Der Berliner Künstler Moritz Frei hat in diesem Frühjahr Schlagzeilen gemacht, als er seine Teilnahme an der Leipziger Jahresausstellung zurückzog. Er wollte nicht zusammen mit dem AfD-nahen Maler Axel Krause ausstellen, der ebenfalls eingeladen war. Krause wurde schließlich ausgeladen, dann wurde die ganze Ausstellung abgesagt, um dann - ohne Krause - doch stattzufinden. Einige Monate nach der Kontroverse um rechtes Gedankengut in der Kunst und den Umgang damit, nimmt Moritz Frei an der Gruppenschau "Kunst gegen Rechts" in den Uferhallen in Berlin teil. Wir haben mit ihm gesprochen.
Die Ausstellung "Kunst gegen Rechts" versucht, sich gegen Rechtsradikalismus, Rassismus und Antisemitismus in Stellung zu bringen. Gehen alle Werke konkret auf das Thema ein?
Die Ausstellung zeigt alle möglichen Medien - Malerei, Fotografie, Film, Objekt, Stoffarbeiten, Performance, Video -, die mal mehr und mal weniger konkret auf das Thema eingehen.
Was zeigen Sie?
Da ich vor Kurzem meine Teilnahme an der Leipziger Jahresausstellung zurückgezogen habe und das öffentlich begründet habe, bin ich seitdem immer wieder schriftlich kritisiert und angefeindet worden. Diese Anfeindungen archiviere ich, und in der Ausstellung gibt es eine davon zu sehen.
Es ist äußerst selten, dass Künstler eine rechtsextreme oder überhaupt rechte Gesinnung haben, oder kennen Sie welche?
Soweit ich weiß, kenne ich persönlich keinen. Mit Axel Krause, dem Leipziger Maler und Preisträger des vom Neuen Hambacher Festes verliehenen Preises für Bürgersinn und Zivilcourage, habe ich mich recht intensiv befasst. Nicht zuletzt, um mir selbst darüber klar zu werden, wie ich auf seine Einladung durch den Verein der Leipziger Jahresausstellung reagieren kann. Er ist sehr aktiv auf Facebook, teilt dort rechte Inhalte und sympathisiert offen mit Pegida und den Identitären. Ausschlaggebend dafür, dass ich meine Teilnahme an der Ausstellung zurückgezogen habe, ist die Tatsache, dass er im Kuratorium der von der AfD gegründeten Desiderius-Erasmus-Stiftung sitzt, was in Leipzig kein Geheimnis mehr war. Die Entscheidung des Vereins, ihn in die Ausstellung zu nehmen, konnte ich nicht mittragen.
Ist Krause ein Einzelfall?
Odin Wiesinger aus Österreich fällt mir noch ein, der nicht nur gerne Soldaten malt und Bildreihen "Endsieg" nennt, sondern auch von der FPÖ in den Landeskulturbeirat gewählt wurde. Und dann noch ein weniger bekannter Künstler, der seinen Namen nicht nennen wollte, hat vor kurzem mit einer umfangreichen Mail meinen Kontakt gesucht. All seine Anfeindungen nahm er am Ende seines Schreibens zurück, für den Fall, dass ich gehirngewaschen sein könnte. Im Anhang befand sich ein wahrscheinlich selbstgeschaffenes Werk in Airbrushtechnik, das eben diese Gehirnwäsche meinerseits darstellen soll.
Glauben Sie an die Möglichkeit des Dialogs?
An einen Dialog mit Rechtsextremen glaube ich nicht.
Sie selbst äußern sich in Ihren Werken nicht offensichtlich politisch. Wie sehen Sie das Verhältnis zwischen Werk und politischer Meinung generell, und persönlich?
Auch wenn es immer wieder Phasen gibt, in denen politische Kunst innerhalb der Kunstwelt einen größeren Stellenwert hat, kommt mir die Kunstszene doch zu großen Teilen eher unpolitisch vor. Nicht ganz unwesentlich hierfür ist meines Erachtens die Angst vieler Künstlerinnen und Künstler, sich klar zu positionieren, da das womöglich mit einer Einschränkung der Deutungsvielfalt ihrer Arbeit einhergehen könnte.
Die Ausstellung in den Uferhallen hat einen Appell-Charakter: Künstler sollen sich endlich deutlich äußern, auch in ihrer Kunst. Was gibt es darüber hinaus zu tun?
Auf die Straße gehen! Die "#Unteilbar-Demonstration" hat 2018 mehr als 150.000 Menschen in Berlin gegen Rassismus und Ausgrenzung auf die Straße gebracht, und am kommenden Samstag, den 24.August, findet "#Unteilbar Sachsen" in Dresden statt. Auch der Verein Die Vielen ist unglaublich engagiert und unbedingt unterstützenswert. Ich finde es absolut notwendig, dass man immer wieder Blasen verlässt, in denen man es sich gemütlich gemacht hat. Die Kunstwelt ist so eine Blase, oder Berlin, oder die Blase West oder Ost, Stadt oder Dorf.
Und die Ausstellungsmacher?
Müssen sich meiner Meinung nach auch klarer verhalten oder sich besser auf derartige Konflikte vorbereiten. Ich war bei weitem nicht der einzige Künstler der Leipziger Jahresausstellung, der ein Problem mit der Entscheidung hatte, den Maler Axel Krause einzuladen. Ein Großteil der eingeladenen 35 Künstlerinnen und Künstler hat dem Vorstand des Vereins mehrfach seine Bedenken geschildert und sachlich darum gebeten, Stellung zu beziehen. Leider haben sie keine Stellungnahme erhalten, in der sich der Verein tatsächlich seiner Verantwortung gestellt hätte. Stattdessen berief sich der Vereinsvorstand darauf, dass das einzige Auswahlkriterium die Qualität der Arbeiten sei und es ein demokratisches Auswahlverfahren gegeben habe.