Vor dem Brandenburger Tor haben sich am Mittwoch die Whistleblower Julian Assange, Edward Snowden und Chelsea Manning getroffen. Allerdings nur als Bronzeskulpturen, denn diese Begegnung ist in der realen Welt unmöglich. Julian Assange sitzt in Großbritannien im Gefängnis, Chelsea Manning in Beugehaft im US-Bundesstaat Virginia und Edward Snowden lebt im Exil in Russland.
Die Bronze-Statuen, die auf Stühlen stehen, gehören zum Werk "Anything To Say?" des italienischen Künstlers Davide Dormino. Er selbst nennt die Arbeit "Ein Monument für den Mut". Neben den drei Whistleblowern, die US-Kriegsverbrechen und Abhörtechniken öffentlich gemacht haben, steht ein vierter Stuhl, der leer ist. Dieser soll eine Bühne für alle anderen sein, die ihre Meinung kund tun oder einfach neben Assange, Snowden und Manning stehen wollen.
Das mobile Monument, mit dem Davide Dormino um die Welt reist, stand am gestrigen Mittwoch auf Einladung der Partei Die Linke in Berlin. Die Intervention trug den Titel "Medien unter Beschuss" und positionierte sich nach Angaben der Partei gegen einen "Feldzug gegen Wikileaks und investigativen Journalismus". Neben den Linken-Politikern Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch war auch der Vater von Julian Assange, John Shipton, zur Solidaritäts-Bekundung für seinen Sohn am Brandenburger Tor gekommen.
Ärzte sehen Assanges Leben in Gefahr
Einem Reporter hatte Shipton kürzlich gesagt, dass er sich mit der bitteren Wahrheit anfreunden müsse, dass Assange "im Gefängnis sterben könnte". In dieser Woche haben 60 internationale Mediziner eine ähnlich düstere Prognose gestellt. Assange sei schwer erkrankt und müsse dringend in einer Klinik untersucht werden. Ansonsten sei das Leben des 48-Jährigen in Gefahr. Die Ärzte stützten sich dabei auf Augenzeugen-Berichte über einen Auftritt Assanges vor Gericht. Außerdem hatte der UN-Sonderbeauftragte für Folter berichtet, dass der Inhaftierte typische Anzeichen für "psychologische Folter" zeige.
Julian Assange, der mit seiner Plattform Wikileaks unter anderem Kriegsverbrechen der US-Armee öffentlich gemacht hatte, sitzt nach sieben Jahren Asyl in der ecuadorianischen Botschaft in London derzeit im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Ihm wird vorgeworfen, 2012 gegen Kautionsauflagen verstoßen zu haben. Die USA fordern seine Auslieferung, dort drohen ihm eine Anklage wegen Spionage und bis zu 175 Jahre Haft.
Edward Snowden, der die Ausspäh-Taktiken des US-amerikanischen Auslandsgeheimdienst NSA veröffentlicht hat, bezeichnete den Fall Assange als "Kriegserklärung gegen den Journalismus". Am Brandenburger Tor in Berlin gab es in diesem Jahr bereits mehrere Solidaritäts-Kundgebungen für Julian Assange. Im Mai hatte auch Künstler Ai Weiwei mitdemonstriert.