Tobias Zielony ist ein über alle Grenzen hinweg agierender Chronist von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die er im öffentlichen oder halb öffentlichen Raum fotografiert. Zugleich leitet ihn ein fast journalistisches Interesse zu Orten, an denen zwielichtige Dinge passieren oder gesellschaftlich geduldete Ungerechtigkeiten. Prostitution, Gang-Milieu, die Unterkünfte von Geflüchteten.
Im Oktober 2016, nach Russlands Annexion der Krim, fuhr Zielony nach Kiew und lernte im Nachtleben junge Aktivistinnen und Raver kennen. Die neue Direktorin des Marta Herford, Kathleen Rahn, wollte seine Serie "Maskirovka" unbedingt noch einmal zeigen. Der Titel ist nach der russischen militärischen Tradition der verdeckten Kriegsführung und Täuschung benannt, aber auch nach den schillernden Styles der teils eskapistisch, teils sehr hellsichtig agierenden jungen Ukrainerinnen. Heute wirken sie wie Vorboten von etwas Unausweichlichem, das nur sie sehen konnten.
Statt in der neuen Situation Kiew noch einmal aufzusuchen, reiste Zielony für eine Zweikanal-Videoarbeit nach Estland an die russische Grenze und ließ junge Menschen, die er kennenlernte, durchs TV-Programm zappen und dabei ihre widersprüchliche mediale kriegerische Realität kommentieren.
In seiner neuen Arbeit "Wolfen" trifft Zielony auf ehemalige Mitarbeiterinnen der Filmfabrik Orwo, der wichtigsten der DDR. In der Zweikanal-Projektion geht es um die Arbeitsbedingungen in Dunkelheit und Kälte und um den Verdacht der Zwangsarbeit. Unbedingt sehenswert ist auch der Film "Hurd’s Bank", der auf Malta entstand. Vom Hafen aus filmt Zielony ein großes Offshore-Gebiet, in dem Tanker monatelang auf neue Aufträge warten oder Waren übernehmen, auch illegal.
Solche Recherchen sind gefährlich, eine Journalistin starb hier durch eine Autobombe. Der Text, den der Künstler über diese Situation verfasst hat, von einem Schauspieler sprechen ließ und über die ruhigen, flimmernden Bilder ferner Schiffe legt, zeigt eine neue Facette von Tobias Zielony als Autor.