Parade der Granden bei Lia Rumma
Passend zur großen Arte-Povera-Ausstellung in der Bourse de Commerce zeigt die neapolitanische Galeristin Lia Rumma, selbst eine lebende Legende, einige Schwergewichte der italienischen Kunst. Eine Wandarbeit aus Lederhäuten und sirrenden elektrischen Kabeln aus dem Jahr 1968 von Gilberto Zorio besetzt die elegante erhöhte Ecknische, die Rumma bespielen kann. Auf dem Schwarz-Weiß-Foto daneben sieht man Lucio Fontana in dem Moment, in dem er das Messer an einer Leinwand ansetzt. Neben Michelangelo Pistoletto und dem enigmatischen Gino De Dominicis komplettiert William Kentridge diese geradezu ergreifende Parade der Granden.
Grand Palais, Koje A2
Tschabalala Self bei Eva Presenhuber
Die Galerien haben sich durchweg viel Mühe mit ihrem Stand gegeben, und im lichtdurchfluteten Grand Palais wirken viele Kojen wie kleine Gruppenausstellungen. Doch Eva Presenhuber hat die große Geste gewagt und US-Künstlerin Tschabalala Self die ganze Koje überlassen. Die hat daraus ein starkes Gesamtkunstwerk mit einer durchgehenden Wandmalerei, großformatigen, offensiv fragmentierten Gemälden und Skulpturen ihrer ausladenden Schwarzen Frauenfiguren geschaffen.
Grand Palais, Koje B37
Steffani Jemison bei Madragoa
Spiritualität und Zeitgenossenschaft kommen in der Einzelausstellung der 1991 in Kalifornien geborenen Steffani Jemison bei der portugiesische Galerie Madragoa zusammen. In der von blauem, sternenüberzogenen Stoff verhängten Koje sind wie Monde runde Wandobjekte auf Glas installiert: Radierungen, deren Rillen Jemison mit Silber akzentuiert hat. Lentikularbilder, die von jeder Perspektive aus anders aussehen, zeigen fallende Körper. Es geht um den Kosmos, um Ikarus, um die Begegnungen von afrikanischen und europäischen Mythen. In den kommenden Tagen dürfte es am Stand von Madragoa voll werden. Denn Jemison wurde mit dem Lafayette Anticipations Production Grant ausgezeichnet, das von einer internationalen Jury einer Künstlerin oder einem Künstler aus der "Emergence"-Sektion der Messe zugesprochen wird.
Grand Palais, Koje K16
Libasse Ka bei Carlos/Ishikawa
Libasse Ka ist 1998 im Senegal geboren, lebt und arbeitet mal dort, mal in Brüssel, hat es auf der Kunsthochschule nicht lange ausgehalten und ist, auf Vermittlung von Oscar Murillo, der Nachwuchsstar bei der hippen Londoner Galerie Carlos/Ishikawa. Seine skizzenhafte, halb abstrakte, halb comichaft gegenständliche Malerei wirkt gleichzeitig existenziell und cool. Angeblich war der Einzelstand schon am ersten Öffnungstag der Messe ausverkauft.
Grand Palais, Koje J14
Künstlerinnen-Generationen bei Jeffrey Deitch
Jeffrey Deitch kommt mit einem selbstbewussten, rein weiblichen Stand auf die Messe, der geschickt die Generationen verbindet. Großartig ist die Kombination von einer lebensgroßen Gipsskulptur einer Schwangeren von Karen Davis von 2024 und dem Gemälde einer "Female Figure with Leaves" von Kiki Kogelnik von 1974. Dazu kommt eine ebenfalls historische Zeichnungs-Serie von Judy Chicago, die fragt, wie die Welt aussehen würde, wenn sie von Frauen beherrscht würde. Spoiler: besser.
Grand Palais, Koje A48
Rätselhafte Kraft bei Neue Alte Brücke
Mark Dickenson von der Galerie Neue Alte Brücke ist Teil des Art-Basel-Kommittees in Paris, als "Expert" für die jüngeren Galerien. An seinem Standort in Frankfurt am Main richtete er die ersten Ausstellungen von Simon Fujiwara, Yngve Holen oder Atiéna R. Kilfa aus. Die wenigen Werke an seinem Stand haben eine rätselhafte Kraft: Deshaun Price, 1992 geboren, trifft mit seinen zarten Porträts genau zwischen absolute Zeitgenossenschaft und die gesamte Tiefe der Kunstgeschichte. Zwei poppig gemalte Versionen der Whiskas-Katze von Magnus Andersen zielen mit ihren großen glänzenden Augen tief in die Psyche der Käufer – nur nicht von Katzenfutter, sondern von Kunst.
Grand Palais, Koje J12
Eine Oase der Faulheit bei Sans Titre
Bei Sans Titre aus Paris haben sich drei der Künstlerinnen und Künstler zusammengetan und eine Oase der Faulheit und Nachlässigkeit geschaffen. Sie imitieren im DIY-Stil die Einrichtung großbürgerlicher Häuser (die man in den Preview-Tagen zuhauf besuchen darf) mit Simsen und Himmelbetten. Tanja Nis-Hansen (geb. 1988, Dänemark), Jessy Razafimandimby (geb. 1995, Madagaskar) und Agnes Scherer (geb. 1985, Deutschland) feiern das Nichtstun, träge Körper und die Unproduktivität.
Grand Palais, Koje G12
Rumänische Malerei bei Plan B
Plan B aus Cluj und Berlin ist mit einer Generation von Malern aus Rumänien gewachsen, alle zeichnet eine klassische Ausbildung aus. Die kontinuierliche Auseinandersetzung mit Geschichte einerseits und Malerei andererseits zieht sich durch das Programm. Der Stand auf der Art Basel Paris ist ein so tolles wie schräges Feuerwerk dieses Mediums: Drei große Bilder von Tincuta Marin sind auf Stoß und über Eck gehängt – was sonst nie jemand machen würde. In diesem Störfeuer hängt ein ganz neues Gemälde von Adrian Ghenie, eine abstrakte Figur mit dem Titel "Dora Maar". Schön gegen den Strich und alles andere als zahm.
Grand Palais, Koje J21
Shaun Motsi bei Christian Andersen
Die Solopräsentation von Shaun Motsi bei Christian Andersen zeigt hinter einem Green Screen einen Kurzfilm über Schwarze Repräsentation im akademischen Kontext. Der Protagonist, Mr. Clarke, ist ein älterer Schwarzer Independent-Filmemacher, der von einer zwielichtigen Plattform für deren neue Initiative "Black Masters" instrumentalisiert wird. Der Film über die Fallstricke von Sichtbarkeit in visuellen Kulturen ist großartig, der Mut der Galerie, ihn so zurückgenommen zu zeigen, ebenfalls.
Grand Palais, Koje K40
Malerische Überwachung bei der Galerie Neu
Ein gigantisches Kameraauge durchdringt mit kühlem Blick das Grand Palais. Es stammt von einem stark vergrößerten schwarzen Olympus Pocketmodell der Malerin Jana Euler, die sich wie keine andere ihrer Generation mit dem Malen und dem Sehen selbst auseinandersetzt. Die Galerie Neu aus Berlin inszeniert sich auf der Art Basel Paris selbst vor dieser brutalen Linse. Man hat einen Bürotisch und vier lederbezogenen Konferenzstühle davor platziert. Der Stand hebt sich in seiner technischen Härte und Klarheit aus der Masse ab. Eine schwarze Wandskulptur von Yngve Holen flankiert die Szene – und schluckt jedes Licht.