Tipps und Termine

Wohin am Wochenende?

Die Kunst der Woche in Berlin, Bottrop, Halle, Leipzig, München, Paris und Wuppertal


Benita Suchodrev in Berlin

Auf Partys kreuzt sie nicht ohne ihre Kamera auf. "Ich komme in einen Rausch, wenn ich Menschen fotografiere, die authentisch sind und Spaß haben", sagt Benita Suchodrev, eine der interessantesten Fotografinnen Berlins. In der Sowjetunion geboren, mit 15 in die USA emigriert, fotografiert Suchodrev seit 2008 das Nachtleben ihrer Wahlheimat. 

Ihre Langzeitstudie "Le bal infernal" reflektiert das ständige Streben nach Freiheit und Selbstausdruck in einer sich ständig wandelnden, aber bedrohten Clubszene. Das Solo ist Teil des "Emerging Berlin"-Talentprogramms, mit dem Fotografiska Fotoschaffende am Anfang ihrer Karriere unterstützt. 

Benita Suchodrev: "Le bal Infernal", Fotografiska, Berlin, bis 26. Januar 2025

Benita Suchodrev, aus der Serie "Le bal infernal", 2008 - bis heute
Foto: © Benita Suchodrev

Benita Suchodrev, aus der Serie "Le bal infernal", seit 2008 


Sheila Hicks in Bottrop

Was kann ich mit einem Faden machen? Diese Frage hat sich Sheila Hicks schon in den 1950ern gestellt, als sie bei Josef Albers an der amerikanischen Yale School of Art studierte. Ihre Antwort: Wandarbeiten, Teppiche, Reliefs, Skulpturen und Installationen, ein faszinierendes Spiel zwischen Material, Farbe und Raum, das nun erstmals umfassend in Deutschland gezeigt wird, obwohl Hicks inzwischen 90 ist. Dafür gibt es ihre Werke parallel an zwei Orten zu sehen, in der Kunsthalle Düsseldorf und dem Josef Albers Museum in Bottrop. Dort sind auf 700 Quadratmetern Arbeiten aus der Zeit von 1955 bis 2024 vereint, darunter nie gezeigte frühe Gemälde aus HicksStudienzeit bei dem großen Albers. 

"Sheila Hicks", Josef Albers Museum, Quadrat, Bottrop, bis 23. Februar 2025

Sheila Hicks "Rempart", 2016
Foto: Oliver Roura © VG Bild-Kunst, Bonn 2024

Sheila Hicks "Rempart", 2016

 

 

Große Dinge in Halle

Parallel zum Start in das Wintersemester präsentiert die Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle herausragende Arbeiten aus ihrer Prager Partnerhochschule in einer Ausstellung. Die Schau "Big Thing" soll bis 3. November in der Burg Galerie im Volkspark gezeigt werden. Wie die Kunsthochschule mitteilte, liegt der Fokus darauf, wie Kunst und Design zu positiven Veränderungen in der Gesellschaft beitragen können. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehe die Idee, dass viele kleine Schritte dem Erreichen einer großen Sache vorausgehen, hieß es. Es seien künstlerisch motivierte Auseinandersetzungen mit aktuellen politischen, sozialen und ökologischen Herausforderungen zu sehen. 

Für die Bewältigung globaler Probleme tragen auch kreative Lösungen bei, wie es hieß. Und das oft auf eine einfache, greifbare und sinnvolle Weise. Insgesamt sind den Angaben zufolge 25 Arbeiten von Studentinnen und Studenten sowie Absolventen der Hochschule aus Prag in Tschechien zu sehen. Die Exposition ist demnach in mehrere Kapitel unterteilt, etwa in "Wechsel der Perspektive" und "Aufmerksam zuhören". Künftig soll es auch Ausstellungen der Burg in Prag geben, um den Austausch zu intensivieren.

An der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle beginnen nach eigenen Angaben 260 Studentinnen und Studenten das neue Studienjahr 2024/25, das am 15. Oktober eröffnet wird. Die Bewerbungszahlen für die Diplom-, Bachelor-, Master- und Lehramtsstudienplätze waren mit insgesamt 1.408 aus dem In- und Ausland auf einem stabilen Niveau, wie es hieß. Den Angaben zufolge absolvieren zum neuen Studienjahr insgesamt 1.227 Studierende ein Studium, etwa die Hälfte kommt demnach aus Sachsen-Anhalt. (dpa)

"Big Thing", Burg Giebichenstein Kunsthochschule, Halle, bis 3. November

"Big Thing" in der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, Ausstellungsansicht
Foto: Michel Klehm

"Big Thing" in der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, Ausstellungsansicht 

 

Moderner Schmuck aus Hongkong in Leipzig

Das Grassi Museum für Angewandte Kunst in Leipzig präsentiert in einer Sonderschau modernen Schmuck von Künstlern aus Hongkong. Das Besondere sind dabei die Materialien, denn für die Kreationen wurden Abfallprodukte verwendet. Nach Angaben des Museums wird damit eine Tradition der Nachhaltigkeit fortgeführt, die schon seit Jahrhunderten in der Goldschmiedekunst verankert ist. Die Ausstellung "Die Kunst des Upcyclings" ist vom 16. Oktober bis 27. Oktober im Rahmen der "Grassimesse" zu sehen.

"Upcycling im Schmuckdesign knüpft an die jahrhundertealte Praxis an, Metallobjekte einzuschmelzen und Edelsteine neu zu fassen, um wertvolle Materialien wiederzuverwenden", teilte das Museum mit. Doch die Kunstschaffenden der Gegenwart würden noch einen Schritt weitergehen und Müll oder Fundstücke mit Perlen und Edelmetallen kombinieren. So entstehe aus Abfall Neues, was nicht nur ästhetisch überzeuge.

"Die Kunst des Upcycling" verstehe sich nicht nur als Präsentation einzigartiger Schmuckstücke, sondern als kulturelle Bewegung, die den Wert und die Bedeutung von Nachhaltigkeit und bewusster Ressourcennutzung verdeutlicht, beschrieb das Grassi Museum das Anliegen. (dpa)

"Die Kunst des Upcyclings", Grassi Museum für Angewandte Kunst in Leipzig, im Rahmen der "Grassi Messe", bis zum 27. Oktober

Chong Yan-xuan Kimberly "Branching in Bundles found wire tubing brass clips" 2021
Foto: Helga Schulze-Brinkop

Chong Yan-xuan Kimberly "Branching in Bundles found wire tubing brass clips", 2021

 

Surrealismus und Antifaschismus in München

Der Surrealismus war eine stark politisierte Kunstbewegung von internationaler Reichweite und internationalistischen Überzeugungen. Surrealisten prangerten die europäische Kolonialpolitik an, sie organisierten sich, kämpften gegen Faschismus, wurden interniert und verfolgt, flohen aus Europa, fielen im Krieg. 

Eine Ausstellung im Münchner Lenbachhaus macht den Surrealismus jetzt als streitbare und international vernetzte Bewegung sichtbar. Zu sehen sind Werke von André Breton, Paul Éluard, Max Ernst, Esteban Francés, Germaine Krull, René Magritte, Dora Maar, André Masson, Roberto Matta, Lee Miller, Joan Miró, Pablo Picasso, Jacques Prévert, Yves Tanguy und vielen anderen. 

"Aber hier leben? Nein Danke. Surrealismus + Antifaschismus", Lenbachhaus, München, bis 2. März 2025

Eugenio Granell "El vuelo nocturno del pájaro Pi (The Pi Bird's Night Flight)", 1952
Foto: Lenbachhaus München

Eugenio Granell "El vuelo nocturno del pájaro Pi (The Pi Bird's Night Flight)", 1952

 

Pop Art in Paris

Als Tom Wesselmann in den 1950er-Jahren anfing zu malen, war seine Bewunderung für die Abstraktion groß. Trotzdem schuf er figurative Bilder, beeinflusst von Werbung, Konsumoder Alltagsobjekten. Der US-Amerikaner zählt zu den ganz Großen der Pop-Art, der sich nun die Pariser Fondation Louis Vuitton widmet – und zwar doppelt. Denn zusätzlich zu 150 Wesselmann-Gemälden wird unter der Überschrift "Pop Forever" die Zeitlosigkeit der ganzen Bewegung gefeiert. 

Es werden zusätzlich rund 70 Werke von 35 Kunstschaffenden gezeigt, darunter nicht nur Pop-Heroen wie Andy Warhol und Roy Lichtenstein, sondern auch Werke des Wegbereiters Marcel Duchamp und Arbeiten von Künstlerinnen, für die Pop eine wichtige Inspiration war, darunter Sylvie Fleury und Yayoi Kusama.

"Pop Forever, Tom Wesselmann & ...", Fondation Louis Vuitton, Paris, bis 24. Februar 2025

Evelyne Axell "Ice Cream", 1964, zu sehen ab 17. Oktober in der Fondation Louis Vuitton, Paris
Foto: © Paul Louis, © Adagp, Paris

Evelyne Axell "Ice Cream", 1964, zu sehen ab 17. Oktober in der Fondation Louis Vuitton, Paris

 

Jackson Pollock in Paris

Jackson Pollock hat Pablo Picasso nie persönlich getroffen. Dennoch war der Einfluss auf seine Kunst, vor allem auf die ersten Schaffensjahre des US-amerikanischen Malers bedeutend. Mit rund 100 Werken illustriert das Pariser Picasso-Museum bis zum 19. Januar, wie sehr der spanische Meister des Kubismus ihn inspiriert hat. 

Die Schau ist eine der wenigen, die in diesem Umfang die Anfänge des bedeutenden Vertreters des abstrakten Expressionismus beleuchtet. Sie deckt die Jahre 1934 bis 1947 ab, die unter anderem von der Kunst der amerikanischen Ureinwohner und der europäischen Avantgarde geprägt war, innerhalb derer Picasso (1881-1973) eine wichtige Rolle spielte.

Jackson Pollock (1912-1956) lernte das Werk Picassos über seinen älteren Bruder Charles Pollock kennen, der ebenfalls Maler war. Er habe ihm Zeitschriften mit Reproduktionen von Picassos Werken geschickt, wie die Kuratorin Joanne Snrech erklärte. Fasziniert hat ihn vor allem "Guernica". 

Das Hauptwerk Picassos entdeckte er 1939 in einer Picasso-Schau im Museum of Modern Art (MoMa) in New York. Der Einfluss ist frappierend. Motive der Maske und des Stiers tauchen in seinen Zeichnungen und Gemälden auf. Auch formal ist die Nähe zu Picasso zu erkennen. 

Ab 1946 entwickelte Pollock dann die Action-Painting-Technik, bei der die Farbe mit Pinsel oder direkt aus Farbbehältern auf die Leinwand grob gemalt, geschüttet oder getropft wird. Sie brachten ihm den Spitznamen "Jack the Dripper" ein und machten ihn weltweit bekannt. (dpa)

"Jackson Pollock: The Early Years (1934-1947)", Musée national Picasso, Paris, bis 19. Januar 2025

Besucher vor Werken des amerikanischen Malers Jackson Pollok in der Ausstellung "Jackson Pollock, die frühen Jahre" im Pariser Picasso-Museum
Foto: Sabine Glaubitz/dpa

"Jackson Pollock, die frühen Jahre", Ausstellungsansicht Picasso-Museum, Paris

 

Art Basel in Paris

Die Kunstmesse Art Basel Paris hat ihre Türen in der französischen Millionenmetropole eröffnet. "Das ist die bislang stärkste Pariser Messe", resümiert der international aufgestellte Galerist Thaddaeus Ropac den VIP-Start der Kunstmesse am Donnerstag im frisch renovierten Grand Palais. "Energie und Resonanz sind hervorragend", sagte der Österreicher der Deutschen Presse-Agentur weiter. Wichtige Sammler, insbesondere aus Amerika seien gekommen.

Der Andrang in den Gängen des prächtigen Grand Palais war zwei Tage vor der Publikumseröffnung groß. Entsprechend lang war die Liste der von den Galerien bekanntgegebenen Verkäufe schon beim Start. "Die Qualität der Werke auf der Messe ist gut", erklärte Ropac. Das sei der Effekt des Art-Basel-Labels. Vor zwei Jahren hat die Art Basel mit Paris nach Miami Beach und Hongkong den dritten Ableger gegründet. Die 1970 in Basel gegründete Mutter-Messe ist weltweit das größte Branchenevent. 

Als der Gigant Art Basel die traditionsreiche Messe Fiac verdrängte, trat er 2022 noch mit dem umständlichen Namen Paris+ par Art Basel auf. Ein Expansionskurs auf leisen Sohlen. Zu dem Art-Basel-Effekt gehört auch der Grand-Palais-Effekt. Das Gebäude aus dem 19. Jahrhundert wurde mit seiner über 40 Meter hohen Glaskuppel unweit der Champs-Élysées im März 2021 für Renovierungsarbeiten geschlossen. Ein Rundum-Lifting, das über 500 Millionen Euro gekostet hat. 

Die beiden vergangenen Messen fanden im Grand Palais Ephémère auf dem Champs-de-Mars statt. 2023 nahmen 154 Aussteller aus 33 Ländern teil. Dieses Jahr sind es 195 Galeristen aus 42 Ländern. Gleichzeitig finden zahlreiche qualitativ hochwertige Ausstellungen statt. (dpa)

Art Basel Paris, Grand Palais, Paris, bis 20. Oktober

Ausstellungsansicht Art Basel Paris im Grand Palais, Oktober 2024
Foto: Courtesy Art Basel Paris

Die Art Basel Paris im Grand Palais, Oktober 2024

 

Alles neu in der Kunsthalle Barmen in Wuppertal

Die Bergische Universität in Wuppertal hat die Kunsthalle Barmen wiederbelebt und will frischen Wind in das Haus bringen. Zur Wiedereröffnung stellen in der Ausstellung "Shared Spaces" 18 Künstlerinnen und Künstler Lichtinstallationen, Video- und Soundarbeiten aus, dazu gibt es Performances. Auch eine Sauna mit integrierter Bar steht vor dem Gebäude, die Besucher zum Aufwärmen und Entspannen auffordert. 

Die Werke der Künstler, unter anderem von Alfredo Jaar oder Isaac Chong-Wai bilden den Auftakt für das neue Programm in der ehemaligen Ruhmeshalle. Ab Freitag, 18. Oktober, kann die Kunst ab 18 Uhr angeschaut werden. "Welche Rolle Institutionen in unserer Gesellschaft heute spielen, wie wir unsere diverse Nachbarschaft erreichen und einen inspirierenden Ort physischen Austauschs etablieren können, stehen als Fragen im Vordergrund", sagt Isabelle Meiffert, die die künstlerische Leitung im September übernommen hat. 

Neben den Ausstellungen, die Meiffert zusammen mit Katja Pfeiffer, der Vertreterin der Bergischen Universität Wuppertal plant, ist auch das Barmen Lab der Kunsthalle im Entstehen. Ein Team aus Studierenden und studentischen Mitarbeitern veranstaltet dort Ausstellungen und Workshops zu aktuellen Themen aus Politik, Forschung und Gesellschaft: "Möglichst vielen Menschen Begeisterung für die Betrachtung von Bildern und Objekten zu vermitteln, ist eines meiner wichtigsten Anliegen. Mit unserem Engagement in der Kunsthalle Barmen möchten wir diese Vermittlung auf die Stadtgesellschaft ausdehnen und einem Publikum zugänglich machen, das, wenn es nach uns geht, gar nicht divers genug sein kann", sagt Katja Pfeiffer, die auch Initiatorin der Kunsthalle ist.

Das Haus soll zu einer Art Erweiterung des klassischer orientierten Von-der-Heydt-Museum werden, das nur wenige Gehminuten von der historischen Ruhmeshalle entfernt ist.

"Shared Spaces“, Kunsthalle Barmen, Wuppertal, bis 11. Januar 2025

Kunsthalle Barmen, Lichtinstallation: Alfredo Jaar "Be Afraid of the Enormity of the Possible", 2015, Ausstellungsansicht "Shared Spaces", 2024
Foto: Sigurd Steinprinz / Bergische Universität Wuppertal

Kunsthalle Barmen, Lichtinstallation: Alfredo Jaar "Be Afraid of the Enormity of the Possible", 2015, Ausstellungsansicht "Shared Spaces", 2024