Im kommenden Jahr steht die 19. Architekturbiennale von Venedig an, und nach und nach geben die Teilnehmerstaaten die Kuratoren-Teams ihrer nationalen Beiträge bekannt. Deutschland zählt zu den happy few mit einem eigenen Pavillon in den Giardini: ein Privileg, aber jedesmal auch eine Herausforderung. Bestimmt wird das Kuratorentam von einer Auswahlkommission beim federführenden Bundesbauministerium, das selbst keinen Einfluss auf die Auswahl nehmen darf.
Nun gab das Ministerium die Wahl für 2025 bekannt. Sie fällt auf das Team "Stresstest", das seinen Beitrag unter ebendiesem Titel realisieren will und sich eigens für die Biennale-Bewerbung gebildet hat. "Stresstest" besteht aus den Professorinnen Elisabeth Endres und Gabriele G. Kiefer von der TU Braunschweig, Professor Daniele Santucci von der RWTH Aachen sowie Nicola Borgmann, der langjährigen Leiterin der Architekturgalerie München.
Niemand wagt mehr, auf internationalen Ausstellungen mit Architektur zu punkten, die einfach nur schön oder sonstwie ästhetisch ist. Sie muss vielmehr umweltverträglich sein, nachhaltig, resilient. Nun gibt es zwei Phänomene des Klimawandels, die sich am stärksten auf Stadt- und Regionalplanung auswirken und damit auf das, was aller Architektur vorangeht: Starkregen und Überhitzung nämlich. Deutschland fokussiert sich diesmal auf die steigenden Temperaturen.
Die Mitteilung des Bauministeriums schlägt Alarm: "Die Überhitzung unserer Städte und Natur hat bereits heute lebensbedrohliche Auswirkungen auf Menschen, Tiere und Pflanzen", heißt es darin. "Infrastrukturen wie Straßen, Brücken und Gebäude nehmen bauliche Schäden durch starke Hitzeeinwirkungen. Es werden zukünftig Temperaturen erreicht, die weit über das hinausgehen, was ertragbar ist."
"Ist es wirklich notwendig, noch einmal auf den Klimawandel einzugehen?"
Bundesbauminiserin Klara Geywitz lässt sich mit den Worten zitieren: "Die Kuratorinnen und Kuratoren wollen die Dringlichkeit für die Besucherinnen und Besucher des deutschen Pavillons erlebbar machen. Welche Auswirkungen hat Hitze für unser Leben im öffentlichen Raum? Wie können wir uns gegen Hitze schützen und eine klimaangepasste Stadtentwicklung umsetzen?" Und sie wäre keine Politikerin, lobte sie sich nicht gleich ein bisschen selbst: "Die Bundesregierung greift diese Fragen in ihrer Hitzeschutzstrategie auf."
Ob besagte Strategie für einen kühlen Kopf in der Architektur schon zum Tragen gekommen ist, sei dahingestellt. Immerhin ist Venedig die Bühne schlechthin, um goodwill zu demonstrieren. Peter Cachola Schmal, der in in allen nur denkbaren Gremien vernetzte Direktor des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt am Main und Leiter der Auswahljury, legt dann auch rhetorisch nach: "Ist es wirklich notwendig, noch einmal auf den Klimawandel und die damit einhergehende Erwärmung unserer Lebenswelten einzugehen? Offensichtlich, denn wir lassen die dringend notwendigen Priorisierungen in unseren Taten nicht erkennen."
Aber die Lösung sei nahe, genauer gesagt ab 10. Mai 2025 zu finden. Da nämlich, so Schmal, werde "das Team um Elisabeth Endres und Daniele Santucci auf spannende Weise das Thema erlebbar machen und gleichzeitig auch Lösungen anbieten, um Carlo Rattis Motto der 19. Biennale Architettura 2025 - 'Intelligens. Natural. Artificial. Collective' - mit einer Antwort zu begegnen." Lösungen, das verspricht viel. Ein konkretes Ausstellungskonzept wird das Team "Stresstest" allerdings erst Anfang 2025 vorlegen. In der kalten Jahreszeit.