Christopher Kulendran Thomas, Annika Kuhlmann, Ihre Ausstellung heißt "Ground Zero". Worauf bezieht sich dieser Titel?
Die tamilische Heimat Eelam, aus der Christophers Familie stammt, war fast 30 Jahre lang als autonomer Staat selbstverwaltet. Nach dem 11. September 2001 wandte sich die internationale Meinung jedoch gegen revolutionäre Bewegungen auf der ganzen Welt, die nationale Souveränität infrage stellten. Schließlich wurde Eelam vor zehn Jahren von der srilankischen Armee ausgelöscht. Weltweit wurden die Menschenrechte nicht nur zum Schutz der Unterdrückten und Entrechteten eingesetzt, sondern auch, um die imperialen Ambitionen der Nationen zu rechtfertigen, durch die die Menschenrechte durchgesetzt werden. Aber vielleicht liegt das Problem nicht beim Menschenrechtsbegriff, sondern bei der Kategorie "Mensch".
Eines der Schlüsselthemen in Ihrem Film "Being Human" sind die strukturellen Konsequenzen der zeitgenössischen Kunst. Können Sie das bitte erklären?
Auf die Gewalt folgte die wirtschaftliche Liberalisierung in Sri Lanka und damit auch ein neuer Markt für zeitgenössische Kunst. Fast über Nacht eröffneten die ersten Galerien, um in White Cubes eine Generation von Künstlern zu repräsentieren, die vom kunsthistorischen Kanon des Westens geprägt waren. "Ground Zero" zeigt Originalkunstwerke, die in Colombos einflussreichster Galerie gekauft und als Show-in-Show-Installation mit einem darauf projizierten Film installiert wurden – ein dreidimensionaler Hypertext, der uns auf eine elliptische Reise von der Colombo Art Biennale zum ehemaligen Gebiet von Eelam mitnimmt. Sri Lanka ist ein beschleunigter Mikrokosmos, der sichtbar macht, wie zeitgenössische Kunst an vorderster Front der globalen Prozesse funktioniert und die Städte auf der ganzen Welt verändert.
Anstatt Was-wäre-wenn-Szenarien zu erstellen, möchten Sie Maßnahmen ergreifen. Ihr Projekt "New Eelam" funktioniert als Start-up. Inwiefern sind die beiden, "New Eelam" und "Being Human", miteinander verbunden?
"Eelam" in Tamilisch bedeutet frei übersetzt "Heimat". "New Eelam" fragt, was ein selbstverwalteter Staat sein könnte, wenn er als verteiltes Netzwerk und nicht als territorial begrenzte Nation gedacht wäre. "New Eelam" ist ein langfristiges Kunstwerk in Form eines Immobilienunternehmens, das wir mit Kollegen initiiert haben, um eine neue Form des Wohnens zu entwickeln, die auf kollektivem Miteigentum basiert. Unser Ziel ist es, die Möglichkeiten zu erweitern, seinen Wohnort selbst zu bestimmen, unabhängig von der Staatsangehörigkeit.
Wie könnte die Rolle des Künstlers ein Vorbild für die Arbeit im Allgemeinen sein?
Kunst war schon immer gut darin, neue Lifestyle-Formate und neue Lebensweisen zu entwerfen. Jetzt, da immer mehr Jobs automatisiert werden, könnte die Zukunft mehr und mehr so aussehen, wie Künstler vorgehen, mit Menschen, die auf zunehmend flexible und kreative Weise arbeiten.