Es begann mit einem ledrigen Taucheranzug und endete mit einem sehr langsamen Brautkleid. Am Mittwoch zeigte Demna Gvasalia seine zweite Haute-Couture-Kollektion für das Modehaus Balenciaga, bei dem er seit 2015 als Creative Director tätig ist. In die original Christobal Balenciaga Couture Salons in der Avenue George V in Paris hatte man geladen – unter anderem North West, Tochter Kim Kardashians und Kanye Wests und vermutlich intensivst gekleidete Neunjährige der Welt, die mit ihrer Oma und "Momager" Kris Jenner erschien. Oder auch die 81-Jährige "Catwoman" Jocelyn Wildenstein, Euphoria-Star Alexa Demie und den Rapper Offset. Dresscode? Schwarz, futuristisch, extreme Silhouetten. Und so startete auch die Show.
Die ersten Looks wirkten wie aus Knete geformt; ledrig-schwarzes Gummi umgab die Körper der Models, ihre Hände, floss bis zu den spitzen schwarzen Schuhen. Die hautengen Catsuits, langen, schulterbetonten Kleider und stretchigen Anzüge hätten aus der Garderobe einer Pixar-Figur stammen können und versprühten einen "The Incredibles bei einer Beerdigung"- Vibe, als sie aus der weit aufgerissenen Spiegeltür strömten.
Unkenntlich gemacht trugen die Models spacig-spiegelnde Gesichtshauben (aus einer Zusammenarbeit mit Mercedes-AMG F1 Applied Science), in der Hand eine kleine schwarze Kiste für den Organtransport. Oder eine Picknick-Box? Nein, bei den handlichen Plastik-Containern, die in den schwarz behandschuhten Händen starke Lego-Assoziationen hervorriefen, handelte es sich um die "Bang & Olufsen x Balenciaga Speaker Couture Bag", einer Fusion aus Handtasche und Lautsprecher. Aus den kompakten, eleganteren Ghettoblastern tönte der Soundtrack der Show, "Love in E Minor", komponiert von Gvasalias Ehemann BFRND zusammen mit Gustave Rudmann.
An Gummi knüpfte Tweed – lange Roben mit kurzen Rollkragen, Glitzer, Federn! An manchen Ohren Zifferblätter als Accessoire. In einer hochrutschenden Bewegung erstarrt scheinende Oversized-T-Shirts und Hoodies brachen den klassich-couturigen Look, auf sie folgten lange Kunstpelz-Mäntel, Jogging-Anzüge und Denim-Ensembles – ein Klassiker bei Demna.
Im letzten Drittel der Show fielen die Masken. Dafür stachen die kränklich schmalen, betonten Männertaillen ins Auge und die Schauspielerin Christine Quinn, bekannt aus der etwas trashigen Reality-TV Show "Selling Sunsets", in einem kurzen glitzernden Kleid mit Schleppe. Die Balenciaga-Schauen sind bekannt für ihr außergewöhnliches, hochrangiges Casting und so war es keine große Überraschung, als plötzlich, in einem schwarzen Couture-Kleid, Kim Kardashian höchstpersönlich über den Laufsteg schwebte. Die Unternehmerin ist seit einigen Monaten beinah ausschließlich in den hautengen Ganzkörperlooks des Modehauses zu sehen, war das Testimonial einer seiner kürzlich laufenden Werbekampagnen und lief hier nun ihre erste Modenschau überhaupt.
Sie teilte sich die Aufmerksamkeit des betont cool bleibenden Publikums mit der Sängerin Dua Lipa im gelben Wickelkleid, dem Supermodel ihrer Generation Bella Hadid, der Schaupspielerin Nicole Kidmann in Silber und mit Naomi Campell – deren Kleid mit Riesenreifrock den Anfang vom Ende ankündigte. Die ausladenden Krinolinen der letzten drei Looks verhakten sich an den Türrahmen des Salons und ließen sich nur schwer durch die Füße in der Frontrow quetschen.
Am schwierigsten schien es bei dem als letztes präsentierten, gigantischen Hochzeitskleid, das in 7500 Stunden Handarbeit bestickt worden war und nun weder vor noch zurückkam. Das Model verhaspelte sich im Saum, kurzes Unbehagen kam auf: wie lange würde es wohl brauchen, um zur Spiegeltür zurückzukehren und diese sich endlich schließen?
Ob Absicht oder nicht, von Demnas Balenciaga Schauen ist man ein bisschen Cringe, Verstörung und Grenzüberschreitung gewohnt – es gehört zum Konzept, wie Kim in einen der Knete-Looks. Wird bestimmt nicht lange dauern.