"Interessant", "Ach so", "Das hat eher was Modernes" – die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel kennt sich aus mit dem Maler Caspar David Friedrich (1774-1840). Die Führung von Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD), in der Ausstellung "Wo alles begann" im Albertinum changiert zwischen Fachsimpelei, historischer Erzählung und Erinnerungen bis zur Plauderei.
Es ist ein ganz persönlicher Besuch der CDU-Politikerin, die 2021 nach 16 Jahren Kanzlerschaft aufhörte. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat sie eingeladen und begleitet sie. "Es ist mein Geschenk zu ihrem 70. Geburtstag», sagt er. Schon vor dem Museumsgebäude mitten in der historischen Altstadt nicken Passanten der prominenten Jubilarin freundlich zu, als sie in schwarzer Hose, bordeauxfarbenem Blazer und Bernsteinkette aus dem Wagen steigt.
Im großen Ausstellungssaal schaut sie beeindruckt auf die etwa 15 Meter lange Wand mit Bildern von Friedrichs Zeitgenossen und Schülern in "Petersburger Hängung". Sie verweilt vor Gemälden, Zeichnungen und Kupferstichen des Meisters, geht zuweilen auch ganz nah heran und lauscht Erklärungen über Farben, Maltechnik, Motive, aber auch sein Leben und Schaffen in Dresden - von überraschten Besuchern neugierig und erfreut beobachtet. Kunstliebhaberin Merkel fragt nach, steuert eigenes Wissen bei, kommentiert und erzählt, wie Kretschmer, vom Riesengebirge.
"Dresden war natürlich ein tolles Pflaster für einen Maler"
Die Dresdner Ausstellung beendet den Reigen der Präsentationen zum 250. Geburtstag des Meisters der deutschen Romantik in diesem Jahr. Weit über 200 Werke geben Einblick in Schaffen und Maltechnik von Friedrich, aber auch in seine Gefühlswelt sowie das Lebens- und künstlerische Umfeld. Zu sehen sind unter anderem alle bekannten 47 Gemälde von ihm, die allesamt in Dresden entstanden, sowie Zeichnungen des in Greifswald geborenen Künstlers, für den die Elbestadt über 40 Jahre Lebensmittelpunkt war.
Hier studierte er die Alten Meister in der Gemäldegalerie, fing 1807 an zu malen und wurde zum wohl bedeutendsten Künstler der deutschen Romantik. Zudem beteiligte er sich an Kunstdebatten, wanderte in der Umgebung der Stadt, um sich von der Natur inspirieren zu lassen, gründete eine Familie und knüpfte ein großes Netzwerk. Im Mai 1840 starb er und fand auf dem damaligen Neuen Friedhof die letzte Ruhe.
"Dresden war natürlich ein tolles Pflaster für einen Maler, für die Inspiration, und ich glaube, das ist es heute noch", sagt Merkel. Friedrichs Motive sind ihr vertraut, auch weil Greifswald und Rügen in ihrem Wahlkreis lagen. "Aber man sieht ja Sachen durch so eine Führung noch einmal ganz anders." Besonders gefällt ihr hier die Verbindung mit der Zeit, in der der Künstler lebte, "dass er Visionär war, aber auch, dass er nicht aus dem Nichts kam, sondern sich auf die Fundamente derer stellte, die vor ihm gemalt haben".
Landschaftsbilder faszinieren
Vor allem die Landschaftsbilder, "die die Weite zeigen, wo er sehr viel Himmel malt und Licht", haben es Merkel angetan. Aber auch Bilder mit politischer Botschaft oder religiösem Hintergrund lassen das Trio auf dem Weg zum "Tetschener Altar", einer der Berühmtheiten unter den Exponaten, innehalten. Dort gibt Merkel einer Besucherin, die sich näher herantraut, weiter, was sie gerade von Ackermann darüber gehört hat.
Die Frau, die früher stets im Scheinwerferlicht stand, ist sehr bemüht, anderen nicht im Blick zu stehen. Sie wird vielfach selbst zum Motiv und mit Handy fotografiert, manche sprechen sie auch an, wie eine Brandenburgerin. "Darf ich Ihnen Guten Tag sagen?", fragt die ältere Dame ehrfürchtig. "Ich möchte Ihnen nämlich danken für das, was Sie in all den Jahren für uns getan haben." Und die einstige Weltpolitikerin lächelt erfreut zurück.