Künstlerische Extremzustände in Arles
Vom "hohen gelben Ton", den er im Sommer 1889 erreicht habe, berichtet Vincent van Gogh seinem Bruder Theo in einem Brief aus dem Hospital in Arles. Der Künstler steckt in einer Nervenkrise – er hat sich kürzlich im Wahn das linke Ohr abgeschnitten –, zugleich gelingen ihm ungeheuerliche Bilder. Eine von Bice Curiger entwickelte Themenausstellung in der Fondation Vincent van Gogh Arles präsentiert neben Werken des Wegbereiters der Moderne weitere Arbeiten von 21 Kunstschaffenden, die ihre "High Yellow Note" gefunden haben, eine Metapher für das formale und emotionale Überschreiten von Ausdrucksgrenzen. Louise Bourgeois, Martin Disler, Martha Jungwirth, Albert Oehlen, Pipilotti Rist, Hyun-Sook Song und Dominique White sind unter anderen dabei.
"The High Yellow Note", Fondation Vincent Van Gogh, Arles, bis 2. Februar
Chiharu Shiota in Paris
Ihre Fäden hat die in Berlin lebende Performance-Künstlerin schon in vielen Museen gezogen. In Paris sind nun die monumentalen Wollinstallationen der Japanerin Chiharu Shiota zu sehen. Wie eine Spinne spannt sie in ihren Werken das Garn über Ecken, Winkel und Objekte. Damit ist Shiota international zu einer der gefragtesten Künstlerinnen der Gegenwart geworden. In Paris bespielt sie nun mit Tausenden von Wollfäden einen Teil des frisch renovierten Grand Palais. Eine Schau, die unter dem passenden Titel "Die Seele zittert" ihre spektakuläre Installation zeigt. Die Ausstellung ist ihre erste Retrospektive in Frankreich, die einen Blick auf die letzten 20 Jahre ihres Schaffens wirft. Auf rund 1200 Quadratmetern präsentiert die in Berlin lebende Japanerin ihre monumentalsten Arbeiten. Darin hinterfragt die 52-Jährige Gefühle, Wahrnehmungen und Eindrücke, die aus unserem verborgenen und unbewussten Gedächtnis stammen.
In Paris nehmen ihre Arbeiten mit der Größe der Räume an Faszination zu. "Eine ungewisse Reise" - ein ineinander verschlungenes rotes Wollfadenlabyrinth - steht zum Beispiel als Metapher für die Ungewissheiten unseres Lebens. Bei ihrem Werk "In Stille" hat sie Stühle und ein Klavier in 280 Kilometer lange schwarze Wolle eingesponnen. Das Thema Erinnerungen, Bewegung und Migration bringt sie in "Akkumulation: Auf der Suche nach dem Ziel" zum Ausdruck. In dieser Arbeit sind an roten Fäden aufgehängte Koffer zu sehen. (dpa)
"Chiharu Shiota: The Soul Trembles", GrandPalais, Paris, bis 19. März 2025
Surrealismus in Halle
Für eine Ausstellung kommen Werke aus den Kollektionen zweier bedeutender Sammler nach Halle. Es geht um die Epoche des Surrealismus. Dalí, Magritte, Oppenheim und Picasso: Der in den 1920er-Jahren aufkommenden Kunstepoche des Surrealismus widmet der Kunstverein "Talstrasse" in Halle eine Ausstellung. In der vereinseigenen Kunsthalle werden bis Mitte April 2025 mehr als 150 Werke von rund 60 Künstlerinnen und Künstlern präsentiert, darunter Malereien, Grafiken und Plastiken. Sie stammen unter anderem aus den Kunstsammlungen von Helmut Klewan (München) und Frank Brabant (Wiesbaden), die zu den bedeutendsten in Deutschland gehören. Die Sammlung Brabant zählt mit ihren insgesamt 600 Werken zu den großen privaten Kunstsammlungen der Klassischen Moderne. Klewan, in Baden-Württemberg geboren und in Österreich aufgewachsen, eröffnete Ende der 1960er-Jahre seine erste Galerie in Wien.
Auch Exponate aus anderen Sammlungen und dem Pommerschen Landesmuseum in Greifswald sind Teil der Schau "Reise ins Ungewisse. Einblicke in die Welt des Surrealismus", wie der Verein mitteilte. Die Ausstellung gliedert sich demnach in mehrere Bereiche. Neben bekannten Künstlern wie Salvador Dalí, Pablo Picasso, René Magritte und Max Ernst würdige die Ausstellung auch die surrealistische Kunst in den ehemals sozialistischen Ländern Ost- und Südosteuropas und in der DDR, hieß es. Surrealisten hinterfragten vor mehr als hundert Jahren das bestehende System und traditionelle Denkmuster. Ihr Ziel sei es gewesen, das "Leben und Denken aus den altbekannten Fesseln zu befreien und den Wahnsinn, das Unsinnige und das Irrationale zu einer absoluten Wirklichkeit zu erweitern". (dpa)
"Reise ins Ungewisse. Einblicke in die Welt des Surrealismus.", Kunsthalle "Talstrasse", Halle, bis 13. April 2025
Übersinnliche Kunst in Bedburg-Hau
Das eigene Spiegelbild löst sich in nichts auf, Musikinstrumente erklingen wie von Geisterhand gespielt, beunruhigende Klänge lassen uns einen Albtraum erleben. Es geht schauerlich zu im Museum Schloss Moyland. David Hockney, Anri Sala oder Francesca Woodman sind an der Schau um Magie, Märchen, Astralwesen und Jenseitsvorstellungen beteiligt. Zudem haben sich Studierende der Kunstakademie Düsseldorf von den Schlossgewölben zu Klanginstallationen inspirieren lassen: Stimmungsvoll bis spooky!
"There is a Ghost in the Room. For Sure!", Museum Schloss Moyland, Bedburg-Hau, bis 25. Januar 2026
Jakob Lena Knebl und Markus Pires Mata in Darmstadt
Bloß keine Ehrfurcht im Museum! Jakob Lena Knebl und Markus Pires Mata präsentieren Konstellationen quer durch Sammlungen, Stile, Zeiten, Genres und Gattungen. Die beiden Kunstschaffenden aus Wien wurden nach Darmstadt eingeladen, um aus den universalen Sammlungen des Hessischen Landesmuseums eine persönliche Auswahl zu treffen und diese mit eigenen Werken in einer großen Rauminstallation zu inszenieren. Durch Überlagerungen werden die Objekte vielfältig miteinander verbunden und als Teil unserer unüberschaubaren Natur-, Kultur- und Konsumwelt erlebbar. Damit steigern Knebl und Mata nicht nur die provokanten Effekte ihrer subjektiven, lustvoll assoziativ getroffenen Auswahl, sondern regen zum Dialog der Unterschiedlichkeiten an.
"Ich muss mich erst mal sammeln", Hessisches Landesmuseum, Darmstadt, bis 16. Februar
"Moderne Frauen" in Dresden
Die Zeit um 1900 war von vielfältigen Um- und Aufbrüchen geprägt. Eine Sonderausstellung um "Moderne Frauen" des Fin de Siècle zeigt im Dresdener Albertinum Werke von elf Künstlerinnen, die sich von Konventionen abwandten, sich an Emanzipations- und Lebensreformbewegungen beteiligten und dabei auf viele Vorurteile und Hürden stießen. Die Malerin Paula Modersohn-Becker zelebrierte unerschrocken sinnliche Körperlichkeit, Julie Wolfthorn griff mit ihrer "Waldhexe" das Mythisch-Romantische der Epoche auf, und Emilie Mediz-Pelikan schuf märchenhafte, stille Landschaften. Hildegard von Mach, Mathilde Ade, Jenny von Bary-Doussin, Marianne Fiedler, Julie Genthe oder Marie Gey-Heinze sind weitere "Moderne Frauen", die man in Dresden kennenlernen sollte.
"Moderne Frauen/ Women's Art Rising", Albertinum, Dresden, bis 9. März 2025
Kalin Lindena in Karlsruhe
Draht, Papier, Stoff oder Beton: Die 1977 in Hannover geborene Künstlerin Kalin Lindena nutzt eine Vielzahl von Materialien, um zu ihren raumgreifenden Installationen zu kommen. Manchmal nutzt Lindena die mit Graffitispuren versehenen Environments für Tanzperformances. Nun verwandelt sie den Projektraum der Städtischen Galerie Karlsruhe in einen Erfahrungsraum, der die künstlerische Geste in den Mittelpunkt stellt. Die eigens für die Schau entstandenen Werke treten mit der Architektur in Beziehung und geraten gleich Fahnen durch die körperliche Anwesenheit des Publikums in Bewegung. Die von Lindena als "Shapes" bezeichneten Wandobjekte changieren zwischen Skulptur und Malerei und fordern in ihrer Fluidität unsere Wahrnehmung heraus.
"Kalin Lindena "Schatten von Wind", Städtische Gallerie Karlsruhe, bis 27. April
Rochelle Feinstein in Wien
"Humor, Ironie, Sex, menschliche Dummheit, Kommerz, Kunst und Politik sind zentrale Themen, denen ich nachgehe", hat Rochelle Feinstein einmal erklärt. Abstrakte Malerei verbindet sich im Werk der US-Amerikanerin mit politischen, gesellschaftlichen und ökologischen Fragen. In breit gefächerten, dabei thematisch miteinander verflochtenen Werkgruppen zerschneidet, verwandelt und arrangiert die Künstlerin gedruckte gestische Markierungen neu, um sie dann zu Gemälden zu collagieren; zudem schafft sie Skulpturen und Drucke aus alltäglichen Materialien. In ihrem Solo "Zeit im Bild" in der Wiener Secession zeigt Feinstein eine Auswahl neuer Arbeiten, die sich um die Frage drehen, wie sich Leinwand, Farbe und Geste mit den spezifischen persönlichen und öffentlichen Verhältnissen unserer Zeit verknüpfen lassen.
"Rochelle Feinstein. Zeit im Bild", Secession, Wien, bis 23. Februar