Kunstmesse Stage Bregenz

Bühne frei für die Kunst

Die Stage im Bregenzer Festspielhaus ist eine Messe in besonderem Ambiente. Die Veranstalter haben offenbar große Pläne für den jungen Handelsplatz. Aber gerade die Übersichtlichkeit und die familiäre Atmosphäre sind ein Grund zu kommen

Einmal auf einer Opernbühne stehen? Die Kunstmesse Stage in Bregenz macht's möglich und bespielt auch in ihrer diesjährigen zweiten Auflage das gesamte Festspielhaus der Stadt. Ein ungewohntes Bild: die rot gepolsterten Zuschauerränge leer, das Publikum auf und hinter den Bühnen. Und die Kunst mittendrin in dieser schwarzen, theatralischen Szenerie, die ihr eine gehörige Portion Eleganz verleiht. 

Die Geräusche ringsherum werden von schweren Vorhängen geschluckt, machen Gespräche gefühlt intimer. Beinahe kommt man sich vor wie in einem Paralleluniversum, auf einer künstlerischen Geheimmission, abgeschottet vom Rest der Welt. Wer also mit Kunstmessen Orientierungslosigkeit, Reizüberflutung und viel Weiß assoziiert, wird hier – zumindest in Teilen – überrascht.

Das scheint vor allem der überschaubaren Größe des zeitgenössischen Kunstauflaufs geschuldet zu sein: In diesem Jahr gastieren 48 Galerien im Festspielhaus, die dort Werke von rund 140 Künstlern und Künstlerinnen präsentieren. Das ist für Käufer und Schaulustige noch gut zu bewältigen. "Letztes Jahr hatten wir 5500 Besucher, dieses Jahr erwarten wir 7000", sagt Leiter Renger van den Heuvel. In der Vierländerregion zwischen Österreich, Deutschland, Liechtenstein und der Schweiz sind bei der Stage vor allem auch diese vier Nationen vertreten. Hinzu kommen Galerien aus Italien, Frankreich, Ungarn, der Tschechischen Republik, Portugal, Rumänien und Kolumbien. Eine Balance aus regional und international – damit wirbt die Messe.

Die Schwellen von Realität und Performance

Mit ihrem Alter von gerade zwei Jahren ist sie noch jung, formbar. Darin sehen die Veranstalter ein großes Potenzial: Das Konzept Kunstmesse wollen sie neu denken, ihm einen twist verleihen. Und so zeichnet sich die Stage nicht nur durch ihre einzigartige Kulisse aus, sondern auch durch zwei separate, kuratierte Sektionen von Hana Ostan-Ožbolt-Haas und Camille Regli. Letztere bespielt die Seitenbühne mit den Werken von 14 Künstlern und Künstlerinnen, darunter Alfredo Aceto, Ulrich Erben und Gina Proenza. 

"Spectāre" hat sie ihre Abteilung genannt – vom lateinischen Wort für beobachten. Die Auswahl der Werke interagiert inhaltlich wie konzeptuell mit der Umgebung. Sie untersucht die Schwellen von Realität und Performance, Publikum und Akteur und vereint künstlerische Positionen, die sich mal mehr, mal weniger offensichtlich mit Performativität auseinandersetzen. Das Spektrum reicht von Videoarbeiten über Installationen bis zu Malerei, Fotografie und Skulptur.

Hana Ostan-Ožbolt-Haas widmet sich auf der Hauptbühne – dem Herzen des Hauses – den skulpturalen Werken von sieben Künstlerinnen. Unter dem Titel "Tensions" läuft die kleine Gruppenschau, in der weibliche Perspektiven auf Machtstrukturen gezeigt werden und die Materialisierung von politischen, sozialen und persönlichen Spannungen im Zentrum steht. Alle Künstlerinnen kommen ursprünglich aus Zentral- oder Osteuropa oder haben Verbindungen dorthin.

Bewusste Entscheidung für die "Neue"?

"Viele Länder aus diesen Regionen sind auf dem internationalen Kunstmarkt immer noch unterrepräsentiert", so die Kuratorin. Sie wolle diesen Kunstschaffenden bewusst eine Bühne bieten. Buchstäblich. Dazu gehören auch großformatige Arbeiten von Eva Koťátková und Doruntina Kastrati, die beide vergangenes Jahr auf der Venedig-Biennale ausstellten. Im Kopf bleiben besonders zwei Werkgruppen: die Wandteppiche "Doom Scroll Djinn" von Anna Ehrenstein, zusammengenäht aus Gebetsteppichen und Fake-Luxus-Stoffen, die sie auf Märkten in Kairo kaufte; und Andreia Santanas Gebilde aus Glas und schweren Eisenketten, die sich zwischen Schutz und Brutalität, Fetisch und Körperlichkeit zu bewegen scheinen.

Zeitgleich findet an diesem Wochenende auch die Kunstmesse Spark in Wien statt. Man könnte vermuten, dass diese terminliche Überschneidung der Stage als weniger etabliertem Projekt nur schaden könne. Mit Blick auf die vielen österreichischen Aussteller, die fast die Hälfte aller repräsentierten Galerien ausmachen, scheinen sich viele aber bewusst für die kleinere Messe im Westen des Landes entschieden zu haben. 

Ob das auch an Leiter Renger van den Heuvel liegt? Schließlich ist er ein big player in der österreichischen Kulturszene, hat viele Beziehungen in die Kunstwelt und war bis 2022 auch Geschäftsführer der Spark. Hört man sich um, scheint van den Heuvel tatsächliche eine große Anziehungskraft zu besitzen. Die Wiener Galerie Krinzinger, die auf beiden Messen vertreten ist, bestätigt, dass der Messedirektor ein Grund für die Entscheidung gewesen sei, auch nach Bregenz zu kommen. Man habe schon oft mit van den Heuvel zusammengearbeitet, gute Erfahrungen gemacht. Ähnlich sieht das die Galerie Crone, die neben Berlin auch eine Dependance in Wien besitzt und nur auf der Stage ausstellt.

Lokale Kunst im Fokus

Mitgebracht hat Crone Papierarbeiten von Otto Zitko und Ashley Hans Scheirl, dem Ende des Jahres eine große Werkschau im Belvedere 21 gewidmet wird. Es sind Werke, die sich im unteren Preissegment befinden, mit 1500 bis 2000 Euro sind sie relativ erschwinglich. 

Die weiße Koje der Galerie befindet sich, wie die meisten hier, auf der großen Werkstattbühne, die dann doch wieder klassischeren Messe-Charakter hat. Es sei wichtig, auf einer österreichischen Messe auch lokale Positionen zu zeigen, meint die Galerie.

Diese Überzeugung scheinen einige hier zu teilen, und so stechen besonders österreichische Künstler und Künstlerinnen ins Auge. Da finden sich ein Spiegeltisch von Eva Schlegel (Galerie Krinzinger) und fleischig anmutende Reliefs von Sophie Hirsch (Galleria Doris Ghetta). Aufgetrumpft wird mit einer Acrylarbeit auf Leinen von Anouk Lamm Anouk (Galerie Maximilian Hutz), die zwei ineinander verschlungene Lämmchen für 11.300 Euro abbildet, und einer Skulptur aus Golfhose und Stahlblechröhre von Erwin Wurm (Galerie Bachlechner) für 42.000 Euro.

"Die Stage zur bedeutendsten Messe Mitteleuropas machen"

Besonders gut gefällt die Selektion von drei Positionen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz in der Koje der Galerie Mathias Mayr. Während sich Adelheid Rumetshofers Gemälde jeglicher Gegenständlichkeit entziehen, an verschwommene Lichtschächte und das Schaffen von James Turrell erinnern, spielt Patric Sandri in seinen Arbeiten aus überlagertem Polyestergewebe mit Haptik, Farbe und Licht. Die scharfkantigen Stahlskulpturen von Hans Schüle bilden dazu einen interessanten Kontrast.

Ein bisschen internationaler Wind weht auch durch die Kojen der Liechtensteiner Galerie am Lindenplatz mit ihren poppigen Farben und skurrilen Sujets und der Mailänder Galerie 10 A.M. Art, die durch Werke mit reduziert-geometrischen und klaren Linien besticht. "Wir können aus dieser Messe die bedeutendste Messe Mitteleuropas machen", hatten die Veranstalter zu Beginn verkündet. Man kann hoffen, dass sich dafür gar nicht so viel ändern muss. Denn das macht die Stage einzigartig: ein familiärer, kleiner Rahmen und eine zauberhafte Location mit begrenztem Platz.