Altar am falschen Ort?

Welterbetitel des Naumburger Domes in Gefahr

Es ist ein Kunstwerk, das fast 500 Jahre nach seiner teilweisen Zerstörung wieder komplettiert wurde. Erst am Sonntag wurde in Altaraufsatz im Naumburger Dom eingeweiht - nun sorgt sein Standort gar für eine Debatte über den erst 2018 verliehenen Welterbetitel

Der Welterbetitel des Naumburger Domes könnte durch die Aufstellung eines jüngst eingeweihten Altars in Gefahr geraten. Der 1519 von Lukas Cranach dem Älteren geschaffene und später teils zerstörte Altaraufsatz war vom Leipziger Maler Michael Triegel vervollständigt worden und ist seit dem Wochenende im Westchor zu sehen. Für diesen Ort war er einst geschaffen worden. Der Weltdenkmalrat Icomos sieht nun eine Auswirkung auf die wesentlichen Merkmale des Welterbes Naumburger Dom, wie die Staatskanzlei am Freitag mitteilte. Icomos rege an, eine andere Lösung zu suchen.

Die Vereinigten Domstifter teilten mit: "Auf Wunsch des Landes Sachsen-Anhalt sind die Vereinigten Domstifter bereit, die Zeitdauer der temporären Aufstellung bis zum 4. Dezember 2022 zu verkürzen, um danach eine Evaluierung des Vorhabens und seines Standortes durchzuführen." Ursprünglich sei es auf drei Jahre angelegt gewesen. Man lade nun alle Interessierten ein, sich vor Ort persönlich eine Meinung zu dem "Triegel trifft Cranach"-Projekt zu bilden.

"Es wird hier von einer temporären Aufstellung im Westchor ausgegangen", hatte es aus der Staatskanzlei geheißen. "Es ist darauf zu setzen, dass die Vereinigten Domstifter den Hinweisen von Icomos International Rechnung tragen und damit die Wahrung des Status als Unesco Weltkulturerbe in den Mittelpunkt ihrer Entscheidungen stellen". Sachsen-Anhalts Staatsminister und Minister für Kultur Rainer Robra (CDU) bedauerte die Situation. "Ich hoffe, dass die eingetretene Situation zu heilen ist", erklärte er. Das Land hat das Projekt gefördert.

Bis zur Weihe am 3. Juli habe die Diskussion zu dem Altar mit den Vertretern der Icomos-Gremien nur sehr theoretisch geführt werden können, teilten die Vereinigten Domstifter weiter mit. "Erst seit dem 3. Juli ist die Beurteilung von Sichtachsen etc. in der Realität möglich und daher transparent." Die Vereinigten Domstifter werteten das Icomos-Gutachten noch aus, eine Antwort werde Anfang kommender Woche an das Unesco-Welterbezentrum in Paris weitergeleitet.

Dem Direktor des Unesco-Welterbezentrums sei der Plan der auf drei Jahre befristeten Ausstellung des Altars am 3. März dieses Jahres schriftlich angekündigt worden. Nach den drei Jahren sollte das Altarvorhaben und sein Standort ausgewertet werden. Die Vereinigten Domstifter wiesen darauf hin, dass der Altar auch nach der Wiederherstellung dem Gottesdienst und ökumenischen Andachten dient.

Vom ursprünglich für den Westchor geschaffenen dreiflügeligen Altaraufsatz, Retabel genannt, sind nur die beiden Original-Seitenteile von Cranach dem Älteren erhalten geblieben. Sie waren bislang im Domschatzgewölbe ausgestellt. Das Mittelteil mit einer Darstellung der Gottesmutter Maria mit Kind war 1541 im Zuge einer bilderfeindlichen Aktion zerstört worden. Der Leipziger Maler Triegel hatte es neu geschaffen.