Staatliche Museen erhöhen Preise

Ade, Traum vom freien Museumseintritt!

Die Neue Nationalgalerie in Berlin
Foto: Soeren Stache/dpa-Zentralbild/POOL/dpa

Die Neue Nationalgalerie in Berlin

Berlins Staatliche Museen werden teurer. Das Ideal vom freien Eintritt für alle und mehr Bürgerteilhabe rückt in weite Ferne. Ein Kommentar

Es klingt so weit weg und unvorstellbar, was gerade einmal 2018 im Koalitionsvertrag von CDU und SPD stand: Der Bund sei bestrebt, "ausgehend vom Modellversuch eines kostenfreien Eintritts zur Dauerausstellung im Humboldt Forum, in den vom Bund geförderten Kultureinrichtungen vermehrt und regelmäßig den freien Eintritt zu ermöglichen". Der Besuch der Ethnologischen Sammlungen und Asiatischen Kunst im Humboldt Forum ist immer noch kostenlos, die Dauerausstellung im Jüdischen Museum ebenfalls, aber sonst ist von dem Vorhaben nicht gerade viel geblieben. 

Wir alle wissen, was seither geschehen ist und was wir einfacherweise als "Multikrise" bezeichnen, weil es langsam albern wird, immer neue Komposita mit dem Wort "Krise" zu bilden: Corona, Ukrainekrieg, Inflation, Energiekrise, Nahostkrieg und Spaltung des Kunstbetriebs durch die Antisemitismus-Debatte, dazu eine Ampelkoalition, die der Haushalt um die Ohren fliegt. Wer erlaubt sich da noch zu träumen?

Sicher nicht die Staatlichen Museen zu Berlin: In allen Häusern wird der Eintritt nun um zwei Euro erhöht. Damit reagiere man auf gestiegenen Kosten, sagte Hermann Parzinger, Präsident der zuständigen Stiftung Preußischer Kulturbesitz, am Mittwoch in einer Mitteilung. "Wie viele Kulturinstitutionen haben wir es zudem mit einer sehr angespannten Haushaltssituation zu tun, was für uns bedeutet, dass wir Einnahmen erhöhen und Ausgaben reduzieren müssen."

Kaum Impulse der Kulturstaatsministerin Roth

Parzinger hat Recht, wenn er sagt, dass im internationalen Vergleich Museumsbesuche in Berlin trotzdem erschwinglich bleiben. Der Louvre in Paris hat in dieser Woche angekündigt, seine Eintrittspreise um 29 Prozent zu erhöhen. Ein Ticket wird dann 22 statt 17 auf Euro kosten, da sind die neuen 14 Euro für eine Karte für den Hamburger Bahnhof oder die Neue Nationalgalerie tatsächlich moderat. Das Museum of Modern Art und andere US-Museen haben die 30-Dollar-Schallmauer schon durchbrochen. In Berlin gibt es außerdem bestimmte kostenlose Zeitfenster und einmal im Monat den eintrittsfreien Museumssonntag.

Und trotzdem ist die Erhöhung der Preise für die Staatlichen Museen ein Signal dafür, dass der freie Eintritt in Museen so schnell flächendeckend nicht kommen wird. Von Kulturstaatsministerin Claudia Roth haben wir bislang jedenfalls nichts dazu gehört. Zwar hat sie den Kulturpass für 18-Jährige auf den Weg gebracht, mit dem auch Zugang zu Museen erlangt werden kann, doch wer Geringverdiener ist und über 18 Jahre, für den wird ein Kunstbesuch (trotz Ermäßigungen) zur echten Ausgabe.

Dass seit 2018 nichts passiert ist, liegt auch darin, dass Museen  die Einnahmen aus dem Eintritt brauchen, zur Finanzierung der Ausstellungen und der Aufrechterhaltung des Betriebs. Auf den Bund kämen durch einen Ausgleich massive Belastungen zu. Allein die Staatlichen Museen zu Berlin besuchen an die vier Millionen Menschen im Jahr. Wenn auch nur zwei Drittel von ihnen den vollen Eintritt von bislang durchschnittlich 10 Euro bezahlt haben, lässt sich die zu erwartende Kompensation leicht errechnen.

Freier Eintritt als Schlüssel zur Teilhabe

Es war damals allerdings auch schon halbherzig gedacht: Wieso sollte gerade das Berliner Humboldt Forum als Modellversuch dienen, wenn es als Neueröffnung doch gar keine Vergleichszahlen zu Besuchern liefern kann? Und wozu braucht es überhaupt einen Modellversuch, wenn bereits anderswo erfolgreich mit freiem Eintritt experimentiert wurde?

Befürworter der kostenlosen Tickets verweisen gern auf die nationalen Museen in Großbritannien, die innerhalb von zehn Jahren ihre Besucherzahlen mehr als verdoppeln konnten und viele Erstbesucher aus "bildungsfernen" Schichten in ihre Häuser locken. Der freie Eintritt ist ein Schlüssel zur Teilhabe, das ist längst bewiesen. Gerade in schlechten Zeiten, lohnt es sich, an Träumen festzuhalten.