Ausstellung in Frankfurt

Oh, wie schön ist Kanada!

A.Y. Jackson, "Lake Superior Country", 1924
Foto: VG Bild-Kunst, Bonn 2021

A.Y. Jackson, "Lake Superior Country", 1924

Ursprünglich war "Magnetic North" als Begleitungschau zur Frankfurter Buchmesse und deren Gastland Kanada geplant, doch die Messe wurde abgesagt. Ein Glück, dass die Ausstellung jetzt dennoch in der Schirn zu sehen ist

Kanada ist als Sehnsuchtsort eine ziemlich deutsche Angelegenheit, quasi als Fortschreibung von Karl May in dem anderen Amerika, den vermeintlich besseren USA. Doch die romantische Idee von Leere und unendlicher Weite ist problematisch. Denn Kanada war natürlich nie leer, es war bewohnt, hatte vielschichtige eigene Kulturen und Traditionen.

Diesen Aspekt vergisst die Kuratorin Martina Weinhart nicht, die an der Ausstellung "Magnetic North" drei Jahre gearbeitet hat. Ursprünglich sollte sie Kanada als Schwerpunktland der Frankfurter Buchmesse begleiten – die abgesagt wurde. Dass die Ausstellung trotzdem stattfindet, ist eine Sensation, denn diese Gemälde haben für Kanada einen so identifikatorischen Wert wie Caspar David Friedrichs Bilder für Deutschland.

Die Schau wirkt vielschichtig: Sie transportiert die überwältigende Schönheit der Landschaft des Nordens Kanadas, der die Maler zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit ihrer kraftvollen Pleinair-Malerei nachspürten. Sie thematisiert den verklärten Blick auf das Land, der eine Ausbeutungsgeschichte begleitet und gewissermaßen stützt. Und sie erzählt die Geschichte einer hochinteressanten Künstlergruppierung, die sich zusammengefunden hatte, um – durchaus strategisch und geplant – das künstlerische Gesicht Kanadas zu werden.

Kanadas Romantik ist traumhaft

Die Group of Seven war eine Boygroup, Martina Weinhart räumt aber den wenigen Frauen in ihrem Umfeld viel Platz ein. Wie Emily Carr den Drehschwindel beim Hochschauen des Stamms einer Roten Zeder malt oder das Flirren des Lichts auf dem Waldboden, ist traumhaft. Fotografien aus der damaligen Zeit zeigen die Maler in der Wildnis am Werk, ähnlich wie den "Mönch am Meer". Und auch das wertvollste Bild, "The West Wind" (1916/17) von Tom Thomson, hat denselben Bildaufbau wie Caspar David Friedrichs "Der einsame Baum".

Doch die grobkörnige, wandfüllende Fotografie eines Kanus weckt auch ganz andere Assoziationen: Peter Doig kennt die Werke der Group of Seven gut, durch ihn sind sie längst Malereigeschichte über Kanada hinaus.