Innenarchitektur - das ist viel mehr als nur die passenden Vorhänge und eine schöne Wandfarbe auszuwählen. Doch wie sieht der Job eigentlich in der Praxis aus?
Simone Jüschke hat sich vor bald 20 Jahren als Innenarchitektin selbstständig gemacht. Im Job-Protokoll verrät die 45-Jährige, wie ihr Arbeitsalltag aussieht, wie es um die Zukunft ihres Berufes steht - und ob man dafür ein Ass in Mathematik sein muss:
Mein Weg in den Beruf:
Mein Vater war Handwerker, vielleicht habe ich daher eine gewisse Affinität zum Bauen und Gestalten von Räumen. Ich kann nicht genau erklären warum, aber in den letzten Schuljahren vor dem Abitur kam in mir der Wunsch auf, Innenarchitektin zu werden. Ein Interesse für Räume und Gestaltung hatte ich schon immer, es gab eigentlich keine Alternative.
Während des Studiums der Innenarchitektur gab es parallel die Möglichkeit, auch Architektur zu studieren. Ich habe in beiden Studienfächern den Abschluss gemacht, die Innenarchitektur aber ist meine Herzensdisziplin, das Bauen im Bestand meine Passion.
Der Berufsalltag:
Es ist ein sehr abwechslungsreicher Beruf. Das Zeichnen von Entwürfen und Versinken in Materialien ist nur ein Teilbereich der Arbeit. Die Gespräche mit Kunden und Firmen gehören ebenso dazu. Aber es gibt auch viel Büroarbeit. Ich muss Organisatorisches für die Baustelle klären, Rechnungen prüfen, Angebote einholen oder Leistungsverzeichnisse erstellen. Die einzelnen Arbeitsschritte auf der Baustelle müssen durchgeplant und in einen Ausführungsplan übersetzt werden.
Die Anforderungen:
Heute ist der Beruf der Innenarchitektin viel anerkannter als noch vor zwanzig Jahren. Die Menschen haben mehr Verständnis dafür, was Innenarchitektur bedeutet, und dass es nicht nur um hübsche Oberflächen, neue Wandfarbe oder Sofakissen geht. Es hat wirklich mit Bauen im Bestand zu tun.
In der Regel haben Innenarchitekten einen Masterstudium abgeschlossen. Innenarchitektin ist ein geschützter Berufsbegriff. Um sich bei der Architektenkammer eintragen lassen zu können, muss man mindestens zwei Jahre Berufserfahrung sowie ein gewisses Maß an Weiterbildungen nachweisen.
Für den Beruf ist es wichtig, dass man gerne mit Menschen arbeitet. Kunden, Handwerker, Mitarbeiter vom Bauamt oder aus der Denkmalpflege - es gibt in viele Richtungen den Bedarf, mit Leuten zu interagieren.
Ein gewisses räumliches Vorstellungsvermögen ist eine Grundvoraussetzung. Außerdem sollte man Spaß am Handwerk haben, an Farben, Materialien und all dem, mit dem wir uns beschäftigen, um Räumen eine Emotion und Wirkung zu geben. Die Angst von manchem interessierten jungen Menschen, man bräuchte für den Beruf sehr gute Mathekenntnisse, kann ich so nicht bestätigen.
Schöne und weniger schöne Seiten:
Von der ersten Idee bis zur Fertigstellung bieten wir alle Leistungsphasen an. Das ist einerseits sehr schön, weil man dabei ist, wenn die eigenen Entwürfe von Handwerkern umgesetzt werden. Ich mag die Interaktion mit den Menschen und finde es spannend, herauszufinden, was die Kunden brauchen und wollen. Diese Bedürfnisse dann in einem Raum umzusetzen, ist das Schönste am Beruf.
Wenn die Baustelle gut läuft, ist es erfüllend und toll zu sehen, wie die Handwerker zu Partnern werden und meine Ideen umsetzen. Denn am Ende ist es eine Teamleistung. Doch wenn es auf der Baustelle nicht rund läuft, kann das sehr herausfordernd werden. Wenn Firmen unzuverlässig sind, steckt da viel Potenzial für Ärger und Frustration.
Die Zukunftsaussichten:
Ich glaube, Innenarchitekten sind auch in Zukunft relevant, weil wir uns schon immer mit dem Bestand auseinandersetzen. Im Sinne der Nachhaltigkeit könnte der klassische Hochbau möglicherweise weniger werden, weil Neubauten weniger umweltverträglich sind als das Bauen im Bestand, also das Umnutzen oder Umbauen. Da sind wir die Spezialisten.
Um die Bauwende hinzubekommen, sollten aber alle Disziplinen zusammenarbeiten. Das Thema Nachhaltigkeit ist ein großes Thema. Da müssen wir viel angehen und sind aufgefordert, uns weiterzubilden und stets die neuen Entwicklungen mitzubekommen.
Gehaltsaussichten für Innenarchitektinnen und Innenarchitekten:
Die Einkommensaussichten für Innenarchitekten variieren auf Basis der Ausbildung, Berufserfahrung sowie des Beschäftigungsverhältnisses. Die Bundesagentur für Arbeit gibt im Entgeltatlas einen mittleren monatlichen Bruttoverdienst von 3763 Euro an. Der Median ist der Wert, der genau in der Mitte einer Datenverteilung liegt. Er gibt somit den Wert an, bei dem die Hälfte mehr verdient, die andere Hälfte weniger.