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Wohin am Wochenende?

Die Kunst der Woche in Amsterdam, Goslar, Kaiserslautern, Kiel, London, Paris und Salzburg


150 Jahre Impressionismus in Amsterdam
 
Niederländische Museen feiern den 150. Geburtstag des Impressionismus: Gut 140 Spitzenwerke sind in der Ausstellung "Vive l`impressionnisme!" (Es lebe der Impressionismus!) im Amsterdamer Van Gogh Museum zu sehen. Ab Freitag sind dort Spitzenstücke französischer Impressionisten aus niederländischen Sammlungen ausgestellt, etwa von Claude Monet, Edgar Degas, Paul Cézanne, Auguste Renoir und Camille Pissaro. 

Zehn Museen und sieben Privatsammlungen beteiligen sich an der Ausstellung. "Der Impressionismus war eine Revolution und ein Schock", sagte die Direktorin des Van Gogh Museums, Emilie Gordenker, bei der Präsentation. "Dank einiger Visionäre wie der Kunsthändler Theo van Gogh kam diese Kunst am Ende auch in die Niederlande."

Am 15. April 1874 hatten einige junger Künstler in Paris eine eigene Ausstellung eröffnet aus Protest gegen die strengen Zulassungsregeln der offiziellen Salons. Ihr Stil war dort nicht erwünscht: Der persönliche Eindruck, die losen Pinselstriche, die kräftigen Farben, die Themen des Alltags waren damals wie eine Revolution. Die Impressionisten sollten damit aber die Kunst entscheidend erneuern und verändern. 

Die Amsterdamer Ausstellung zeigt, wie groß der Kontrast mit der damals vorherrschenden Kunst war und wie groß daher auch die Empörung. Ende des 19. Jahrhunderts waren die Niederlande sehr konservativ, es herrschte der naturalistische Stil mit düsteren Brauntönen und dramatischen Landschaften - Ganz anders als die licht-erfüllten strahlenden Bilder der Impressionisten. 

Auch Vincent van Gogh (1853 - 1890) änderte seinen Stil erst, als er 1886 nach Paris umzog und die impressionistischen Bilder seiner Kollegen sah. Doch in seiner Heimat dauerte es mehr als 40 Jahre, bis der Impressionismus umarmt wurde, sagte Konservatorin Fleur Roos Rosa de Carvalho. "Man fand, dass die Bilder nicht fertig waren. Die heftigen Farben schockierten und der Mangel an festen Formen."

Bis zum 26. Januar 2025 gibt es in der Ausstellung ein breites Spektrum impressionistischer Kunst zu sehen: Landschaften von Monet, Zeichnungen von Degas, Gemälde von Renoir, Skulpturen von Rodin. Ein großer Teil der Leihgaben stammt aus dem Rotterdamer Museum Boijmans Van Beuningen, dem Kröller-Müller Museum, dem Stedelijk Museum Amsterdam, dem Kunstmuseum Den Haag, sowie dem Amsterdamer Rijksmuseum. (dpa)

"Vive l`impressionnisme!", verschiedene Museen in Amsterdam, bis 26. Januar 2025

Ausstellungsansicht "Vive l'impressionnisme!" im Van Gogh Museum Amsterdam
Foto: dpa

Ausstellungsansicht "Vive l'impressionnisme!" im Van Gogh Museum Amsterdam

 

Miriam Cahn in Goslar

Sie hat in diesem Jahr den Kaiserring der Stadt Goslar bekommen: die Schweizer Künstlerin Miriam Cahn. Im Werk der 1949 in Basel geborenen Künstlerin sind deutliche Einflüsse des Feminismus der 1970er und 1980er zu sehen. Ihre Praxis umfasst Performance und Installation, primär ist Cahn aber eine figurative Malerin und Zeichnerin, die Körper darstellt. Sie malt oft Menschen in Grenzsituationen, darunter Flüchtende, aber auch Pflanzen oder Gegenstände sind bei ihr von einer besonderen Aura umgeben. Im Goslarer Mönchehaus wird ein repräsentativer Querschnitt durch das Werk der Preisträgerin gezeigt.

"Miriam Cahn", Mönchehaus Museum Goslar, bis 27. Januar 2025

Miriam Cahn "menstruationshaus", 1982
Foto: Oliver Roura courtesy the artist, Meyer Riegger, Berlin/Karlsruhe/Basel undGalerie Jocelyn Wolff, Paris

Miriam Cahn "Menstruationshaus", 1982, zu sehen ab 12. Oktober im Mönchehaus Museum Goslar

 


Max Liebermann in Kaiserslautern

Der Maler Max Liebermann (1847–1935) zählt zu den wichtigsten Impressionisten in Deutschland. Eine Ausstellung in Rheinland-Pfalz stellt den Künstler nun als Zeichner vor. Für "Max Liebermann – Zeichnungen aus dem Berliner Kupferstichkabinett" hat das MPK Museum Pfalzgalerie mehr als 50 Leihgaben aus der Bundeshauptstadt nach Kaiserslautern geholt. Von Samstag (12. Oktober) an bis zum 19. Januar 2025 lässt sich der zeichnerische Weg Liebermanns nachvollziehen.

Die Schau versammelt unter anderem leuchtende, stimmungsvoll eingefangene Garten- und Waldlandschaften sowie elegante Reiter am Strand und fesselnde Porträts. Zugleich gibt die Ausstellung mit Original-Film– und Tonaufnahmen der 1920er Jahre Einblicke in Liebermanns Arbeitsweise und Leben.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 hatte sich der Jude Liebermann bis zu seinem Tod 1935 ins Private zurückgezogen. Seine Frau Martha nahm sich acht Jahre später das Leben, um einer Deportation ins Konzentrationslager Theresienstadt zu entgehen.

Da Kunstwerke auf Papier sehr lichtempfindlich sind, werden die Zeichnungen direkt im Anschluss an die Ausstellung für viele Jahre nicht mehr gezeigt werden können, wie das MPK mitteilte. Die Schau sei demnach die vorerst letzte Gelegenheit, dem großen deutschen Impressionisten als Zeichner so intensiv über die Schulter blicken zu können. (dpa)

"Max Liebermann – Zeichnungen aus dem Berliner Kupferstichkabinett", MPK Museum Pfalzgalerie, Kaiserslautern, 12. Oktober bis 19. Januar 2025 

Max Liebermann "Käthe, die Tochter des Künstlers, lesend", 1896
Foto: Dietmar Katz / SMB

Max Liebermann "Käthe, die Tochter des Künstlers, lesend", 1896

 

Nomadische Biennale in Kiel 

Die Biennale "Reconnecting.earth" in Kiel will Synergien zwischen Kunst, Wissenschaft und Kultur schaffen. Die diesjährige Edition "Beyond Water" zeigt das künstlerische Potenzial der Nutzung von Erkenntnissen aus der Forschung. Dabei führt sie das Publikum im Idealfall zu neuen Sichtweisen, die Erde zu schätzen und zu lieben.

Die Biennale stellt über 100 Arbeiten von 31 internationalen Künstlerinnen und Künstlern aus, die verschiedene Perspektiven auf die Natur entwickeln. Das Zoologische Museum Kiel, das bis heute als ein Ort des Austauschs zwischen Lehre und Öffentlichkeit steht, stellt Werke der Künstler Mark Dion und Andreas Greiner aus. Ihre Arbeiten, die in Dialog mit der Sammlung gehen, schaffen auf humorvolle Art und Weise Verbindungen zwischen den verschiedenen Exponaten. Die Stadtgalerie öffnet währenddessen einen Raum für künstlerische Stimmen und Umweltengagierte, die in den Austausch gehen wollen. 

Ein Programm mit Workshops und Veranstaltungen an verschiedenen Orten in Kiel beleuchtet außerdem die lokale Szene und Umweltaktivitäten in der Region. Die "nomadische Biennale", wie sie von den Veranstaltern genannt wird, lehnt sich an "(Re)connecting.earth (02)" in Genf an. Sie geht nun zum dritten Mal auf Tour. 

"(Re)connecting.earth. Beyond Water", Biennale in Kiel, bis 27.Oktober

Diana Lelonek "Kiel (Nach dem Abschmelzen der Arktis)", Stadtraum Kiel, 2024
Foto: Hans Noffke

Diana Lelonek "Kiel (Nach dem Abschmelzen der Arktis)", Stadtraum Kiel, 2024

 

Francis Bacon in London

Neben der Darstellung deformierter Körper in eng konstruierten Räumen hat der britische Maler Francis Bacon (1909–1992) zahlreiche Porträts geschaffen. Er habe immer versucht, "die Leute so umzuformen, dass ihre Ausstrahlung deutlich wird", hat er einmal gesagt, "ich kann sie nicht buchstäblich abmalen". Mit über 55 Bildern aus 40 Schaffensjahren erkundet die Ausstellung in der National Portrait Gallery in London seine Verbundenheit mit dem Genre. Von der Kunstgeschichte – etwa von Velázquez – inspirierte Porträts sind ebenso zu sehen wie Selbstbildnisse des Künstlers und Porträts aus dem Freundeskreis, von Lucian Freud oder Isabel Rawsthorne. 

Francis Bacon "Human Presence", National Portrait Gallery, London, bis 19. Januar 2025

Francis Bacon "Head of Boy"
Foto: Prudence Cuming Associates Ltd. Private Collection © The Estate of Francis Bacon, DACS/Artimage 2024

Francis Bacon "Head of Boy", zu sehen ab 10. Oktober in der National Portrait Gallery, London

 

Haegue Yang in London

Die Environments der Südkoreanerin Haegue Yang schaffen immersive Erfahrungen, die Themen wie Arbeit, Migration und Vertreibung beleuchten. Ihr Werk umfasst ein breites Spektrum an Medien – von der Papiercollage über performative Skulpturen bis hin zu riesigen Installationen aus Jalousien. In einer Soloschau in der Londoner Hayward Gallery sind Schlüsselwerke aus zwei Jahrzehnten zu sehen, neben älteren Licht- und Soundskulpturen auch eine Reihe ganz neuer Produktionen. 

Haegue Yang "Leap Year", Hayward Gallery, London, bis 5. Januar 2025

Haegue Yang "The Randing Intermediates - Underbelly Alienge Duo", 2020
Foto: © Haegue Yang

Haegue Yang "The Randing Intermediates - Underbelly Alienge Duo", 2020, zu sehen in der Hayward Gallery in London

 

Die Arte-Povera in Paris

Die Kuratorin Carolyn Christov-Bakargiev ist eine Enthusiastin und Expertin der Arte povera – und jetzt, wo sie nicht mehr dem Museum Castello di Rivoli in Turin vorsteht, hat sie auch endlich Zeit, sich dieser in den späten 1960er-Jahren in Italien entstandenen Bewegung ausführlich zu widmen.

Das Ergebnis ist eine große Arte-povera-Schau im privaten Pariser Ausstellungshaus Bourse de Commerce. Passend zu der Hinwendung der Kunst zur Natur, soll die Ausstellung wie eine Landschaft gestaltet sein, durch die man schreiten kann, um die poetische Kunst der Bewegung zu entdecken.

Rund 250 Werke werden gezeigt, teils stammen sie aus der Sammlung des Hausherren François Pinault, teils sind es Leihgaben aus öffentlichen und privaten Sammlungen. Zwölf Künstler und eine Künstlerin, die Kunstgeschichte geschrieben haben, stehen im Zentrum der Ausstellung: Giovanni Anselmo, Alighiero Boetti, Pier Paolo Calzolari, Luciano Fabro, Jannis Kounellis, Mario Merz, Marisa Merz, Giulio Paolini, Pino Pascali, Giuseppe Penone, Michelangelo Pistoletto, Emilio Prini und Gilberto Zorio. Sie alle, meint Christov-Bakargiev, hätten damals ein ungewöhnlich freies, undogmatisches OEuvre geschaffen, das den Betrachter in das Werk miteinbezieht. 

Erde, Kartoffeln, Salat, Wasser, Kohle, Bäume, dazu Glühbirnen, Holzbalken, Neonröhren: Mit diesen damals in der Kunst ungewöhnlichen Materialien lösen die Werke "Ströme physischer, chemischer und sogar psychischer Energie aus und greifen auf Begriffe wie Erinnerung und Emotion zurück, um ihre Betrachter zu fesseln", so Christov-Bakargiev. Wie einflussreich die Arte povera war, verdeutlicht die Ausstellung außerdem mit einer Auswahl von Werken von Jimmie Durham, Otobong Nkanga, Pierre Huyghe und anderen.

"Arte Povera", Bourse de Commerce, Paris, bis 20. Januar 2025

Giulio Paolini "L’invenzione di Ingres", 1968
Foto: Mario Sarotto, Pinault Collection, courtesy of the Fondazione Giulio e Anna Paolini

Giulio Paolini "L’invenzione di Ingres", 1968 


Hans Josephsohn und Albert Oehlen in Paris

Hans Josephsohn hat zahlreiche zeitgenössische Künstler inspiriert, darunter Ugo Rondinone, Thomas Schütte, Rebecca Warren und Thomas Houseago. Aus dem reichen Gesamtwerk des 2012 in Zürich verstorbenen deutschsprachigen Bildhauers hat der deutsche Künstler Albert Oehlen nun im Pariser Museum für moderne Kunst der Stadt Paris die erste Retrospektive in Frankreich gestaltet. 

Ihn habe bei der Auswahl der Werke vor allem die "Illustrierung des Schaffensprozesses von Josephsohn interessiert, seine Auseinandersetzung mit dem Material, seine unermüdliche Erforschung der Form", sagte Oehlen der Deutschen Presse-Agentur. Der Bildhauer hat zeitlebens unbeirrt lebens- oder überlebensgroße Figuren und Büsten geschaffen: wuchtige, zerklüftete Massen aus Gips und Messing, wobei nur die Grundform des Körpers zu erkennen ist. Josephsohn sei immer von einem lebenden Modell ausgegangen, was in seinen teils zu Stelen reduzierten Gestalten und skizzierten Gesichtern nicht unbedingt erkennbar sei, erklärte Oehlen. Und das fasziniere ihn an seiner Kunst. 

Josephsohn, am 20. Mai 1920 in Königsberg geboren, einst die Hauptstadt Ostpreußens, stammte aus einem jüdischen Elternhaus. Vor dem Antisemitismus in Deutschland floh er zunächst nach Italien, bevor er sich Ende der 30er Jahre in der Schweiz niederließ und Schweizer Staatsbürger wurde. Oehlen ist ein Sammler von Josephsohn und wohnt in der Nähe von St. Gallen, wo 2003 das Kesselhaus Josephsohn eröffnet wurde, mit ständig wechselnden Werken des Bildhauers.

Das Pariser Museum gegenüber dem Eiffelturm widmete Oehlen 2009 die erste umfangreiche Ausstellung in Frankreich. Derzeit stellt die Kunsthalle in Hamburg die "Computerbilder" des 70-Jährigen aus. Die Pariser Schau ist bis zum 16. Februar unter dem Titel "Josephsohn vu par Albert Oehlen" zu sehen. (dpa)

"Josephsohn vu par Albert Oehlen", Musée d'Art Moderne de Paris, Paris, bis 16. Februar

"Josephsohn vu par Albert Oehlen", Installationsansicht Musée d'Art Moderne, Paris,, 2024
Foto: dpa

"Josephsohn vu par Albert Oehlen", Installationsansicht Musée d'Art Moderne, Paris,, 2024


Der räumliche Blick in Salzburg

1989 prägte der Geograf Edward Soja den Begriff "Spatial Turn", der später die Kultur- und Sozialwissenschaften stark beeinflusste. Gemeint ist ein verstärkter "räumlicher Blick", der soziale Phänomene in ihrer Komplexität besser verstehen hilft. In einer Sammlungsaus­stellung am Salzburger Mönchsberg wird die Idee des von Menschen gestalteten Raums in den Fokus gerückt, aber auch der imaginäre "Raum in unseren Köpfen" spielt eine wichtige Rolle. Gezeigt werden Werke von unter anderen Günter Brus, Sylvie Fleury, Bruno Gironcoli, Renée Green, Marjetica Potrč, Martha Rosler, Martin Walde und Stephen Willats. 

"Der Raum in unseren Köpfen", Museum der Moderne/Mönchsberg, Salzburg, bis 23. März 2025

Eva Kotátková, aus der Serie "Controlled Memory Loss", 2010
Foto: Museum der Moderne Salzburg

Eva Koťátková, aus der Serie "Controlled Memory Loss", 2010