Fünf der wegen des Juwelendiebstahls aus dem Dresdner Historischen Grünen Gewölbe angeklagten sechs jungen Männer waren nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft an dem Verbrechen beteiligt. Aufgrund der Beweisaufnahme hält sie es für erwiesen, dass sie Täter sind und gemeinschaftlich mit einem bisher unbekannten Beteiligten am 25. November 2019 "21 Schmuckstücke im Gesamtwert von 116,8 Millionen Euro" aus dem Museum stahlen, sagte Staatsanwalt Christian Weber am Freitag im Schlussvortrag.
Er beantragte die Verurteilung wegen besonders schwerer Brandstiftung und gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, Diebstahls mit Waffen, gemeinschädlicher Sachbeschädigung und Brandstiftung. Bei einem 26-Jährigen und einem 29-Jährigen plädierte er auf je sechs Jahre und acht Monate Haft, bei einem 27-Jährigen auf fünf Jahre und zehn Monate. Für einen 24-Jährigen - zur Tatzeit noch Heranwachsender - hält die Staatsanwaltschaft viereinhalb Jahre Jugendstrafe für angemessen, bei dessen Zwillingsbruder sechs Jahre - inklusive der Einbeziehung einer noch bestehenden Jugendstrafe wegen des Diebstahls der Goldmünze 2017 aus dem Berliner Bode-Museum.
Weber verwies darauf, dass alle Angeklagten teils erheblich und einschlägig vorbelastet oder vorbestraft sind. Der 26-Jährige habe "eine führende Rolle" gehabt, den Tatplan maßgeblich mitentwickelt, Tatorte ausgespäht, Nächte zuvor das Gitter vor dem Einstiegsfenster im Residenzschlosses durchtrennt und die Brandstiftung der Schaltkästen für Strom und Telefon in einem Pegelhaus vorbereitet. In der Tatnacht habe er eine von drei wichtigen Rollen gehabt. Als einer der Täter des Diebstahls der großen Goldmünze in Berlin habe er zudem die entsprechende Erfahrung für so einen Coup.
"Unverfrorenheit und Schamlosigkeit"
Auch dem 29-Jährigen schreibt Weber eine Führungsfunktion zu. Er sei zudem mit dem noch unbekannten Beteiligten in das Museum eingestiegen, habe die Stücke aus der Vitrine im Juwelenzimmer entwendet und wenig später das Benzin im Inneren eines Fluchtwagens in der Tiefgarage eines Wohnhauses verteilt. Der Wagen sei dann von einem der 24-jährigen Zwillingsbrüder angezündet worden.
Weber attestierte den fünf jungen Männern «Unverfrorenheit und Schamlosigkeit, aus einem öffentlichen Museum von Weltruf kostbaren und unersetzlichen Schmuck zu stehlen», sowie ein «hohes Maß an Rücksichtslosigkeit». Die Beteiligten hätten die Gefahr für Leib und Leben sowie Schäden bewusst in Kauf genommen, um Spuren zu beseitigen. Die Staatsanwaltschaft geht auch davon aus, dass die Männer «wissentlich und willentlich zwei scharfe Schusswaffen» bei sich hatten, die sie dann in dem brennenden Auto ließen.
Bei dem zweiten 24-Jährigen gebe es "keinen vernünftigen Zweifel", dass er einer der sechs Täter des Einbruchs sei, sagte Weber und verwies auf DNA-Spuren. Man glaube ihm und seinen Mitangeklagten nicht, dass er nur Werkzeug und andere Gegenstände im Auftrag beschafft hat. "Indizien sprechen für eine unmittelbare Tatbeteiligung."
Wer ist die sechste Person?
Bei dem 25-Jährigen ist laut Weber nicht auszuschließen, dass er die sechste Person ist. Er hatte eine Beteiligung an dem Einbruch stets bestritten und angegeben, dass er in der Tatnacht in der Notaufnahme eines Berliner Krankenhauses behandelt wurde. Für das Gegenteil gebe es keine Anhaltspunkte, sagte Weber. Nur Indizien, das aber reiche nicht aus für eine Verurteilung.
Der Kunstdiebstahl aus Sachsens Schatzkammermuseum am 25. November 2019 gilt als einer der spektakulärsten in Deutschland. Die Täter erbeuteten 21 Schmuckstücke aus Diamanten und Brillanten und verursachten über eine Million Euro Schaden.
Fünf der Angeklagten hatten vor Gericht zugegeben, an dem Coup oder der Vorbereitung beteiligt gewesen zu sein und Reue gezeigt. Die Bereitschaft dazu resultiert aus einer zwischen Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Gericht geschlossenen Verständigung. Zuvor war der Großteil der Beute kurz vor Weihnachten 2022 zurückgegeben worden.
"Retten, was zu retten war"
Ein weiterer Beschuldigter streitet eine Täterschaft unter Verweis auf ein Alibi ab. Oberstaatsanwalt Christian Kohle verteidigte die Absprache gegen öffentliche Kritik. "Wir hatten gute Gründe für die Entscheidung und ich würde mich wieder so entscheiden". Rechtlich sei sie sicher nicht falsch gewesen.
Ob sie das moralisch, prozesstaktisch, kriminalpolitisch war, wisse er nicht. Es sei allein darum gegangen, die in Aussicht stehende Rückgabe der Schmuckstücke angemessen zu berücksichtigen und einen Anreiz dafür zu schaffen. Man habe retten wollen, "was zu retten war".
Der Prozess wird am 2. Mai fortgesetzt - mit den Plädoyers der Verteidigung.