Debatte
"Die Documenta lebt!", jubelt Tobias Timm in der "Zeit" angesichts der neuen Documenta-Findungskommission: "Im globalen Kunstbetrieb ist die Lust, in Deutschland auszustellen, in den vergangenen Monaten und Jahren extrem gesunken, das berichten Direktorinnen und Kuratoren. Man kann das als Erfolg sehen: Antisemiten dürfen gerne draußen bleiben. Doch offensichtlich fühlen sich nicht nur diese abgeschreckt. Auch liberale Stimmen fürchten einen neuen deutschen Rigorismus." Einen "hoffnungsvollen Aufbruch" sieht auch Stefan Trinks in der "FAZ". Den ausgewählten Kandidatinnen und Kandidaten bescheinigt er "durchgängig viel Erfahrung im Organisieren großer Kunstveranstaltungen" und scheint optimistisch für die Arbeit des Gremiums: "In der designierten Findungskommission findet sich somit große Expertise im Feld dessen, was im Kuratieren kultureller Großveranstaltungen in Deutschland möglich ist und was nicht, wie auch ein sehr weiter Blick auf unterschiedlichsten Positionen der zeitgenössischen Kunst weltweit ohne politisch-postkoloniale Einengungen. Alle sechs Findungskommissionsmitglieder müssen sich nicht mehr beweisen, da durch ihre Museumsdirektoren- oder Chefkuratorenposten unabhängig, und haben bislang stets verantwortlich kuratiert. Man darf daher gespannt sein auf ihren Vorschlag für die kommende künstlerische Leitung der Documenta, der zumindest mit einiger Sicherheit kein verantwortungsloses Kollektiv mehr beinhalten dürfte, vielmehr hoffentlich eine Doppelspitze aus einer Kuratorin und ihrem männlichen Pendant."
Als Folge der Documenta 15 soll es keine Förderung mehr für Kunst mit antisemitischen Inhalten geben, so wird nun oft gefordert. Mit der Umsetzung beschäftigte sich eine juristische Fachtagung in Berlin, von der Klaus Hillebrandt in der "Taz" berichtet. Dort wurden auch die jüngsten Vorstöße aus der Berliner CDU - von Kultursenator Joe Chialo und Justizsenatorin Felor Badenberg - diskutiert: "Beide Vorstellungen stießen am Montag auf einer juristischen Fachkonferenz des Tikvah Instituts in den Räumen der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin auf wenig Unterstützung. Das begründet sich auch aus dem Grundgesetz. So sei die dort verankerte Kunstfreiheit so zu verstehen, dass dem Staat keineswegs erlaubt sei, Werturteile über Kunstwerke abzugeben, also etwa zu entscheiden, ob dieses oder jenes Werk antisemitische Inhalte verbreite und deshalb abgehängt werden müsse. Eine solche Entscheidung käme ausschließlich dem vom Staat beauftragten Fach-Gremium zu, das etwa eine Kunstschau leitet, sagte Nina Keller-Kemmerer von der Universität Gießen. 'Kunst ist Kunst, ob mit oder ohne Antisemitismus', stimmte der Rechtsanwalt Patrick Heinemann zu."
Kunstgeschichte
Billy Childish und Tracey Emin als Paar: Was die dreijährige Liebesbeziehung (von 1982 bis 1985) für den Musiker/Künstler und für die Künstlerin bedeutete, haben die beiden dem Childish-Biografen Ted Kessler erzählt, der Passagen daraus im "Guardian" veröffentlicht. Es war offensichtlich keine gesunde Beziehung. Aber es gab auch Positives: "Er hat mich wirklich dazu gedrängt, Kunst zu studieren", sagt Emin, "denn das wollte ich schon immer, aber ich hatte nicht die Qualifikation für ein Studium. Ich hatte auch einen großen Einfluss auf ihn. Billy wusste, dass ich kreativ war: Deshalb fühlte er sich zu mir hingezogen. Er benutzte mich jahrelang als eine Art Muse, auch als wir nicht mehr zusammen waren. Billy liebte mein Aussehen und mein Wesen. Egal, ob er mich malte oder zeichnete, er fand nicht nur, dass ich gut aussah, sondern er mochte auch meine Energie."
Vandalismus
Eine Statue der gebärenden Maria ist am Montag im Linzer Mariendom geköpft worden, meldet die österreichische Nachrichtenagentur APA (via "Der Standard"): "Zum Motiv vermutet man, dass jemand seinen Unmut über die Darstellung damit zum Ausdruck bringen und die 'Diskussion so umgehen' wollte, wie es vom Sprecher heißt." Die Skulptur sollte nur für drei Wochen gezeigt werden und war von Anfang an umstritten.
Podcast
Florina Illies und Giovanni di Lorenzo unterhalten sich in einer neuen Folge ihres Podcasts "Augen zu" über Maurizio Cattelan. Ein Fokus liegt auf der Beziehung des Künstlers, der gerade Teil des Vatikan-Pavillons in Venedig ist, zum Katholizismus.