Roni Horn im Louisiana Museum

Der Umweg zum Ich

Im Louisiana Museum im dänischen Humlebæk wird die mäandernde Arbeit von Roni Horn mit Ausschnitten aus der Filmgeschichte kombiniert. Dabei entsteht eine außergewöhnliche Schau über die Liebe zum Flüchtigen

Der Wind wühlt den Øresund nördlich von Kopenhagen auf. "Saying Water" hieß der Text, den Roni Horn just hier im Park des Louisiana Museums 2013 vorgelesen hat: "Water murmurs, water hushes, water rushes, water gushes, water burbles, water babbles, water gurgles … water sucks." Ihre große Affinität zum Wasser erklärt sich aus der Beschäftigung mit Dingen, die ihre Form verändern und wiederkehren.

Die brillant von Jerry Gorovoy kuratierte Ausstellung "The Detour of Identity" folgt selbst einer wellenförmigen Erzählweise, indem sie Roni Horns fotografische, zeichnerische und skulpturale Arbeiten immer wieder mit Ausschnitten aus filmhistorischen Meisterwerken kombiniert. Gorovoy zitiert aus dem Stummfilm "La Passion de Jeanne d’Arc" von Carl Theodor Dreyer aus dem Jahr 1928, aus Klassikern wie Hitchcocks "Vertigo" und "Psycho" oder Michael Hanekes Elfriede- Jelinek-Adaption "Die Klavierspielerin". 

Der Dialog mit Roni Horns Arbeiten ist produktiv, denn sie selbst bedient sich in ihrer künstlerischen Praxis immer wieder der Collagen. Die Ausstellung wird so zu einem ganz eigenen Kunstwerk, das die von Gorovoy und Horn geteilte Liebe zum flüchtigen Filmmedium zum Ausdruck bringt. In dieser spezifischen kuratorischen Ausrichtung bildet "The Detour of Identity" einen spannenden Counterpart zu der aktuell am Museum Ludwig in Köln gezeigten Retrospektive.

Was ist Identität?

Der Titel lässt erahnen, wonach wir in Roni Horns Arbeiten suchen können: im besten Sinne nach der eigenen Identität, immer aber über den Umweg eines anderen Ich, unseres Unterbewusstseins, einer Persönlichkeitsspaltung oder eines Doppelgängers. Was ist Identität? Kann ein Ich überhaupt mit sich selbst identisch sein? Und: Kann es nur eine sexuelle Identität geben, oder können in einem Körper auch mehrere Sehnsüchte, Triebe und Dränge nebeneinander existieren, sich sogar gegenseitig bedingen?
 
Roni Horns Werk kreist um diese Fragen schon seit vielen Jahren, und die Ausstellung lädt über den Umweg des Films dazu ein, sie erneut zu stellen.