Medienschau

"Bekenntniszwänge gehören in Systeme mit Staatskunst"

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Eine juristische Bewertung der umstrittenen Berliner "Antidiskriminierungs-Klausel", das "Saltburn"-Badewasser als Cocktail und Meme-Künstlerin Sveamaus als Prophetin: Das ist unsere Medienschau am Freitag


Debatte

Mit der umstrittenen Berliner "Antidiskriminierungs-Klausel" befasst sich die "Zeit" in einem Gastbeitrag von Ralf Michaels. Die "Verpflichtung zur Selbstverpflichtung, die der Senat hier Antragstellerinnen auferlegt, ist ungewöhnlich; präzedenzlos ist sie nicht", schreibt der Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg. Schon 2011 habe die damalige Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) im Rahmen des Programms "Toleranz fördern – Kompetenz stärken" eine sogenannte "Extremismusklausel“ etbalieren wollen, die nach viel Protest später zurückgezogen wurde. Aus diesen Erfahrungen sollte man lernen, schreibt Michaels. "Wer dem Kulturbereich, aus ideologischen oder anderen Gründen, insgesamt schaden will, für den mögen Repressionen und Bekenntniszwänge willkommene Mittel sein – dass damit an den Grenzen des Rechtsstaats gekratzt werden muss und die gesamte Branche unter Generalverdacht gestellt wird, mag er sogar begrüßen. Aber Bekenntniszwänge gehören in Systeme mit Staatskunst; für einen freiheitlichen Staat, der die Freiheit der Kunst und die Staatsferne in seinen Förderrichtlinien betont, sind sie unpassend."
 

Am 22. Juli 2011 zündete der norwegische Rechtsextremist Anders Breivik erst im Regierungsviertel von Oslo eine Bombe und verübte anschließend auf der Insel Utøya im Tyrifjord, 30 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt, ein Massaker, dem vor allem Jugendliche zum Opfer fielen, die dort eine Ferienfreizeit der sozialdemokratischen Arbeiderpartiet verbrachten. Gut zwölf Jahre später sind inzwischen vier Denkmäler entstanden, die an die Ereignisse erinnern und der 88 Todesopfer gedenken sollen. Ulf Meyer stellt die Mahnmale in der "FAZ" vor und beschreibt die Fallhöhen kollektiver Gedenkenbauten, die mal zu Kitsch führen, mal in allzu verkopften Entwürfen enden könnten. "Einen geeigneten Ausdruck für kollektives Gedenken an dunkle Momente mit den Mitteln der Architektur zu finden ist eine schwierige Aufgabe für Gestalter", so Meyer. 
 

Podcast

Darf man sich 2024 noch Maus nennen? Bewegen wir uns auf Social-Media-Plattformen von einem Milliardär zum nächsten? Kommt eine Renaissance der guten alten Zeitung, für die jeder Tisch zu klein ist? Im Podcast "Lakonisch Elegant" von Deutschlandfunk Kultur haben die Moderatoren Christine Watty und Kais Harrabi diesmal die Meme-Künstlerin (und auch "normale Künstlerin") Svea Mausolf eingeladen, die als "Sveamaus" auf Instagram Hunderttausende mit ihren Memes amüsiert. Zusammen wagen die drei eine Prognose für 2024, in der es nicht nur um Humor im Internet geht, sondern auch um ernste Dinge wie Medienkompetent und Fake News. 

 

Film

Die zur Zeit scheinbar unausweichliche Klassenkampf-Satire "Saltburn" ist nun auch in den notorisch prüden USA gestartet. Wie Andreas Borcholte im "Spiegel" schreibt, haben deren skandalös-schlüpfrigen Szenen auch zu einem TikTok-Hype inklusive passender Accessoires geführt. So gibt es das Badewasser mit Spermaspuren, das die Hauptfigur Oliver genüsslich schlürft, inzwischen als Cocktail aus Litschi, Martini, Gin und Kokosmilch. Der Duft, den die aufregende Flüssigkeit verströmen soll, existiert auch als Kerze. Der Kritiker sieht in dem Film jedoch mehr als eine konsumanregende Provokation: "Nicht wegen all der Schlüpfrigkeiten entfaltet Fennells kluger Film derzeit seine zeitgeistige Wucht – sondern wegen seines klassenkämpferischen Potenzials." Und weiter: "'Wenn das Volk nichts mehr zu essen hat, wird es die Reichen essen', lautet ein Diktum des Aufklärers Jean-Jacques Rousseau aus der Zeit vor der Französischen Revolution: Eat the Rich! Oder schlürf’ sie zumindest als Cocktail!" Die Monopol-Rezension zu "Saltburn" finden Sie hier


US-Schauspielerin Kristen Stewart meint heute einen eindeutig nicht-heterosexuellen Unterton in ihrem Film "Twilight" zu erkennen. "Ich kann es erst jetzt sehen", erklärte die 33-Jährige - die mit der Drehbuchautorin Dylan Meyer verlobt ist und mit der Vampir-Romanze aus dem Jahr 2008 weltbekannt wurde - dem US-Magazin "Variety" in Bezug auf den Film, der sich als Geschichte über unterdrücktes Schwulsein lesen lasse. Sie "glaube nicht, dass es zwangsläufig so angefangen hat", aber die Dreiecksbeziehung ihrer Film-Figur mit zwei Männern – gespielt von Robert Pattinson und Taylor Lautner – sowie die Religiosität der "Twilight"-Autorin Stephenie Meyer seien für sie Hinweise darauf, dass sich die Vampir-Romanze auch als Geschichte über unterdrückte Homosexualität lesen lasse, führte Stewart aus: "Ich meine, mein Gott, Taylor und Rob und ich, und das ist so versteckt und nicht in Ordnung. Ich meine, eine Mormonin hat dieses Buch geschrieben. Es geht um Unterdrückung und darum, das zu wollen, was dich zerstören wird. Das ist eine sehr gotische, homosexuelle Stimmung, die ich liebe."