Zwickau

Kunst auf Tour: Pechstein-Sammlung reist durch Europa

Sachsens Museen bewahren Kunstschätze, die international gefragt sind. Deswegen gehen manche auf Reisen. Damit nichts schiefgeht, ist viel Aufwand nötig. Das zeigt ein aktuelles Beispiel

"Fragile" ist auf die großen Holzkisten in roter Farbe geschrieben, zerbrechlich. Noch sind sie leer, doch ihre kostbare Fracht wird nebenan schon sorgfältig für eine lange Reise drapiert: einzigartige Gemälde sowie Aquarelle und Grafiken, Dokumente und Arbeitsutensilien des Expressionisten Max Pechstein (1881-1955), 182 Objekte insgesamt. Das Herz der Zwickauer Kunstsammlungen geht auf Tournee und das gleich für mehrere Jahre. Die Pechstein-Arbeiten sind bei weitem nicht die einzigen Kunstschätze Sachsens, die für Ausstellungen national und international gefragt sind.

Seit Monaten wird ihre Reise penibel vorbereitet. "Speziell die Gemälde sind von einem Restauratoren-Team auf eventuelle Schäden begutachtet worden, insbesondere auf Lockerungen der Malschicht", erklärt Sieglinde Prehn. Seit fast 40 Jahren arbeitet die Restauratorin hier im Haus, hat schon unzählige Kunstwerke für Ausstellungen andernorts reisefertig gemacht oder Leihgaben für Ausstellungen in Zwickau in ihre Obhut genommen. 

Sicherheit hat Priorität - so werden Kunstwerke geschützt

Nun also die Pechstein-Sammlung. Alles ist genauestens dokumentiert samt Rasterfotos der Gemälde. Zwei Ordner füllt das Ganze. Jedes Mal beim Ein- und Auspacken wird alles abgeglichen, um sicherzugehen, dass beim Transport auch nicht die kleinsten Schäden entstanden sind, wie die Expertin erläutert. Die Scheiben an den Kunstwerken werden mit speziellem Band abgeklebt. Dies soll verhindern, dass bei Glasbruch Splitter das Kunstwerk beschädigen. Um sie vor Schwankungen von Temperatur oder Luftfeuchte zu schützen, reist die Kunst beim Lkw-Transport in speziellen Klima-Kisten an den neuen Ausstellungsort.

Der Leihverkehr spielt für Museen eine wichtige Rolle. So können sie in Ausstellungen einen umfassenden Überblick zu bestimmten Themen geben, können Museumsbesucher hochkarätige Kunst bewundern, ohne dafür weit reisen zu müssen. Wie viele Kunstwerke in Deutschland dazu jedes Jahr auf Reisen gehen, vermag weder der Deutsche Museumsbund noch das Institut für Museumsforschung in Berlin auf Anfrage zu sagen.

So gehen auch regelmäßig Anfragen bei den 15 Museen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) ein. Doch längst nicht alle können erfüllt werden. Mitunter sind die Arbeiten schon für eigene Projekte verplant. Oder gefragte Kunstwerke brauchen nach Ausstellungen und Ausleihen zunächst eine Pause, weil sie sonst zu großen Belastungen ausgesetzt sind. Allein die Gemäldegalerie Alte Meister hat voriges Jahr laut SKD 17 Leihanfragen mit 58 Werken positiv beschieden. 

Nicht alle Meisterwerke reisen – warum einige in Dresden bleiben

Der Leihverkehr habe in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen, heißt es. Denn Sonderausstellungen locken in der Regel viele Besucher an. Besonders stark gefragt seien etwa die Veduten von Bernardo Bellotto oder Werke namhafter Künstler wie Lucas Cranach, Tizian oder Veronese. Leihgebühren werden den Angaben nach nicht erhoben.

Bei einigen Kunstwerken brauchen Museen aber gar nicht erst in Dresden anzurufen. Die weltberühmte Sixtinische Madonna etwa wird keinesfalls verliehen, ist sie schließlich Mittelpunkt der Präsentation in der Gemäldegalerie Alte Meister. Ebenfalls nicht auf Reisen gehen Jean-Étienne Liotards "Schokoladenmädchen" oder Tizians "Zinsgroschen". Auch Caspar David Friedrichs "Das Große Gehege bei Dresden" darf den Angaben zufolge aus konservatorischen Gründen nicht reisen.

Erste Station Rotterdam - Pechstein-Sammlung als "Botschafter"

Zwickaus Pechstein-Sammlung hat inzwischen die Stadt verlassen. Erste Station ist die Kunsthalle Rotterdam. Dort wird sie von diesem Wochenende an unter dem Titel "Expression of Harmony" bis Mitte Juni gezeigt, zieht dann weiter ins Buchheim Museum am Starnberger See. Weitere Stationen sind in Planung. Ein- und ausgepackt werden sie jedes Mal unter dem fachkundigen Blick von Restauratoren. Nach Zwickau kehren sie erst 2028 zurück.

Dass das Museum seine Schätze so lange weggibt, hat praktische Gründe. Denn das altehrwürdige Haus wird in den kommenden Jahren umfangreich saniert. Es wäre falsch gewesen, diese viel beachteten Kunstwerke so lange wegzuschließen, betont Bianca Dommes, die das Kulturamt der Stadt leitet. Und wohl auch teuer. "Die Bilder werden so zu Botschaftern für unsere Stadt."