Kunstmarkt
Bauunternehmer Christoph Gröner hat Neo Rauchs "Anbräuner" als Pfand in einem Rechtsstreit eingesetzt, nun wird das Gemälde auf justiz-auktion.de versteigert. Es hatte einst für Aufsehen gesorgt, weil es als Karikatur des Kunstkritikers Wolfgang Ullrich gelesen wurde. Der hatte Neo Rauch in einem Artikel in der "Zeit" vorgeworfen, in seiner Kunst Motive neurechten Denkens zu verwenden. Darauf antwortete Rauch, ebenfalls in der "Zeit" mit dem besagten Gemälde, das einen Mann zeigt, der mit seinen eigenen Exkrementen malt und das Bild im Bild mit den Initialien W.U. signiert. Auf dem Gemälde sind außerdem zwei hitlerähnliche Figuren zu erkennen, neben dem Abort liegen Zeitungen als Klopapier bereit. Auf einer Benfizauktion in Leipzig wurde "Der Anbräuner" 2019 dann für eine Dreiviertel Million Euro vom dem Berliner Immobilienunternehmer Christoph Gröner ersteigert. Nun steht das Startgebot bei 400.000 Euro. "Selbstverständlich hole ich mir das Bild bald wieder zurück", wird Gröner in der "Leipziger Volkszeitung" zitiert. "Das dürfte allerdings schwer werden, denn der Millionär hatte es selbst vor wenigen Wochen nach Leipzig bringen lassen, um es einem Gerichtsvollzieher zu übergeben. Grund dafür war ein Rechtsstreit mit der Handwerksfirma Derlin Haustechnik aus dem norddeutschen Travenbrück, über den die Zeitung detailreich berichtet. "Ob und wie sich die Versteigerung noch stoppen ließe, dazu sind unterschiedliche Meinungen zu hören. Laut einem Gutachten der Berliner Kunstsachverständigen Petra Breidenstein ist 'Der Anbräuner' derzeit bis zu 800.000 Euro wert. Auszüge aus ihrem Gutachten wurden der nun laufenden Auktion mit der Nummer 185222 beigefügt. Gebote sind bis zum 13. August 2024 um 20 Uhr möglich, also zufällig jenem Tag, an dem sich Walter Ulbrichts Mauerbau von 1961 jährt." Mehr zum Streit zwischen Ullrich und Rauch lesen Sie hier.
Debatte
Sophie Jung sieht in der "Taz" ein tiefes Misstrauen in öffentlichen Kulturförderung, das sich seit der letzten Documenta ausbreite und die Kunstfreiheit bedrohe. "Gegen dieses Misstrauen müssen die öffentlichen Ausstellungshäuser jetzt anarbeiten. Das können sie auch gegenüber dem Staat tun, wenn sie auf der anderen Seite ihre Autonomie gegenüber dem Kunstbetrieb verteidigen, sich nicht für seinen Aktivismus instrumentalisieren lassen." Das könne schwierig werden, denn "leider sind Kunstausstellungen derzeit kein gesitteter Debattierclub. Sie sind ein Kampffeld. Hier geht es um Parolen, um Boykott, um Dogmen." Die Schuld sieht Sophie Jung - etwas paradox, wenn man gleichzeitig die Kunstfreiheit hochhält - bei Künstlerinnen und Künstlern, denen es "in den öffentlichen Ausstellungen nicht mehr um die Kunst selbst" gehe, "sondern um ein Spiel mit dem deutschen Staat, dessen Grundfesten der Kulturförderung gerade ins Wanken geraten. Für die öffentlichen Ausstellungshäuser bedeutet das viel Arbeit."
Street Art
Eine Arbeit von Banksy war erneut auf dem Glastonbury-Festival zu sehen: Beim Konzert der Band Idles glitt ein Schlauchboot mit Puppen in orangefarbenen Schwimmwesten über das Publikum. "Unten ist Weltflucht. Und oben ein Flüchtlingsboot", schreibt Jakob Biazza in der "SZ". Er findet diese Aktionskunst durchaus gelungen. Allerdings problematisiert er den Kontext, nämlich die Idles: "eine Band, die Israel, in blinder Geschichtsvergessenheit, Faschismus vorwirft. Und all das womöglich intendiert, vielleicht aber auch nicht."
Kunst & Social Media
Der Schauspieler und Schriftsteller Franz Xaver Kroetz geht seit 20 Jahren nicht mehr ins Theater. Unter Nestroy, Ibsen oder Strindberg habe die Bühne "eine tabubrechende, befreiende und angreifende Wirkung" gehabt. "Aber der Gedanke, dass Theater noch gesellschaftlich relevant ist, den vertrete ich nicht. Das ist aufgefressen von Tiktok und Co.", sagte er der "Augsburger Allgemeinen". "Heute hat jeder die Freiheit. Jeder, der das beherrscht, kann eingreifen und sich zu Wort melden. Die neuen Medien haben das alles absorbiert und lassen dem Theater nur mehr wenig Raum."
Film
Schauspielerin Sandra Hüller, die in diesem Jahr für ihre Hauptrolle in "Anatomie eines Falls" für den Oscar nominiert war und mit dem Golden Globe ausgezeichnet wurde, hat mit ihrem neuen Film "Zwei zu eins" das Filmfest München eröffnet. In der DDR-Komödie von Regisseurin und Drehbuchautorin Natja Brunckhorst geht es um den sogenannten Schatz von Halberstadt - tonnenweise Ostmark-Scheine, die nach der Wiedervereinigung in einem Gewölbe in Sachsen-Anhalt aufbewahrt wurden. Brunckhorst, die als Schauspielerin in ihrer Rolle der "Christiane F." in den 1980er Jahren bekannt wurde, nimmt die wahren Gegebenheiten nach Angaben des Münchner Filmfestes zum Anlass, die Geschichte weiterzuspinnen und erzählt die Geschichte der Freunde Maren (Hüller), Robert (Max Riemelt) und Volker (Ronald Zehrfeld), die die eingelagerten Millionen finden und beschließen, dem aufkommenden Kapitalismus eins auszuwischen, indem sie ein ausgeklügeltes System entwickeln, um das bald wertlose Geld systematisch in Umlauf zu bringen. "Ich hatte nicht das Gefühl, dass wir eine Komödie machen, sondern wir haben versucht, einen leichten Ton zu treffen. Die Dinge nicht so schwer zu nehmen", sagte Hüller jetzt in der "Süddeutschen Zeitung" auf die Frage von Johanna Adorján, ob Komödien leichter zu drehen sind als ein ernstes Drama. "Ich finde Dreharbeiten eigentlich nur schwer, wenn man sich nicht miteinander versteht", sagte Hüller, die für den Film ihren thüringischen Heimatdialekt wieder hervorgeholt hat. "Und wir haben uns sehr gut verstanden."