Sammlerin oder Sammler würde sich fast keiner der 30 Menschen nennen, deren Sammlungen im Museum Angewandte Kunst (MAK) in Frankfurt am Main ausgestellt sind. Denn im Kulturkontext sind die "richtigen Sammler" doch eigentlich diejenigen, die sich durch jahrelanges Jagen so nennen dürfen. Die hier versammelten Menschen eint ihr formaler und ästhetischer Verstand, es sind Designerinnen, Kommunikationsfachleute, Kuratorinnen und Veranstalter, die meisten aus der Gegend von Frankfurt. Nie wäre ihnen eingefallen, ihre Sammlung in einem Museum zeigen zu müssen. Und genau das macht den Charme der Ausstellung aus – dass es nie die Intention gab, damit öffentlich zu werden. Sammeln fängt zumeist klein an und bleibt privat, zumindest ist es aber sehr persönlich.
Schon das Design der Schau ist eine Würdigung des beiläufig Zusammengetragenen: Locker im Raum verteilte, großzügige Glasvitrinen präsentieren auf hohem Ausstellungsniveau das, was Unwissenden vielleicht als "Zeug" durchgehen würde. Die Sammlung weißer Vasen der Typografin Antonia Henschel zum Beispiel sieht unterm Glassturz aus wie eine futuristische Miniaturstadt. Wertvoll oder nicht, da macht auch die Besitzerin keinen Unterschied.
Oder die prächtige Ananas-Sammlung von Annette Gloser, einer Veranstalterin und Kuratorin, die schon lange vor dem Flamingo-Boom die Ästhetik der Tiki-Kultur inszenierte und kultivierte: "Außen stachelig, innen richtig süß", hatte eine Freundin ihr mal attestiert, und ihr die erste von vielen Ananassen überreicht.
Spielerische sowie schlüssige Wechselwirkung
Die hier gezeigten Dinge wären natürlich nicht halb so interessant ohne die Statements ihrer Besitzerinnen und Besitzer. Dann wären es eben wirklich nur zwei Dutzend Klappmesser, und nicht ein Archiv der überlieferten Erinnerungen und Funktionen, wie der Mario Lorenz schreibt: "Meine Mutter hatte in jeder Handtasche ein anderes kleines Messer."
Der Designer und Professor Volker Albus sammelt Leuchtreklamen. Sie sind an einer lagen Wand installiert – von Salamander über Michelin bis zu Alfa Romeo strahlen sie einen heimeligen Widerschein aus, eine nostalgische Galerie des Konsums und des Wohlstands.
Mit der Ausstellung gelingt etwas Seltenes: Einzelne Persönlichkeiten der Stadtgesellschaft sind eingeladen, etwas von sich zu zeigen, zugleich treten sie hinter teilweise ganz profane Dinge zurück. Die Wechselwirkung nach außen in die Stadt und nach innen in die Sammlung des Museums ist ganz spielerisch, aber vollkommen schlüssig.
Skurril und schön
"Was wir sammeln" ist eine heitere Ausstellung, die trotz der Leichtigkeit der Materie profunde Fragen stellt: Warum sammeln, ab wann ist man Sammlerin, und wie sieht das ganze Zeug plötzlich in einem Museum aus, das selbst sammelt? Denn die Messer, Schalen, Stühle und Dekorationsobjekte aus dieser Zufalls-Zusammenstellung gibt es in der Sammlung des MAK natürlich auch, nur wenige Ausstellungssäle weiter. Aber eben nobilitiert durch den öffentlichen Auftrag.
Hier ist der Fokus individuell und absolut niemandem verpflichtet, außer der Vorliebe der jeweiligen Sammelnden. Faszinierend, dass der Jagdinstinkt des in Chile geborenen Martin Schwember schon im Kindesalter einsetzte: Als er nach seinem Umzug nach Deutschland nämlich feststellte, dass es keineswegs nur Dole-Bananen gibt, deren Aufkleber er schön fand. Sondern auch Chiquita - und bis in die 1960er Jahre zurückrecherchiert noch viele andere. Am verrücktesten: dass er bei seinen intensiven Bananen-Forschungsreisen sogar "Gleichgesinnte" kennen lernte. Die Vitrine mit den Aufklebern und Bananen-Haken zählt zu den schönsten und skurrilsten der Ausstellung.
Den im Einzelnen teilweise vielleicht schrulligen Sammlergebieten wird an den rund dreißig Stationen ganz von selbst ein phänomenologischer Überbau verliehen und das Sammeln auf eine generelle Ebene gehoben. Ob spezifisch oder entgrenzt, alles eignet sich im Prinzip, und "wertvoll" wird es erst durch den persönlichen Zuschnitt, und seien die Kriterien noch so undurchsichtig. Was Sammler möglicherweise zu den glücklicheren Menschen macht. Sie wissen zumindest immer, was ihnen fehlt.