Der Künstler Georg Baselitz fordert von der Pinakothek der Moderne in München, ein Gemälde des NS-Künstlers Adolf Ziegler abzuhängen. Es geht um das dreiteilige Werk "Vier Elemente" mit blonden nackten Frauen als Allegorien auf Feuer, Wasser, Luft und Erde. "Das Triptychon beleidigt seine Umgebung! Es schockiert, dass Nazipropaganda auf diese schmuddelige Art in einem Münchner Museum möglich ist", schrieb Baselitz an den Generaldirektor der Staatsgemäldesammlungen, Bernhard Maaz und an Kunstminister Markus Blume (CSU). Die "Süddeutsche Zeitung" hatte zuvor über den Brief berichtet, der auch der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Baselitz nennt Ziegler einen Handlanger von Adolf Hitler und Joseph Goebbels sowie einen der ersten Repräsentanten der NS-Kunstpolitik. Der 84-Jährige bezeichnet es als unerträglich, dass in der Nähe der "Vier Elemente" Werke von Künstlern hängen, die von den Nazis verfolgt wurden. Außerdem dominiere das Werk aufgrund seiner Größe den Raum und wirke NS-propagandistisch. Baselitz' Forderung: "Hängt ihn ab."
Sammlungsleiter Maaz und der Kurator Oliver Kase wiesen den Vorwurf der propagandistischen Wirkung des Bildes zurück, das während der NS-Zeit ein beliebtes Postkartenmotiv war und das Adolf Hitler in der NSDAP-Zentrale in München aufgehängt hatte. In der neu sortierten Dauerausstellung "Mix & Match" werde das Triptychon für das Publikum umfangreich kommentiert, publiziert und vermittelt. Seit 2015 sei es immer wieder zu sehen, da die kritische Auseinandersetzung mit NS-Kunst eine wichtige Aufgabe von Kunstmuseen sei, sagten sie der Deutschen Presse-Agentur. Es zeige die ideologische und manipulative Normierung von Körperidealen, gegen den die Avantgarden mit ihrer Vielfalt der Identitäten und Schönheitsbegriffe als Positionen der Toleranz und Offenheit stünden.
"Austausch setzt voraus, dass NS-Kunst im Original zu sehen ist"
Die Sicht von Baselitz respektieren Maaz und Kase. "Kritische Reaktionen und Diskussionen halten wir im Kontext mit NS-Kunst für wichtig und unerlässlich", erklärten sie. "Dieser Austausch setzt voraus, dass NS-Kunst im Original zu sehen ist. Das fortdauernde Verbergen problematischer Kunst führt nie zum kritischen Diskurs, sondern nur zur Fortsetzung der Tabuisierung."
Maaz und Kase blicken in die Zukunft: "Unsere Generation muss den Weg zu einer historisch versachlichten Beschäftigung mit NS-Kunst jenseits moralisierender Vorwürfe finden, wie sie seit einigen Jahren erfreulicherweise begonnen hat und von der Fachwelt und großen Teilen der Öffentlichkeit gewürdigt wird", schreiben sie. Gerade in München, 1937 erste Station der Feme-Ausstellung "Entartete Kunst", sei es für jüngere Generationen notwendig, sich mit diesem schwierigen Kapitel der deutschen Kunstgeschichte jenseits von Tabuisierungen und Dämonisierungen zu befassen.
Auch Kunstminister Blume reagierte auf den Brief. "Das Wort von Georg Baselitz, einem der wichtigsten Künstler der Gegenwart, hat natürlich Gewicht", sagte der Minister. "Ich habe die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen gebeten, mit Georg Baselitz Kontakt aufzunehmen und sich mit seinen Argumenten auseinanderzusetzen."