"Obwohl die Pandemie hart zuschlägt, konnte sie den kulturellen Dialog nicht verhindern", sagte Tretjakow-Direktorin Selfira Tregulowa am Montag zur Eröffnung. 15 Lastwagen hätten die rund 300 Arbeiten aus Berlin in die russische Hauptstadt gebracht, wo sie nun bis zum 13. März ausgestellt werden. Malerei, Skulptur, Video und New Media, Fotografie, Installation, Zeichnung und Objektkunst sollen eine Überblick über die internationale Kunstszene geben.
Zehn Künstler, darunter Henrike Naumann aus Deutschland, reisten zum Start der Schau an. In ihrer Arbeit "Ostalgie" setze sie sich mit Transformationserfahrungen nach dem Systemwechsel in Ostdeutschland nach dem Ende der DDR auseinander, sagte die Zwickauerin vor ihrer Installation aus Möbelstücken. Sie sei damals beim Mauerfall selbst erst fünf Jahre alt gewesen. Jetzt freue sie sich auf einen Austausch mit den Moskauern, die selbst damals den Übergang von Kommunismus zum Kapitalismus mitgemacht haben.
Die Ausstellung, die nach Moskau noch in Paris gezeigt werden soll, widmet sich auch in Russland umstrittenen Fragen wie Geschlechteridentität und dem Streben nach Freiheit. Wegen der gespannten deutsch-russischen Beziehungen war zeitweilig unklar, ob sie überhaupt zu sehen sein würde in Moskau. Die Stiftung für Kunst und Kultur hat die Ausstellung in Kooperation mit dem Petersburger Dialog konzipiert. Der Petersburger Dialog ist ausgesetzt, weil Russland mehrere deutsche Nichtregierungsorganisationen verboten hat.
Der deutsche Botschafter in Moskau, Géza Andreas von Geyr, nannte die Ausstellung einen Höhepunkt zum Abschluss des Deutschlandjahres in Russland, bei dem es rund 1000 Veranstaltungen gegeben habe. "Diese Ausstellung ist auch im hohen Maß ein Ergebnis guter und kluger deutsch-russischer Kulturbeziehungen", sagte der Diplomat laut einem vorab verbreiteten Redetext. Die Ausstellung zeige eine Vielfalt der Kultur und der Meinungen.
"Toleranz und Respekt, ohne beides funktioniert das kulturelle Europa nicht. Dies gilt für mein Land, wie für alle anderen, auch für Russland. Überall braucht Vielfalt Schutz", sagte der Botschafter. Es mache den Deutschen und anderen Europäern Sorgen, dass in Russland "Freiräume für zivile Organisationen und Freiräume für den wichtigen Austausch der Zivilgesellschaft über die Grenzen hinweg, auch mit uns, enger werden".