Sotheby's kauft Breuer-Gebäude in New York

Ein Symbol von Abschottung und Ausschluss

Das markante Breuer-Gebäude in New York hat wichtige Museen beherbergt, nun wird es Firmensitz des Auktionshauses Sotheby's und damit der Öffentlichkeit entzogen. Warum regt sich daran so wenig Kritik?

Das steinerne Marcel-Breuer-Gebäude auf der Madison Avenue scheint sich weiter nach vorne zu lehnen, als es eigentlich sollte. Es fordert seine Umgebung heraus. Kein gefälliges Haus, es ist kantig und dunkel. Und war mit diesen sperrigen Eigenschaften seit seiner Fertigstellung 1966 ein besonderer Ausstellungsort, als Sparringspartner für Postulate der Offenheit, freies Denken und kühne Ideen. Am aufregendsten vielleicht in Kombination mit der ganz jungen Kunst der alle zwei Jahre stattfindenden Whitney Biennale.

Das Whitney Museum blieb Eigentümer des Hauses, auch als es 2015 in den Meatpacking District umzog. Interimsweise nutzte das Metropolitain Museum das Gebäude und zeigte dort unter anderem eine Gerhard-Richter-Ausstellung. Auch hier ging das Zusammenspiel von Raum und Werk auf. Derzeit ist die Frick Collection Mieter, und solange die eigenen Räumlichkeiten am Central Park renoviert werden, sind hier die Alten Meister vortrefflich brutalistisch gerahmt.

Jetzt wurde bekannt, dass das Auktionshaus Sotheby's der neue Eigentümer des Breuer Buildings wird und 2025 seinen Hauptsitz von der York Avenue dorthin verlegt. Charles F. Stewart, Geschäftsführer von Sotheby's, nannte das Breuer-Gebäude "eine einmalige Gelegenheit, die wir uns nicht entgehen lassen konnten", und fügte hinzu, dass "der Standort für unsere Kundschaft nicht idealer sein könnte.“ Ganz gewiss werden hier auch wieder Gerhard-Richter-Werke, zeitgenössische Kunst und Alte Meister ein- und ausziehen. Aber genauso gewiss werden keine Besuchergruppen, Schulklassen oder Kunstreisende durch die Räume ziehen, die Sotheby’s-Asien-Chairman Alex Branczik schon sein new home nennt. Gutachten, Vorbesichtigungen, Auktionen – das ist hochsensibel, delikat, nichts für das große Publikum.

Öffentliche Gelder in einen Ort des Entertainment

Merkwürdigerweise gibt es dafür viel Applaus und wenig Kritik. Dabei wäre es sicher möglich, einfach mal nachzurechnen, wie viel öffentliche Gelder in das Gebäudedenkmal geflossen sind, das jetzt zum Ort des Entertainments einer sehr kleinen Gruppe von Menschen geworden und für die Öffentlichkeit verloren ist. Auch ohne allzu pathetisch zu werden, könnte man diese Rechnung einmal einfordern.

Bleibt abzuwarten, was mit den vermuteten 100 Millionen Dollar Kaufpreis geschieht. Ob es dem Whitney und damit dem Sammeln, Bewahren und Fördern der US-amerikanischen Gegenwartskunst zugutekommt? Die Verkäufer haben sicher Ideen, von denen ein Museumsbau die unglücklichste wäre.

Es sei "bittersüß", sagte Adam D. Weinberg, der Direktor des Whitney, über den endgültigen Abschied vom Gebäude der New York Times.  "Ich kenne jeden Quadratzentimeter des Gebäudes und halte es für eines der größten Kunstdenkmäler überhaupt. Es ist ein Meisterwerk der modernen Architektur." Das ohne Öffentlichkeit nun das wird, was es nie war: ein breitbrüstiger, abweisender Bunker, ein Symbol von Abschottung und Ausschluss.