Amy Sillman in Bern
Sie zeichnet, schafft Animationsvideos, Druckgrafiken und plastische Objekte, schreibt kluge Texte über Kunst und Welt. Vor allem aber ist die 1955 in Detroit geborene Amy Sillman eine der wichtigsten US-amerikanischen Malerinnen. Ihre Werke sind von unablässiger Transformation, von Humor, Dialektik und dem Sinn für das Unvollkommene und Peinliche am Menschsein geprägt. Im Kunstmuseum Bern zeigt die Künstlerin ausgewählte Werkgruppen der vergangenen 20 Jahre und bringt ihre Kunst in einen Dialog mit der Museumssammlung.
"Amy Sillman: Oh, Clock!", Kunstmuseum Bern, bis 2. Februar 2025
Kaufhaus-Geschichte in Chemnitz
Das frühere Chemnitzer Kaufhaus Schocken ist seit 2014 Sitz des sächsischen Landesarchäologiemuseums. Für die Umnutzung vom Warenhaus zum Museum wurde es denkmalgerecht saniert.
Das Staatliche Museum für Archäologie in Chemnitz erinnert mit einer Ausstellung an seine frühere Nutzung als Einkaufstempel. Der Titel "Schocken, Merkur und Centrum. Arbeiten im Warenhaus" erinnert zugleich an die jeweiligen Betreiber des Gebäudes in den zurückliegenden Jahrzehnten. "Die Exponate erzählen von politischen Veränderungen, Enteignung und Mangelwirtschaft und spiegeln somit den Wandel zwischen 1930 und 1990 wider", teilte das Museum mit. Im Mittelpunkt stehen originale Bauteile, Verkaufswaren sowie Dokumente und Lebensgeschichten von Angestellten des ehemaligen Kaufhauses Schocken und nachfolgender Einrichtungen.
Das Chemnitzer Kaufhaus Schocken war Teil des früher in Sachsen agierenden Schocken Konzerns. Der Architekt Erich Mendelsohn (1887-1953) schuf nicht nur eine prägnante Fassade, sondern legte auch bei der Inneneinrichtung größten Wert auf modernes und qualitativ hochwertiges Design. "Generell war der Schocken-Konzern einer der modernsten Deutschlands. Durch ein ausgeklügeltes Preissystem und den Vertrieb von Produkten der Eigenmarken waren die Preise für die meisten Kunden erschwinglich", hieß es. Zudem habe der Konzern eine fortschrittliche Personalphilosophie verfolgt. Ein konzerneigenes Erholungsheim in Rautenkranz habe für Urlaub zur Verfügung gestanden.
Der Kaufhauskonzern wurde in der NS-Zeit 1938 in die Merkur Aktiengesellschaft überführt. Mitarbeiter von Konzerngründer Salman Schocken führten die Geschäfte weiter. Der jüdische Kaufmann musste vor den Nazis fliehen und den Konzern zu einem Ramschpreis verkaufen. Den Zweiten Weltkrieg überstand das Gebäude ohne größere Schäden. Ab 1965 diente es als Centrum Warenhaus im damaligen Karl-Marx-Stadt. Im Zuge der Sanierung nach der Wende hatte das Landesarchäologiemuseum dazu aufgerufen, Dokumente, Waren und Fotos aus der Kaufhaus-Zeit vorbeizubringen. Einige Objekte sind nun dauerhaft im Museum zu sehen, andere wurden nun für die aktuelle Schau zusammengestellt. (dpa)
"Schocken, Merkur und Centrum. Arbeiten im Warenhaus", Staatliches Museum für Archäologie, Chemnitz, bis 10. November
Selbstporträts in Halle
Mit einer ausschließlich aus Selbstporträts von Künstlerinnen und Künstlern bestehenden Ausstellung feiert die Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt ihren 20. Geburtstag. Die Schau "Wir sind Kunst" wird von Samstag an bis zum 17. November in den Stiftungsräumen in direkter Nachbarschaft zur Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle präsentiert. Zu sehen sind Selbstporträts von Neo Rauch bis zu Fern Liberty Kallenbach Campbell.
Bereits vor einiger Zeit seien 150 Stipendiatinnen und Stipendiaten sowie Akteure geförderter Projekte um Selbstporträts gebeten worden, hieß es. Die Bandbreite erstrecke sich von Malerei und Grafik über etwa Fotografie und Textilkunst. Die Ausstellung soll von Lesungen, Vorträgen und Konzerten begleitet werden, zudem gebe es Führungen.
Die 2004 gegründete Kunststiftung finanziert Projekte der Bildenden und Angewandten Kunst, Publikationen, darstellende Kunst, Film und interdisziplinäre Vorhaben, wie es hieß. Auch Ausstellungen, Galerien und Messeauftritte würden unterstützt, ebenso einzelne Künstlerinnen und Künstler über Arbeitsstipendien im In- und Ausland. (dpa)
"Wir sind Kunst", Kunststiftung Sachsen-Anhalt, Halle, 21. September bis zum 17. November
Francis Bacon in London
Neben der Darstellung deformierter Körper in eng konstruierten Räumen hat der britische Maler Francis Bacon (1909–1992) zahlreiche Porträts geschaffen. Er habe immer versucht, "die Leute so umzuformen, dass ihre Ausstrahlung deutlich wird", hat er einmal gesagt, "ich kann sie nicht buchstäblich abmalen". Mit über 55 Bildern aus 40 Schaffensjahren erkundet die Ausstellung in der National Portrait Gallery in London seine Verbundenheit mit dem Genre. Von der Kunstgeschichte – etwa von Velázquez – inspirierte Porträts sind ebenso zu sehen wie Selbstbildnisse des Künstlers und Porträts aus dem Freundeskreis, von Lucian Freud oder Isabel Rawsthorne.
"Francis Bacon: Human Presence", National Portrait Gallery, London, bis 19. Januar 2025
Otto Mueller in Münster
Mit der bewussten Auseinandersetzung mit der Kunstgeschichte ehrt der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) den Expressionisten Otto Mueller zu seinem 150. Geburtstag. Vom 20. September bis 2. Februar 2025 zeigt das LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster neben vier Werken aus der eigenen Sammlung auch 60 Stücke Muellers (1874-1930) aus privaten und öffentlichen Sammlungen aus Berlin, Frankfurt am Main, Wien und New York. Zu sehen sind aber auch Werke von Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938) und Otto Dix (1891-1969) sowie weiteren Vertretern der Künstlergruppe "Die Brücke".
Es sei die Aufgabe von Museen die Kunst der großen Expressionisten der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. "Aber das reicht nicht. Die heutige Sicht wirft neue Fragen auf. Wir laden ein zum Diskurs", sagte Museumsdirektor Hermann Arnhold bei der Vorstellung der Schau. Der Direktor des LWL, Georg Lunemann, sprach von einem Wendepunkt bei der Auseinandersetzung mit der Kunstgeschichte. Dabei zeigt die Schau einen kritischen Blick auf die romantisierende und stereotypierende Darstellung von Minderheiten wie den Sinti und Roma in Muellers Werk. Aber auch der deutsche Kolonialismus und die Rolle von Frauen werden in der Ausstellung thematisiert.
Nach Angaben von Kuratorin und Mueller-Expertin Tanja Pirsig zeigt die Schau auch einige neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu dem Künstler, wie den Einfluss von ägyptischer Kunst auf sein Schaffen.
"Otto Mueller", LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster, bis 2. Februar 2025
Henri Matisse in Riehen bei Basel
Das Museum Fondation Beyeler gibt Henri Matisse großen Raum und geht mit der aktuellen Ausstellung zudem neue Wege. Neben rund 70 Werken aus namhaften europäischen und amerikanischen Museen sowie Privatsammlungen will das Schweizer Museum den Entstehungsprozess der Werke in einem eigens konzipierten Multimedia-Raum anhand von Fotos und Filmen erlebbar machen. Es wurden zudem historische Fotografien und Wandbilder multimedial aufbereitet, um dem Publikum die ausgedehnten Reisen eines der bedeutendsten Vertreter der Moderne nahezubringen.
Matisse (1869–1954) habe eine bis dahin unbekannte Leichtigkeit in die Kunst gebracht, indem er die Farbe vom Motiv befreite und die Formen vereinfachte, so das Museum. Zu sehen sind Werke aus der Frühzeit um 1900 über die experimentellen Werke der 1910er Jahre, sinnliche Gemälde aus seiner Nizza-Zeit und der 1930er Jahren sowie die legendären Scherenschnitte des Spätwerks der 1940er- und 1950er Jahre.
Der Titel der Ausstellung entstammt einem Gedicht von Charles Baudelaire - "Einladung zur Reise". Matisse war unter anderem in Italien, Spanien, Russland, Marokko, Amerika und Tahiti unterwegs und ließ sich immer wieder von der Natur und der Kunst anderer Kulturen inspirieren.
Henri Matisse "Einladung zur Reise", Museum Fondation Beyeler, Riehen bei Basel, bis 26. Januar 2025
Sportmode als Designklassiker in Weil am Rhein
Wer nach der Fußball-EM und Olympia an Entzugserscheinungen leidet, findet im Vitra Design Museum vielleicht Trost, in der ersten Museumsschau über die Sportmarke Nike. Mit einem Fokus auf Nikes faszinierende Designgeschichte wird erzählt, wie aus einem lokalen Start-up eine globale Erfolgsmarke wurde. Ende der 1960er-Jahre begannen der Lauftrainer Bill Bowerman und sein ehemaliger Läufer-Schützling Phil Knight in der Kleinstadt Eugene, Oregon, mit ersten Turnschuhexperimenten.
Bei einem Frühstück im Jahr 1970, so will es die Legende, bekam Bowerman die Idee zur geriffelten "Waffle Sole": Er füllte Gummi in das Waffeleisen seiner Frau, und kurz darauf erblickte mit dem "Waffle Racer" der erste Nike-Sneaker das Licht der Welt. Ein handgemachtes Exemplar ist in der Schau ebenso vertreten wie der Entwurf des berühmten "Swoosh"-Logos von 1972, Innovationen wie die "Air"-Sohle aus den 1980ern oder aktuelle Forschungen zu Nachhaltigkeit und neuen Materialien. Nike ist die griechische Siegesgöttin – wie es zu der mythischen Verehrung von Sneakers und Sportmode in Popkultur und sozialen Medien kam, auch das will die Schau beleuchten.
"Nike: Form Follows Motion", Vitra Design Museum, Weil am Rhein, bis 4. Mai 2025
Robert Longo in Wien
Seine kraftvollen Kohlezeichnungen ziehen uns seit mehr als fünf Jahrzehnten in den Bann: Der US-Amerikaner Robert Longo geht von Fotografien aus, in denen sich Macht zeigt, sei es in der Natur, zeitgenössischen Politik oder Geschichte. Eine Reihe klassischer Longo-Zeichnungen sowie neue Werke sind nun in einer Soloschau in der Wiener Albertina Modern zu sehen. Auch hier ist die Paradoxie seiner sattschwarzen Bilder zu erleben, deren Motive zugleich real und unwirklich erscheinen.
"Robert Longo", Albertina Modern, Wien, bis 26. Januar 2025