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Wohin am Wochenende?

Die Kunst der Woche in Chemnitz, Gera, London, Luxembourg, New York, Paris und Wien

Best-of der Sammlung Gunzenhauser in Chemnitz

Auf dem Weg ins Kulturhauptstadtjahr lässt das Chemnitzer Museum Gunzenhauser tief in seine weltweit gefragte Sammlung blicken. Anliegen sei es, wichtige Hauptwerke zu präsentieren und Kunst weitgehend für sich sprechen zu lassen, sagte Museumsleiterin Anja Richter der Deutschen Presse-Agentur. Schwerpunkte der "Best of"-Schau, die seit letztem Sonntag an Besuchern offen stehe, lägen auf der Kunst der Neuen Sachlichkeit und dem deutschen Expressionismus. Dazu ist eine ganze Etage dem Werk von Otto Dix gewidmet. Auch die Expressionisten nehmen großen Raum ein vor allem mit Malerei und Grafik von Gabriele Münter und Alexej von Jawlensky.

Das Museum gehört zu den Kunstsammlungen Chemnitz und beherbergt in einem früheren Bankgebäude die Sammlung des Münchner Galeristen Alfred Gunzenhauser. Sie umfasst den Angaben nach mehr als 3.000 Arbeiten von 270 Künstlern und Künstlerinnen vor allem aus der Zeit um 1900, dem Expressionismus, der Neuen Sachlichkeit und der Abstraktion im 20. Jahrhundert. Allein 380 Werke stammen von Dix, weitere Schwerpunkte bilden das Schaffen von Jawlensky sowie Arbeiten von Münter, Willi Baumeister, Conrad Felixmüller, Serge Poliakoff, Uwe Lausen und Johannes Grützke.

In der neuen Schau werden auch das kleinste, das größte und das bislang am weitesten gereiste Werk der Sammlung gezeigt. Letzteres sei Münters "Landschaft mit Hütte im Abendrot", erklärte Richter. "Es wird am meisten ausgeliehen und am häufigsten angefragt." So sei es schon bis nach Los Angeles gereist. Immer wieder müssten Anfragen abgelehnt werden, um das Gemälde aus dem Jahr 1908 zu schützen. Die große Nachfrage erklärt sich die Expertin mit dem weltweit großen Interesse am Expressionismus.

In der neuen Ausstellung sind lmehr als 200 Kunstwerke zu sehen. In einem Raum geben die Mitarbeiter des Museums auch einen persönlichen Einblick auf ihre Favoriten der Sammlung. Zudem können Besucher ihre Lieblinge aus dem umfangreichen Gunzenhauser-Fundus küren. Denn nach den "Curator's favourites" wird in einem Jahr der Blick umgekehrt: In der Fortsetzung "Best of. Part II" werden die Favoriten der Besucher präsentiert. 

Mit der aktuellen Schau geht das Museum ins Kulturhauptstadtjahr 2025, sie steht bis Mitte März Besuchern offen. Chemnitz trägt im kommenden Jahr zusammen mit Nova Gorica in Slowenien den Titel Kulturhauptstadt Europas. Als großes Ausstellungsprojekt bereitet das Museum Gunzenhauser dazu eine Schau zu europäischen Realismusbewegungen in den 1920er und 1930er Jahren vor. Dazu sollen rund 300 Werke von mehr als 70 Leihgebern aus 20 Ländern gezeigt werden. Die Eröffnung ist für Ende April 2025 geplant. (dpa)

"Best of I: Curator’s Choice", Kunstsammlungen Chemnitz, Museum Gunzenhauser, bis 16. März 2025

Gabriele Münter "Landschaft mit Hütte und Abendbrot", 1908
Foto: László Tóth, courtesy of Stiftung Grunzenhauser, Chemnitz

Gabriele Münter "Landschaft mit Hütte und Abendbrot", 1908

 

Otto Dix in Gera

Die Stadt Gera widmet ihrem bedeutendsten Künstlersohn Otto Dix (1891-1969) eine umfassende Werkschau. In der spätbarocken Orangerie der Kunstsammlung sind rund 50 Gemälden sowie 35 Aquarelle und Zeichnungen aus allen Schaffensphasen des Malers und Grafikers zu besichtigen. Ergänzt wird die Präsentation der Originalwerke durch interaktive Medienstationen sowie originale Filmdokumente aus den 1920er und 1960er Jahren. Die Ausstellung "Otto Dix – Trau Deinen Augen" solle bis 2028 einen kulturellen Schwerpunkt mit bundesweiter Ausstrahlung in Ostthüringen setzen.

Der in Gera geborene Dix gilt als einer der bedeutendsten deutschen Maler des 20. Jahrhunderts. Sein Stil änderte sich über die Jahre immer wieder. In seiner künstlerischen Grundhaltung blieb er jedoch dem Realismus verpflichtet. Zudem gilt er als einer der wichtigsten Vertreter der Neuen Sachlichkeit der 1920er Jahre. In seinen Werken reflektiert er über die Herausforderungen seiner Zeit. In der Nazizeit wurde seine Kunst diffamiert. (dpa)

"Otto Dix - Trau deinen Augen", Orangerie, Kunstsammlung Gera, ab 4. Oktober

"Otto Dix – Trau Deinen Augen", Ausstellungsansicht Orangerie
Bodo Schackow/dpa

"Otto Dix – Trau deinen Augen", Ausstellungsansicht Orangerie

 

Sonia Boyce und Lygia Clark in London 

Die britische Künstlerin Sonia Boyce stieß in den 1990er-Jahren auf das außergewöhnliche Werk der Brasilianerin Lygia Clark (1920–1988). Jetzt werden in der Whitechapel Gallery die Werke beider miteinander in Verbindung gebracht. Die Ausstellung fokussiert auf das Partizipative, das dem Werk beider Künstlerinnen zu eigen ist. Kannte man bei Lygia Clark vor allem ihren poetischen, präzisen Formalismus, so ist sie jetzt als Künstlerin zu entdecken, die stark auf Interaktion mit dem Publikum gesetzt und sich mit Körperbeziehungen beschäftigt hat. 

Es wird um die Überschneidung im Werk der beiden Künstlerinnen gehen, aber auch um jeweils individuelle Interessen, wie bei Sonia Boyce die Auseinandersetzung mit Haar als Material und kulturelles Zeichen. Zuletzt ist Boyce' Multimediainstallation "We move in her way" von 2017 zu sehen, in der sie sich auf Lygia Clark bezieht – Interaktion erwünscht!

Lygia Clark "The I and the You" und Sonia Boyce "An Award Relation", Whitechapel Gallery, London, bis 12. Januar 2025

Lygia Clark "wearing Mascara Abismo com tapa olho (Abyssal mask with eye-patch)", 1968
Foto: Sergio Gerardo Zalis, 1986, courtesy of Associacão Cultural O Mundo de Lygia Clark

Lygia Clark "wearing Mascara Abismo com tapa olho (Abyssal mask with eye-patch)", 1968

 

 

Installationen und Performances in Luxembourg

1968 führten Aldo Tambellini und Otto Piene die elektromediale Installation "Black Air" in New York auf. Das zentrale Anliegen der Künstler war die Beteiligung des Publikums, das sich der immateriellen Energie bewusst werden sollte, die alles durchströme wie Atome unsere Körper. 

Im Casino Luxembourg wird die wegweisende Arbeit nun reaktiviert sowie durch Installationen und Performances heutiger Kunstschaffender ergänzt, etwa von Semiconductor (Ruth Jarman & Joe Gerhardt) oder der japanischen Dichterin und "kinetischen Philosophin" Ayako Kato. 

"Black Air", Casino Luxembourg, Luxembourg, 5. Oktober bis 5. Januar 2025, Eröffnung am 4. Oktober, 18 bis 22 Uhr

Ibrahim R. Ineke "Visualisierung der Installation von Aldo Tambellini und Otto Piene", 2024
Foto: Ibrahim R. Ineke

Ibrahim R. Ineke "Visualisierung der Installation von Aldo Tambellini und Otto Piene", 2024

 

Thomas Schütte in New York

Das New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) feiert den in Oldenburg geborenen Künstler Thomas Schütte mit einer großen Ausstellung. Die Retrospektive zeigt auf einer ganzen Museumsetage mehr als 100 Werke aus der jahrzehntelangen Karriere des 69-Jährigen - darunter Skulpturen, Zeichnungen, Drucke und architektonische Entwürfe. Schütte sei einer der "bedeutendsten derzeit arbeitenden Bildhauer", hieß es vom MoMA.

Schon vor der offiziellen Eröffnung der Ausstellung kam ein ganz besonders prominenter Besucher vorbei: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schaute sich die Schau an, als er wegen eines Gipfels der Vereinten Nationen in New York war.

Thomas Schütte, Museum of Modern Art, New York, bis 18. Januar 2025

Thomas Schütte "Vater Staat (Father State), 2010
Foto: Steven E. Gross, courtesy Thomas Schütte, Society (ARS), New York / VG Bild-Kunst Bonn

Thomas Schütte "Vater Staat (Father State), 2010

 

Berggruen-Meisterwerke in Paris 

In Paris lebten seine Künstler, in Paris hatte er seine Galerie: Nun kehren die von Heinz Berggruen gesammelten Werke der bedeutendsten Maler und Bildhauer des 20. Jahrhunderts in Frankreichs Metropole zurück. Mit knapp 90 Schlüsselwerken von Pablo Picasso, Georges Braque, Paul Klee, Henri Matisse, Alberto Giacometti und Paul Cézanne macht die Sammlungstournee des Berliner Museums Berggruen nun im Musée de l'Orangerie Halt. 

Unter dem Titel "Heinz Berggruen – Ein Kunsthändler und seine Sammlung" rückt die Ausstellung die Beziehung zu seinen Künstlern in den Mittelpunkt, vor allem die zu Picasso und Klee. Beide Künstler stellen mit jeweils über 40 und 20 Arbeiten den Hauptanteil der in Paris präsentierten Werke.

Paris war beruflich die wichtigste Station im Leben des gebürtigen Berliners Berggruen, der zu den bedeutendsten deutschen Galeristen und Kunstsammlern des 20. Jahrhunderts zählt. Im Jahr 1947 gründete er dort seine Galerie, die weltweit eine der bekanntesten für die Kunst der Moderne wurde. 1980 gab er sie auf, um sich ganz dem Sammeln von Werken einiger weniger Meister zu widmen. 

Seit Beginn der Sanierungsarbeiten des Berggruen-Museums in Berlin im Herbst 2022 ist die Sammlung auf Reisen. In Paris wird sie jedoch zum ersten Mal in diesem Umfang gezeigt. Die Wiedereröffnung des Berggruen-Musuems ist für 2025/2026 geplant. (dpa)

"Heinz Berggruen – Ein Kunsthändler und seine Sammlung", Museum Berggruen auf Tournee, Musée de l'Orangerie Paris, bis 27. Januar

Pablo Picasso "Grand nu couché" (Großer liegender Akt) in der Ausstellung "Heinz Berggruen – Ein Kunsthändler und seine Sammlung" in Paris
Foto: Sabine Glaubitz/dpa

Pablo Picasso "Grand nu couché" (Großer liegender Akt) in der Ausstellung "Heinz Berggruen – Ein Kunsthändler und seine Sammlung" in Paris

Gauguin in Wien

Kann man diesen Künstler noch bewundern oder sollte man ihn "canceln"? Mit einer neuen Ausstellung gibt das Kunstforum Wien Denkanstöße zu Paul Gauguin (1848–1903). Er ist heute umstritten. Seine Vorliebe für junge Mädchen aus den damaligen französischen Kolonien spiegeln sich in seinem Privatleben und in seinem Werk wider.

"Als Künstler ist Gauguin ein Titan", sagt die Direktorin des Kunstforums Wien, Ingried Brugger. Seit einiger Zeit sei er aber "der aktuelle "Bad Boy" der Moderne", betont sie. Der Franzose wird unweigerlich mit Vorwürfen von Kolonialismus, Rassismus und Sexismus assoziiert. Mit der Ausstellung "Gauguin: Unexpected" zeigt die österreichische Hauptstadt bis Januar 80 Werke aus unterschiedlichen Schaffensperioden des Künstlers. 

Gauguin sei ein Zivilisationsflüchtling gewesen, sagt Kuratorin Evelyn Benesch. Seine jungen Jahre verbrachte er in Peru - ein Sehnsuchtsort, den er später in Französisch-Polynesien immer wieder suchen wird. 

Mit 43 Jahren auf Tahiti angekommen, entwickelte er einen farbenfrohen Bildkosmos. Dabei zeigte er eine ambivalente Haltung: Er störte sich an der fortschreitenden Kolonialisierung der Region und soll ein Verfechter der Kultur und Traditionen der Einheimischen gewesen sein. 

Gleichzeitig genoss er die Annehmlichkeiten der französisch beherrschten Kolonie. "Gauguin war ein Kind dieser Zeit", sagt die Direktorin Brugger. Er lebte während seiner Aufenthalte mit vielen jungen Frauen im Alter von etwa 14 Jahren, und er malte sie auch. 

Das Schutzalter der Frauen in den französischen Kolonien lag damals bei 13 Jahren, somit waren sie nicht minderjährig, sagt Brugger. Das mag aus heutiger Sicht "ekelhaft" sein. Es war aber legal.

Einen Monat vor seinem Tod schrieb Gauguin: "Kritik ist unsere Zensur...". Seine Sehnsucht, der Zivilisation zu entfliehen und ins Paradies zu gelangen, blieb unerfüllt. Über sein Leben und seine Kunst diskutiert man noch heute. (dpa)

"Gauguin: unexpected", Kunstforum Wien, bis 19. Januar 2025
 

Paul Gauguin "Heugarben in der Bretagne", 1890
Foto: © National Gallery of Art, Washington Geschenk der W. Averell Harriman Foundation zum Gedenken an Marie N. Harriman

Paul Gauguin "Heugarben in der Bretagne", 1890