München

Ai Weiwei wird aus Haus der Kunst geworfen 

Ai Weiwei debattiert mit Bernhard Spies, dem geschäftsführenden Direktor des Haus de Kunst in München
Foto: Max Logsdail/Ai Weiwei Studio/dpa

Ai Weiwei debattiert mit Bernhard Spies, dem geschäftsführenden Direktor des Haus der Kunst in München

Das Haus der Kunst in München hat den chinesischen Künstler Ai Weiwei am Freitag wegen einer unangemeldeten Solidaraktion aufgefordert, das Gebäude zu verlassen. Währenddessen legen die Grünen ein Thesenpapier zur Zukunft des Ausstellungshauses vor

Nach Angaben des Museums hatte er die Mitarbeiter unterstützen wollen, die vom derzeitigen Umbau des Hauses betroffen sind. Ai Weiwei postete auf seinem Instagram-Profil ein Foto von sich im Gespräch mit Geschäftsführer Bernhard Spies über die Auslagerung Beschäftigter.

Das Haus hat turbulente Zeiten hinter sich, unter anderem wegen massiver Geldprobleme, die bis heute nachwirken. Auch die Nähe von Angestellten zu Scientology und Fälle sexueller Belästigung sorgten für Schlagzeilen. Der Aufsichtsrat reagierte mit Kündigungen und stellte dem damaligen Direktor Okwui Enwezor, der inzwischen gestorben ist, einen kaufmännischen Geschäftsführer an die Seite. Ein Team aus fünf internationalen Kunstexperten soll eine neue künstlerische Leitung suchen. 

Das Haus der Kunst teilte am Freitag weiter mit, dass die Tatsache, dass Mitarbeiter Unterstützung finden, zeige, wie bewegend dieses Thema sei. "Wir bitten allerdings um Verständnis, dass öffentliche Veranstaltungen in den Räumlichkeiten der Ausstellung 'Markus Lüpertz. Über die Kunst zum Bild' ohne vorherige Absprache mit der Leitung des Hauses aus mehreren Gründen nicht möglich sind. Die Einladung Ai Weiweis sowie der Öffentlichkeit missbilligt das Haus der Kunst daher ausdrücklich." Das Hausrecht sei gröblich verletzt worden. Den Mitarbeitern drohten aber keine Konsequenzen: "Die Geschäftsführung bleibt bei der Zusage, den Umstrukturierungsprozess möglichst sozialverträglich, bei Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze und ohne Einkommenseinbußen zu gestalten."

Vorstoß der Grünen

Am Freitag präsentierte die bayerische Grünfraktion im bayerischen Landtag "10 Thesen für den Neubeginn" des Haus der Kunst. "Wir wollen dem trudelnden und immer noch führungslosen Schiff, das orientierungslos im Kunstmeer treibt, wieder eine Richtung geben, so Sanne Kurz, kulturpolitische Sprecherin der Fraktion.

Die Kulturpolitikerin fordert unter anderem den Verzicht auf die geplanten Massenentlassungen, die komplette Sanierung des Gebäudes und die Aufwertung der künstlerischen Leitung, die ranggleich zur kaufmännischen Geschäftsführung gestellt werden soll. 

Die Absage geplanter Ausstellungen von Adrian Piper und Joan Jonas wird in dem Thesenpapier als "kulturpolitischer Super-GAU" bezeichnet: Die Absage "hat eine Schneise der Verwüstung hinterlassen, die verdiente Mitarbeiter*innen, internationale Partner*innen und renommierte Künstler*innen vor den Kopf gestoßen hat. Was folgte waren Ergebnisse von Männerfreundschaften – die Hintergründe der Kooperation zwischen dem Haus der Kunst und der Galerie Michael Werner sind bis heute diffus. Es ist beschämend, dass die Staatsregierung den Wunsch nach Vertraulichkeit bei Informationen zu Eigentumsverhältnissen an Leihgaben höher schätzt, als den transparenten Umgang mit Steuergeldern."

Seit über einem Jahr kein künstlerischer Leiter

Die Stelle der künstlerischen Leitung am Haus der Kunst ist seit dem Ausscheiden von Okwui Enwezor im Sommer 2018 vakant. "Nach einjähriger Vakanz der künstlerischen Direktion des Hauses bedarf die Kulturpolitik der bayerischen Staatsregierung der kritischen Kommentierung", heißt es in dem Thesenpapier. "Dabei steht die Verantwortung der Aufsichtsratsmitglieder ebenso zur Debatte wie auch die strukturelle Organisation des Hauses." Sanne Kurz fordert, dass die Öffentlichkeit über die Leitungssuche auf dem Laufenden gehalten wird. 

Zur Verbesserung der finanziellen Situation der Institution fordert die Grünenpolitikerin die Einführung der Staatshaftung am Haus der Kunst und für alle anderen bayerischen Museen. "Die teuren Versicherungsprämien für Leihgaben reißen gewaltige Löcher in die Kunstetats. Wenn der Staat hier in die Haftung einsteigt, wird dieses Geld frei für den Betrieb des Hauses. Das schafft Raum für Kreativität."

Das Haus der Kunst hat keine eigene Sammlung, sondern holt sich die Kunstwerke für Ausstellungen ins Haus. Unter den Nationalsozialisten war das Museum als Haus der Deutschen Kunst gebaut und 1937 von Adolf Hitler persönlich eröffnet worden. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges fand dort die jährliche "Große Deutsche Kunstausstellung" statt, die das nationalsozialistische Kunstverständnis propagierte. In den vergangenen Jahren hat sich das Haus der Kunst verstärkt mit der Aufarbeitung seiner Geschichte befasst und präsentiert vor allem internationale, zeitgenössische Künstler. Vor rund zehn Jahren war das Highlight die Ausstellung von niemand geringerem als: Ai Weiwei.