Coronabedingt können bestimmte Ticket-, Hygiene- und Abstandsregelungen gelten. Vor dem Ausstellungsbesuch empfiehlt sich deshalb ein Blick auf die jeweilige Institutions-Website.
Reale Gefühle in Basel
In der von Social Distancing geprägten Pandemie-Zeit werden menschliche Berührungen zur Seltenheit. Die britische Künstlerin Lucy McRae hat sich eine technologische Lösung für das Berührungsdefizit überlegt: Legt man sich in ihr aufblasbares, reaktives "Einsamkeits-Überlebens-Schlauchbot" ("Solitary Survival Raft"), so umschlingt einen die große Skulptur in einer sanften Umarmung.
Gemeinsam mit Arbeiten von 22 anderen internationalen Künstlerinnen und Künstlern ist McRaes zärtliches Bötchen nun in einer Gruppenausstellung im Haus der elektronischen Künste in Basel zu sehen, die sich dem Zusammenspiel von Technologien und Emotionen widmet. Die Grenzen zwischen Mensch uns Maschine scheinen schließlich immer weiter zu verschwimmen: Fitness Tracker zeichnen jegliche unserer Körperfunktionen auf, KI-Systeme lernen, menschliche Gesichtsausdrücke einzuordnen, wir behandeln Smart-Home-Geräte wie richtige Gesprächspartner, und scheinbar empathische Androiden ersetzen menschliches Personal in der Gesundheitspflege. "Real Feelings" will also Denkanstöße dazu liefern, wie Technologie unsere Gefühle schon heute beeinflusst und kontrolliert.
"Real Feelings - Emotionen und Technologie", Haus der elektronischen Künste, Basel, bis 15. November
Weite Ferne in Berlin
Das internationale Förderprogramm des Auswärtigen Amts richtet sich an Künstlerinnen und Künstler, die selbst aus dem Ausland stammen oder sich in ihrer Arbeit explizit mit globalen Themen beschäftigen. Für eine Gruppenausstellung vereint das Berliner Haus am Lützowplatz nun die 15 Stipendiatinnen und Stipendiaten, die seit 2016 mit dem Programm gefördert wurden.
Gezeigt werden Arbeiten von Said Baalbaki, Catherine Biocca, Yvon Chabrowski, Manaf Halbouni, Kerstin Honeit, Ali Kaaf, Ahmed Kamel, David Krippendorff, Andréas Lang, Beatrice Minda, Peles Empire, Yafei Qi, Henrik Strömberg, Susa Templin und Walter Yu. Der Ausstellungstitel "In weiter Ferne so nah" stammt übrigens von dem gleichnamigen Wim Wenders-Film aus dem Jahr 1993, der in der Zeit nach dem Mauerfall spielt.
"In weiter Ferne so nah: Artist in Residence-Programm 2016-2020", Haus am Lützowplatz, bis 8. November
Chaos und Aufbruch in Berlin
Das Märkische Museum in Berlin öffnet nach der Corona-Zwangspause mit einer großen Ausstellung zwischen Geschichte und Gegenwart wieder für das Publikum. "Chaos & Aufbruch - Berlin 1920|2020" hat zwei Ebenen. Eine Etage führt 100 Jahre zurück: Damals wurde Groß-Berlin gegründet, das für damalige Verhältnisse mit 3,8 Millionen Einwohnern zu einer Mega-City wuchs. Die zweite Etage blickt auf das Jahr 2020.
Zentrale Fragen: Wie kann Großstadt gelingen und wie wollen wir leben? Die Historie wird dabei mit der heutigen Zeit verbunden, bis hin zum aktuell brennendsten Thema der Stadt - Wohnen. Besucher lernen: Um 1920 waren die Mieten in Berlin die höchsten im Deutschen Reich. Eine Stadtwerkstatt soll Ideen zur Zukunft entwickeln. Die Ausstellung sei sehr groß, sagte der Direktor des Stadtmuseums, Paul Spies, am Dienstag. "Wir dachten, das ist ein Thema, das kann man nicht klein anfassen."
Zu sehen sind 100 historische Objekte sowie Interviewstationen und Inszenierungen. Erstmals werden private Aufnahmen des späteren West-Berliner Bürgermeisters Ernst Reuter gezeigt, als er als Magistrat 1929 nach Amerika reiste. Auch ein Küchenschrank von Bruno Taut (um 1930) und ein Hanomag-Cabrio (1925) gehören zur Ausstellung. (dpa)
"Chaos & Aufbruch - Berlin 1920/2020", Märkisches Museum, Berlin, bis 30. Mai 2021
Richter-Geschichte in Dresden
Emas Bluse und ein Fleck: In einer Ausstellung beleuchtet das Gerhard Richter Archiv Dresden erstmals die Zeit zwischen dem Dresdner Frühwerk des Künstlers und dem Beginn seines offiziellen Schaffens im Westen. Unter dem Titel "Gerd Richter 1961/62" sind bis Ende November teils unbekannte Dokumente, Fotos und Arbeiten im Albertinum versammelt. "Man weiß wenig über diese Zeit vor seinem eigentlichen Werk, er erzählt selbst nicht viel darüber", sagte Archivleiter Dietmar Elger am Freitag. Briefe an die DDR-Künstlerfreunde und Bildhauer Helmut Heinze und Wieland Förster machten sie "ungeschönt" erfahrbar.
Sie zeugen von seinen Stimmungen in den ersten Monaten im Westen, die er wiederholt mit einem lakonischen "es ist, wie es ist" kommentierte. Das Archiv hatte die beiden Konvolute 2008 und 2009 erworben und bearbeitet.
Nach seiner Flucht hatte sich Richter in Düsseldorf niedergelassen. Fotos, Skizzen, Presseberichte, Einladungskarten zu Ausstellungen und amtliche Schriftstücke geben Einblick in Leben und Arbeit des in Dresden geborenen und ausgebildeten Malers zwischen seiner Flucht Ende Februar 1961 bis zum als Nummer 1 katalogisierten Gemälde Tisch vom Dezember 1962.
In der kunsthistorischen Betrachtung wurde der Lebensabschnitt bisher kaum beachtet, sagte Elger, auch weil Richter fast alle damals entstandenen Bilder und Zeichnungen wieder zerstörte. Dabei sei er für die Entwicklung eines der wichtigsten Gegenwartskünstler, der sich bis 1964 Gerd nannte, von entscheidender Bedeutung. "Er führt in vielen Dingen zu seinem Werk hin, es deutet sich Vieles an, was er später formuliert". So habe er in Dresden etablierte figurative Bildmotive wie die Lesende von 1960 neu interpretiert und versucht, sich die informellen Stilrichtungen der westlichen Moderne anzueignen. Die Parallelität weise auf ein zentrales Element seiner späteren Malerei zwischen Figuration und Abstraktion.
Elger hat für die Schau auch alle fünf noch existierenden Gemälde dieser Zeit ausfindig gemacht, allesamt in Privatbesitz. "'Emas Bluse' war schon ein Mal in New York ausgestellt und 'Wunde 16' auch schon publiziert." Die drei anderen Bilder aber sind bisher unbekannt und nun erstmals öffentlich zu sehen: 'Fleck (Nr. X/73/61)', 'Sitzende' und 'Ohne Titel'. (dpa)
"Gerd Richter 1961/62", Albertinum, Dresden, 29. August bis 29. November
Migration, Demokratie und Freiheit in Lübeck
Mit seinem Projekt "Monument" - drei senkrecht aufgestellten Bussen vor der Dresdner Frauenkirche - erregte Manaf Halbouni bereits 2017 Aufsehen. Nun widmet die Kunsthalle St. Annen dem deutsch-syrischen Künstler seine erste museale Einzelausstellung.
Der in Dresden lebende politische Künstler reflektiert in Fotografien, Videoarbeiten, Grafiken, Gemälden und Installationen die unterschiedlichen Lebenserfahrungen zwischen der arabischen Welt und Europa, beschäftigt sich mit demokratischen Fragen und verarbeitet seine Erinnerungen an den syrischen Bürgerkrieg.
"Manaf Halbouni - Ostwind", Kunsthalle St. Annen, Lübeck, 29. August bis 8. November
Enttäuschungen des Alltags in Osnabrück
Die Erfahrung von Ungleichheit, stereotype Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit oder kulturelle Fehlinterpretationen: In einem großangelegten Ausstellungsprojekt widmet sich die Kunsthalle Osnabrück bis zum kommenden Februar den großen Enttäuschungen des Alltags. Zunächst drei Künstlerinnen und Künstler zeigten ihre Werke. Zu sehen sind Arbeiten von David Polzin, Jovana Reisinger und Rosalie Schweiker.
Später werden auch Arbeiten zweier weiterer Künstler gezeigt - für die Niederländerin Mickey Yang (25. Oktober bis 6. Dezember) ist es die erste Einzelausstellung in Deutschland. Außerdem werden Arbeiten von Aleksandra Domanović (13. Dezember bis 14. Februar) ausgestellt.
Enttäuschung mache sich immer dann breit, wenn sicher geglaubte Überzeugungen nicht mehr mit sich veränderten Perspektiven übereinstimmten. Die eigene Enttäuschung werde dann zum Spiegel gesellschaftlicher Zusammenhänge. Dieses Zusammenspiel wolle die Ausstellung deutlich machen.
Die Ausstellung ist die erste Schau des neuen Direktorinnen-Duos der Kunsthalle, Anna Jehle und Juliane Schickedanz. Beide sind seit Januar das Leitungsteam des Museums. (dpa)
"Enttäuschung", Kunsthalle Osnabrück, 30. August bis 14. Februar 2021
Urbane Kunst in Zwickau
Kleiner, aber genauso bunt wie in den vergangenen 15 Jahren: Das Streetart-Festival ibug (Industriebrachenumgestaltung) trotzt der Corona-Pandemie ab Freitag mit einer Sonderedition. Seit Anfang des Monats haben 20 Künstler aus ganz Deutschland einen leer stehenden Krankenstift in Zwickau in eine temporäre Ausstellung umfunktioniert.
Mit einem Mix aus Graffiti, Malerei, Illustration, Film, Multimedia und Design wollen die Organisatoren auch unter erschwerten Bedingungen die Vielfalt urbaner Kunst zeigen. "Gerade in diesem Jahr, wo kulturell so vieles ausfällt, braucht es so ein Angebot - für die Künstler und die Besucher", sagte Annemarie Riemer vom ibug-Team. Weil es deutlich weniger Künstler sind als sonst, ist der Eintritt für das Außengelände in diesem Jahr frei. (dpa)
"ibug 2020 - Festival für urbane Kunst", Zwickau, bis 30. August und 4. bis 6. September