Der afrikanische Fotograf Samuel Fosso, geboren 1963 in Kamerun, macht Bilder über Bilder. Dabei eignet er sich Posen und Gesten an, schlüpft in Rollen, verkleidet sich, imitiert Bartformen, Frisuren und adaptiert für manche seiner Serien präzise den Bildaufbau berühmter Vorlagen.
So greift er etwa das Esquire-Cover vom April 1968 auf, das Muhammad Ali in Boxershorts als Heiligen Sebastian zeigt – inklusive Pfeilen in der Brust und im Oberschenkel. Erdacht hatten das Motiv der Art Director George Lois und der Fotograf Carl Fischer. Sie schufen eine Ikone, indem sie den zum Islam konvertierten Vietnamkriegsgegner – und daher gesperrten und vielfach kritisierten Sportler – als Märtyrer darstellten. Fosso verneigt sich in der Serie „African Spirits” unter anderem auch vor Martin Luther King, Malcom X und Angela Davis, die er alle irritierend glaubhaft verkörpert: "I had to pay tribute to those that set me free", so Fosso.
Die Walther Collection in Neu-Ulm, gegründet von dem ehemaligen Investment-Banker Artur Walther, besitzt einen Großteil von Fossos fotografischem Werk und brachte kürzlich gemeinsam mit dem Steidl-Verlag "Autoportrait" heraus, Fossos erste umfassende Monografie. Das aufwendig ausgestattete Fotobuch macht deutlich, dass der Künstler, der seit Mitte der 1970er Jahre seriell arbeitet, einen ganz eigenen Weg beschritten hat. Als sein Entdecker und Förderer darf der im letzten Jahr verstorbene Kurator und Documenta-11-Leiter Okwui Enwezor gelten, der als Herausgeber diesen Band noch prägen konnte.
Zweifellos gibt es hier eine gewisse konzeptuelle Verwandtschaft zu den Arbeiten Cindy Shermans, an die man sofort denkt, wenn es um das Spiel mit Identität und Geschlecht geht, um das Zitieren medialer Vorbilder. Aber während sich Sherman heute in Bad-Taste-Orgien versteigt und ihre Bilder digital verkitscht, agiert Fosso mit einer ästhetischen Strenge, die der klassischen Porträtfotografie verpflichtet bleibt. Fosso nutzt die Möglichkeiten der digitalen Bildbearbeitung kaum, und doch agiert er bei der Inszenierung seiner Selbstporträts wunderbar spielerisch, experimentell und eigenwillig. Oft sind die Ergebnisse alles andere als schön, er selbst nah an der Witzfigur, etwa wenn er sich als Pirat (mit einem Kleiderhaken als Handprothese) oder als Mao-Wiedergänger verkleidet. Aber als Künstler treibt ihn sichtlich nicht die Eitelkeit an, sondern die Suche nach neuen Ausdruckmöglichkeiten und Versionen seiner selbst.