gebäude oder ein abstraktes Porträt: Künstliche Intelligenz ist inzwischen in der Lage, täuschend echte Kunst zu entwickeln. Das stellt die Frage nach der Unterscheidbarkeit, sagt Philosophin Dorothea Winter in einem zwölfminütigen RBB-Beitrag von Inforadio.