Tipps und Termine

Wohin am Wochenende?

Die Kunst der Woche in Basel, Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg und Osnabrück


Doris Salcedo in Basel

Ursprünglich ist ein Palimpsest eine mehrfach beschriebene Pergamentrolle. Der frühere Text mag weggekratzt und überschrieben sein, aber er hat Spuren hinterlassen. Was bleibt von Menschen, die auf der Suche nach einem besseren Leben in Europa im Meer ertrunken sind? Ihnen widmet sich die Kolumbianerin Doris Salcedo mit einer großen Installation in der Fondation Beyeler. Seit Langem kreisen ihre Objekte und Skulpturen um Gewalt und Ausgrenzung. Nur konsequent, dass die Künstlerin mit „Palimpsest“ nun das Thema Flucht und Migration anpackt.

Doris Salcedo "Palimpset", Fondation Beyeler, Riehen bei Basel, bis 17. September 2023


Cameron Clayborn in Berlin

Der US-Amerikaner Cameron Clayborn schafft Skulpturen, die zwischen Massivität und Zerbrechlichkeit schwanken, die körperhaft und zugleich abstrakt wirken. Als Träger des Baloise Kunst-Preises zeigt er nun im Hamburger Bahnhof in Berlin seine erste Soloausstellung in Europa. Der 1992 geborene Künstler arbeitet mit Papier, Gipsdeckenfarbe oder Dämmmaterial, seine Praxis umfasst aber auch Zeichnung und Performance.

Cameron Clayborn "Nothing to be left", Hamburger Bahnhof, Berlin, bis 22. Januar 2023


Ungarische Avantgarde in Berlin

Die Berlinische Galerie setzt sich in einer neuen Ausstellung mit Künstlerinnen und Künstlern der ungarischen Avantgarde auseinander. Das Museum will nach eigenen Angaben erstmals umfassend den ungarischen Beitrag zur Klassischen Moderne in Berlin würdigen. Die Ausstellung "Magyar Modern" zeigt rund 200 Gemälde, Grafiken, Skulpturen, Fotografien oder auch Zeichnungen. Abgebildet wird eine Zeitspanne zwischen 1910 und 1933.

"Sie werden sich beim Rundgang sicherlich fragen: Warum kenne ich so viele Namen dieser großartigen Kunst nicht?", sagte Direktor Thomas Köhler. Das habe sicherlich vielfältige Gründe. "Aber ein wesentlicher dürfte auch sein, dass der Kalte Krieg dafür gesorgt hat, dass wir uns nicht hinreichend mit der osteuropäischen Moderne auseinandergesetzt haben."

Die Ausstellung zeigt Werke unterschiedlichster Stilrichtungen. Die Künstlerinnen und Künstler - "alle feste Größen der ungarischen Kunstgeschichte" - würden mit Hauptwerken gezeigt, die sie in ihrer Berliner Zeit geschaffen oder in der Stadt ausgestellt hätten, teilte das Museum mit. Dazu gehöre etwa die Gruppe "Die Acht" mit ihrer farbgewaltigen Malerei. Gezeigt werden beispielsweise auch Plakate, Pressefotos oder Kunst des Bauhaus-Mitstreiters Lászlo Moholy-Nagy. (dpa)

"Magyar Modern", Berlinische Galerie, Berlin, bis 6. Februar 2023


Hans Arp in Bremen

Mehr als 300 Gipsplastiken des deutsch-französischen Künstlers Hans Arp (1866-1966) sind ab Sonntag im Bremer Gerhard-Marcks-Haus zu sehen. Arp gilt als Mitbegründer des Dadaismus, sein Werk ist durch naturnahe und gerundete Formen gekennzeichnet. Für ihn habe Gips als Arbeitsmaterial im Fokus seines bildhauerischen Schaffens gestanden, teilte das Museum mit.

Alle ausgestellten Werke sind Leihgaben aus dem Besitz der Stiftung Arp. In Bremen werden sie zum ersten und letzten Mal zusammen gezeigt. Im nächsten Jahr soll der Bestand aufgelöst und weltweit an Museen als Schenkung gehen. Die Ausstellung "Die Firma Arp. Formenkosmos und Atelierpraxis" ist bis zum 29. Januar 2023 zu sehen. (dpa)

"Die Firma Arp. Formenkosmos und Atelierpraxis", Gerhard-Marcks-Haus, Bremen, ab 6. November bis 29. Januar 2023


Discovery Art Fair in Frankfurt am Main

Die Discovery Art Fair richtet sich ganz gezielt an Kunstliebhaberinnen und -liebhaber, die den niedrigschwelligen Kontakt zur Kunst schätzen. Künstlerinnen und Künstler sind an den Ständen anwesend, und die rund 120 Galerien bieten Werke "für die eigenen vier Wände" an. Darunter die Apollo Art Galerie aus Taipei, aber auch lokale Größen wie Barbara von Stechow. "Unser vornehmstes Anliegen ist dabei, einen Beitrag dazu zu leisten, mehr Menschen den Besitz von Kunst zu ermöglichen", sagen die Veranstalter. Bereits im fünften Jahr, hat Messechef Jörgen Golz inzwischen ein gutes Gespür für den Standort und seine Käuferinnen und Käufer entwickelt. 

Zusätzlich präsentiert die diesjährige Entdeckermesse mit der Sonderschau "Immersive Erfahrungen" ein Dutzend Positionen, in die man eintauchen soll: Skulpturen und Installationen, die neue experimentelle Möglichkeiten der Kunsterfahrung bieten. Besucherinnen und Besucher werden zur unmittelbaren Interaktion mit dem Werken eingeladen oder erleben, wie digitale und virtuelle Elemente mit der realen Umgebung verschmelzen. Etwa am Stand der Künstler TŘČ und TMŠ, die Originalgemälden der vergangenen Jahrhunderte zu zeitgenössischen Objekten weiterverarbeiten und den Prozess der Verwandlung als digitales Bewegtbild wieder in Museumsräume zurück übertragen. 

"Discovery Art Fair", Messe Frankfurt, Frankfurt am Main, bis 6. November

 


Marc Chagall in Frankfurt am Main

Die Frankfurter Kunsthalle Schirn zeigt eine wenig bekannte Seite des sehr bekannten Malers Marc Chagall (1887-1985). Die Ausstellung "Welt in Aufruhr" konzentriert sich auf die 1930er und 1940er Jahre, in denen sich die farbenfrohe Palette des jüdischen Künstlers verdunkelte. Die Schau beginnt an diesem Freitag und ist bis zum 19. Februar 2023 zu sehen.

Chagall sei einer der bekanntesten, aber auch verkanntesten Künstler der Moderne, sagte der neue Direktor der Schirn, Sebastian Baden, am Donnerstag. Seine Bilder würden meist mit Begriffen wie fantastisch und poetisch beschrieben - die Ausstellung zeige nun aber, dass in seinen Werken auch viel Tragik und Verzweiflung stecke.

Chagall wurde in Russland geboren, lebte aber die meiste Zeit seines fast 100-jährigen Lebens in Paris. 1941 emigrierte er aufgrund der Verfolgung durch die Nationalsozialisten in die USA, kehre nach dem Zweiten Weltkrieg aber nach Europa zurück. Die Ausstellung zeigt anhand von 60 Leihgaben aus aller Welt, wie die existenzielle Bedrohung durch die Nationalsozialisten seine Bilder veränderte. Außerdem werden Kostüme gezeigt, die Chagall in New York für zwei Ballett-Aufführungen entwarf.

Chagall habe "einige der eindrücklichsten Darstellungen zu den Themen Krieg, Flucht und Verfolgung der westlichen Kunstgeschichte" geschaffen, sagte Kuratorin Ilka Voermann. Mit der Ausstellung wolle die Schirn eine "Schieflage" in der Rezeption geraderücken. Der in sieben Kapitel gegliederte Rundgang beginnt beim Gemälde "Einsamkeit", das 1933, dem Jahr der Machtergreifung, entstanden ist. Es zeigt einen Juden, der vor einer rauchenden Stadt schützend eine Thorarolle hält. (dpa)

"Welt in Aufruhr", Kunsthalle Schirn, Frankfurt am Main, ab 4. November bis 19. Februar 2023


Graffiti-Kultur in Hamburg

Wie ist Hamburg eigentlich eines der Epizentren der Graffiti- und Hip-Hop-Szene in Europa geworden? Dieser Frage geht die neue Ausstellung "Eine Stadt wird bunt" im Museum für Hamburgische Geschichte von Mittwoch an nach. Anhand von fast 500 Exponaten - darunter Fotos, Texten, Skizzenbüchern, Sprühdosen, Zeitungen, Schallplatten und Magazinen - wird dabei vor allem die Zeit zwischen 1980 und 1999 aufgegriffen. Es wird erzählt, wie sich das graue, von Nachkriegsarchitektur geprägte Hamburg in eine bunte und diverse Stadt verwandelte, wie das Museum mitteilte.

Die Kuratoren sind Oliver Nebel, Frank Petering, Mirko Reisser und Andreas Timm - die Autoren des reich bebilderten und 2021 erschienenen Buchbandes "Eine Stadt wird bunt". Sie gelten als Urgesteine der Hamburger Hip-Hop- und Graffiti-Szene.

Zu den Highlights der Ausstellung gehören den Angaben zufolge zum einen die historischen S-Bahn-Sitze, auf denen die Besucherinnen und Besucher Platz nehmen können, sowie das originalgetreu rekonstruierte Zimmer eines fiktiven Hamburger Jugendlichen, der in den 1980er Jahren zum Sprüher wurde. Die Ausstellung wird bis Ende Juli 2023 zu sehen sein. (dpa)

"Eine Stadt wird bunt", Museum für Hamburgische Geschichte, Hamburg, bis 31. Juli 2023


Cemile Sahin und Andrzej Steinbach in Osnabrück

Zwei neue Einzelausstellungen setzen in der Kunsthalle Osnabrück das Jahresthema "Romantik" fort. Bei ihnen stehen vor allem die Themen Natur, gesellschaftlicher Rückzug, Nationalstaat und Individualismus im Vordergrund, teilte die Kunsthalle am Donnerstag mit.

Von Samstag an wird eine Einzelausstellung mit Werken der in Berlin lebenden Künstlerin Cemile Sahin gezeigt. Die Künstlerin setze ihre künstlerischen Schwerpunkte auf politische Ereignisse und deren Erzählung, hieß es. Ihre Arbeiten sind multimedial angelegt; Film, Skulptur, Text, Sound und Fotografie werden miteinander verbunden.

Die zweite am Samstag beginnende Einzelausstellung zeigt Arbeiten von dem ebenfalls in Berlin lebenden Andrzej Steinbach, der sich mit kultureller Symbolik, Geschichte, sozialer Praxis und deren Bedeutung für Individuen und ihre Identitätsbildung befasst. Für die Kunsthalle Osnabrück habe er eine neue Werkserie und Installation entwickelt, die Abschottung und Sicherheit als gesellschaftliche Phänomene und Bedürfnisse behandelt, hieß es. (dpa)

"Cemile Sahin. A Song of Tigris & Euphrates", Kunsthalle Osnabrück, Osnabrück, ab 5. November bis 5. März 2023

"Andrzej Steinbach. Verschont mein Haus, zündet andere an", Kunsthalle Osnabrück, Osnabrück, ab 5. November bis 5. März 2023