Dass die Venedig-Biennale nach halbwegs überstandenem Pandemiewinter während eines Krieges in Europa stattfinden würde, hätten sich noch vor einigen Monaten wohl nur wenige vorstellen können. Die deutlichste Spur des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine findet zwischen allem "Business As Usual" des Kunstzirkus beim Spaziergang durch die Giardini, denn der russische Pavillon bleibt in diesem Jahr leer.
Schon kurz nach dem Einmarsch russischer Truppen hatten der Künstler Kirill Savchenkov und der Kurator Raimundas Malašauskas erklärt, dass die politische Situation in der Ukraine sie dazu veranlasst habe, vom russischen Pavillon zurückzutreten - sodass sich die Frage, ob Russland formal ausgeschlossen werden solle, gar nicht mehr stellte. Die Biennale-Leitung hatte danach den künstlerischen Vertreterinnen und Vertretern der Ukraine ihre volle Solidarität und Unterstützung zugesichert.
Im Gegensatz zum russischen Pavillon wird der ukrainische Pavillon auch in diesem Jahr bespielt. Dort zeigt der Künstler Pawlo Makow eine Installation aus Trichtern, durch die Wasser fließt. Der ukrainische Zeichner und Bildhauer sagte der dpa in Venedig, "unser Schicksal wird an der Front entschieden, nicht hier". Er könne mit seiner Arbeit nichts für den Frieden erreichen. "Ich kann sie nur verkaufen und das Geld der Armee geben." Seine Arbeit bezeichnete Makow als "Metapher für Erschöpfung". "Das ist auch eine Verbindung zu den demokratischen Gesellschaften in dieser Zeit, weil sie nicht darauf vorbereitet sind, sich selbst zu beschützen." Sie könnten die Prinzipien nicht schützen, nach denen sie errichtet seien.
Botschaft aus Bildern aus dem Kriegsgebiet
Auch auf der zentralen Piazza in den Giardini hat die Biennale spontan auf den Ukraine-Krieg reagiert. Dort wurden Werke ukrainischer Künstlerinnen und Künstler zusammengetragen, in der Mitte thront ein Berg aus Sandsäcken, wie er aus vielen angegriffenen Städten zu sehen ist, um dort Kunstwerke zu schützen. Viele Werke kommen nach Angaben der Kuratoren Borys Filonenko, Lizaveta German und Maria Lanko, die auch den ukrainischen Pavillon gestaltet haben, von Kunstschaffenden, die in der Ukraine ausharren. Eine Botschaft aus Bildern aus dem Kriegsgebiet.
Die Kiewer Pinchuk Foundation zeigt im Begleitprogramm der Biennale statt der Gewinner des Future Generation Art Prize nun eine Auswahl an ukrainischer Kunst. Titel der Gruppenschau: "Dies ist die Ukraine. Freiheit verteidigen". Cecilia Aleman, Kuratorin der Biennale-Hauptausstellung, sagte am Mittwoch auf der Pressekonferenz, es sei angesichts des Krieges noch schwieriger, über den Sinn von Kunst nachzudenken.