Die Mitgliederliste der Rat Bastard Protective Association liest sich heute wie ein wild kuratiertes Westcoast-Museum: Wallace Berman, Jay DeFeo, Wally Hedrick, George Herms, Joan Brown, Jean Conner, Robert Branaman, Manuel Neri, Michael McClure. Sie alle kommen aus verschiedenen künstlerischen Richtungen – Beat-Lyrik, Funk, Assemblage, Action Painting, Performance, Kaltnadelradierung. Doch sie haben eines gemeinsam: Sie alle leben Ende der 1950er-Jahre in der Fillmore Street 2322, einem etwas heruntergekommenen Apartmentkomplex in San Franciscos Fillmore-Nachbarschaft, vom Beat-Dichter Michael McClure "Painterland" getauft.
"Lange Zeit hieß es nur: 'Bruce kommt, Bruce kommt'", erinnert sich Künstlerin Jay DeFeo später. Und tatsächlich: Am 1. September 1957 taucht der Künstler Bruce Conner mit seiner Frau Jean im Fillmore-Viertel auf. Sie ziehen zunächst für einige Wochen bei Michael und Joanna McClure ein, bevor sie – mangels freier Einheiten in Painterland – in eine Dreizimmerwohnung in der nahegelegenen Jackson Street ausweichen. Kaum angekommen, gründet Conner die Rat Bastard Protective Association, eine etwas sonderbare Vereinigung, zu deren Präsident er sich kurzerhand selbst ernennt.
Der Name der Gruppe (von der trotz prominenter Mitglieder wahrscheinlich die wenigsten bislang gehört haben) ist eine schräge Mischung aus einem Slangwort, das McClure in einem Fitnessstudio aufgeschnappt hat, und der Scavengers Protective Association, einem lokalen Müllentsorgungsunternehmen. Und ein bisschen Kunstgeschichte schwingt auch mit: Das Akronym RBP verweist auf die Präraffaelitische Bruderschaft des 19. Jahrhunderts, kurz PRB.
Eine Parodie auf Kunstwelt-Eliten
Die vermeintliche Exklusivität und Geheimniskrämerei der Gruppe ist natürlich eine Parodie – auf Kunstwelt-Eliten, Namedropping und das ewige Geklüngel, bei dem Beziehungen oft mehr zählen als Ideen. Oder in Conners Worten: eine Parodie auf die "Kunstwelt der In-Crowd". Zum engen Kreis der Rattenfans zählen mit der Zeit neben Berman, DeFeo, Hedrick, Herms, Brown, Conner, Branaman, Neri und McClure auch Jess Collins, Art Grant, David Haselwood, Robert LaVigne, Alvin Light und Fred Martin. Die Treffen finden häufig in der Fillmore Street statt – und werden schnell zu legendären Gelagen, irgendwo zwischen Kollektivtreffen, Performance und ausgelassener WG-Party.
Im Rückblick erzählt Conner in einem Interview: "Ich habe die Rat Bastard Protective Association gegründet und Briefe an Joan Brown, Manuel Neri, Wally Hedrick, Jay DeFeo, Art Grant, Fred Martin und ein paar andere Leute geschickt. Darin habe ich ihnen mitgeteilt, dass sie Mitglieder der Organisation seien und ich der Gründer und ihr Präsident – und dass sie gefälligst sofort ihren Mitgliedsbeitrag zahlen sollen. Das nächste Treffen sei am kommenden Freitag bei mir, und ab sofort würden wir uns alle drei Wochen versammeln." Die Verpflichtungen der (unfreiwilligen) Mitglieder sind überschaubar: ein symbolischer Mitgliedsbeitrag – den sowieso niemand bezahlt – und die Nutzung eines Stempels, der aus den Buchstaben RBP besteht, eine Art Siegel der Vereinigung.
Conner fordert die anderen Rat Bastards auf, diese Signtur auf ihre Werke zu setzen oder einfach ihre Initialen damit zu ergänzen. Der Stempel kann im Grunde überall landen: auf Menschen, Dingen, Orten. Wichtig ist eigentlich nur, dass die Rat Bastards kollektiv zustimmen. (Villa erinnert sich etwa an eine Kellnerin in einem Café im Viertel North Beach, die ohne zu zögern ihr Gesäß entblößt, um sich von Conner einen Stempel verpassen zu lassen.) Wie so vieles in Conners Werk ist auch der Stempel ein vielschichtiges Symbol. Die Kunsthistorikerin Anastasia Aukeman, Autorin des Buchs "Welcome to Painterland", beschreibt ihn als Zeichen der Zugehörigkeit, als ironische Form der Kommerzialisierung, als Ausdruck von Hybris – und schlichtweg als witzig. Vor allem aber dient er dazu, eine Gruppe von Künstlerinnen und Künstlern zu vereinen, die sich von der Mainstream-Kunstwelt entfremdet und von den Institutionen übersehen fühlt.
Zwischen Pinsel, Bier und Bongos
Dass heute überhaupt so viele Eindrücke aus der kurzen, flirrenden Zeit überliefert sind, ist vor allem einem Mann zu verdanken: Jerry Burchard. Der damals noch junge Fotograf und Student der California School of Fine Arts wird 1958 beauftragt, eine Serie von Porträts anzufertigen, die das Leben der Künstlerinnen und Künstler rund um Painterland festhalten soll.
Aus dieser Initiative entsteht eine Sammlung von mehr als 100 intimen Bildern – visuelle Studien, die weit über reine Dokumentation hinausgehen. Die Kunstkritikerin und Redakteurin des "Oakland Tribune", Miriam Dungan Cross, beschreibt die Fotografien später als "dramatische Aufnahmen" und "aufschlussreiche Studien der Kunstschaffenden und der Orte, an denen sie leben und arbeiten". Über das kreative WG-Experiment zeigt sie sich jedoch etwas erstaunt: "Alle Künstlerinnen und Künstler scheinen im selben Haus zu wohnen."
Zwischen 1957 und 1959 hält Burchard mit seiner Kamera das Geschehen innerhalb Painterlands fest. Er zeigt das gemeinschaftliche Leben, das improvisierte Nebeneinander von Kunst und Leben: Conners Assemblagen hängen von der Decke, während er an seinem heute verschollenen Werk "Bomb" (1959) arbeitet. Hedrick braut in seinem Wohnzimmer Bier oder posiert vor seiner Assemblage "His Master’s Voice" (1957), einer organisch-mechanischen Skulptur aus gefundenen Metallen. Carlos Villa sitzt mit einer Tasse Kaffee auf dem Boden, den Rücken an einen Stapel Holz gelehnt. Brown tanzt wild zur Musik der Studio 13 Jass Band – mit Hedrick an den Bongos und dem Direktor der California School of Fine Arts Douglas MacAgy am Schlagzeug.
Die Fotografien fangen intime Momente ein: den Kamin, die mit Kunstwerken überfüllten Wände, das enge Treppenhaus, das in den dritten Stock und aufs Dach führt. Einen behelfsmäßigen Schreibtisch, umgeben von Pinseln, Dosen, Leinwänden und Papieren. DeFeo erscheint mal mit farbverschmierter Kleidung in der Küche, einen Löffel in der Hand, mal in Stöckelschuhen und Seidenkleid, mit Zigarette und Drink, in einem Moment der Kontemplation. Auch die Werkzeuge der Künstlerin – eine Leiter, ein mit Farbe bedeckter Hocker – werden bei Burchard zu eigenen Bildsujets.
Direkt und kompromisslos
Stilistisch eint die Gruppe eine Nähe zur Assemblage, zur Collage, zur Reibung der Materialien. Alles ist erlaubt, solange es roh, direkt und kompromisslos ist. Statt Leinwand und Öl bevorzugen viele Rat Bastards Alltagsobjekte, Fundstücke, industrielle Abfälle.
Sie fertigen den Großteil ihrer frühen Werke aus Materialien, die sie in den verlassenen und bald dem Abriss geweihten viktorianischen Häusern des Fillmore-Viertels finden – darunter ausrangierte Konsumgüter, defekte Maschinen, Holzreste, Spitzentischdecken, Vorhänge, Tapeten und alte Kleidungsstücke. Die bewusste Verwendung gebrauchter und veralteter Materialien lässt sich als satirischer Kommentar auf gesellschaftliche Konformität verstehen – und als Rebellion gegen die Konsumgewohnheiten der Nachkriegszeit, den konservativen Mainstream der Eisenhower-Ära und die zunehmende Kommerzialisierung der Kunst.
Die Rat Bastard Protective Association ist gelebte Kollaboration. Conners Rolle in diesem Gefüge ist ambivalent: Er ist Impulsgeber, Selbstvermarkter, Querdenker im besten Sinne – aber auch jemand, der die Gruppe weniger anführt als inszeniert. Seine erste Arbeit, die im Kontext der Vereinigung entsteht, trägt den Titel "Ratbastard" (1958) und besteht unter anderem aus Holz, Leinwand, Nylon, Draht, Ölfarbe, Nägeln und einem zerfetzten Zeitungsausschnitt mit fotografischen Reproduktionen.
Das ist das erste große Ding seit Pollocks "Dripping"
McClure erinnert sich später in einem Interview daran: "Es sah aus wie eine Leinwand mit einem Griff dran. Da war er also, er trug diese furchtbare alte Armee-Jacke, und er schleppte dieses Ding mit sich herum – mit herausragenden Federn, Puppenköpfen, Peyote-Knöpfen. Ich fragte ihn: 'Bruce, was ist passiert?' Und er antwortete: 'Ich bin raus.' Als ich zum ersten Mal begriff, was er da machte, sagte ich: 'Das ist das erste große Ding seit Pollocks Dripping. Das ist das nächste große Ding.'"
Conner montiert Puppenköpfe, Federn, Nylon und Stoffreste zu dunklen, surrealen Objekten. Sein Werk "Rat Back Pack" von 1959, eine tragbare Assemblage mit Tierschädel, Lederriemen und der Aura eines apokalyptischen Fetischs, symbolisiert nicht nur seinen Umgang mit Fundmaterialien, sondern auch die Schnittstelle zwischen persönlichem Ausdruck, Trashkultur und kollektiver Selbstverortung. Seine Kunst ist nicht schön, aber präzise im Umgang mit dem Abseitigen – ein Prinzip, das viele Mitglieder der Vereinigung teilen.
Herms baut fragile Altäre aus weggeworfenen Dingen. Neri erschafft rohe, expressiv bemalte Gipsfiguren, Hedrick wuchtige Leinwände mit politischen Statements. Es entstehen Arbeiten, die zwischen Spiritualität und Dreck, Schönheit und dem Grotesken changieren. Auch die Verbindung zur Beat-Generation ist prägend. McClures poetische Präsenz, Bermans typografisch-ikonografische Kompositionen oder Conners Cut-up-Strategien im Film verweisen auf ein erweitertes Kunstverständnis, das Sprache, Bild und Aktion zusammendenkt.
"Wir haben die Ratte geradezu glorifiziert"
Es gibt ein Foto von Joan Brown, das die Künstlerin im November 1958 bei der Eröffnung ihrer Einzelausstellung in der Spatsa Gallery zeigt. Sie posiert darauf feierlich in einer Fellmütze und einem Mantel aus Waschbärenfell, den sie weniger als drei Jahre später, 1961, für ihre großformatige "Fur Rat" zerlegt. Die Assemblage-Kreatur ist eine raue, ziemlich furchteinflößende Verbeugung vor der Rat Bastard Protective Association: fast so groß wie ein Hund, aus Holz, Hühnerdraht, Gips, Schnur und Nägeln gefertigt. Brown erzählt, dass die Idee für die Skulptur aus einem Traum stammt: Eine Ratte mit langem, buschigem Schwanz sitzt auf ihrer Küchenspüle – und als sie das Tier streichelt, merkt sie, dass sich unter dem weichen Fell scharfe Nägel verbergen. Genau diese kleinen Gemeinheiten baut sie später auch in ihre Assemblage ein: spitze Nadelspitzen, gut versteckt im Pelz, von außen nicht zu erkennen. Aber wer die "Fur Rat" berührt, was ohnehin nur wenigen vergönnt ist, riskiert eine blutige Überraschung.
"Wir haben die Ratte geradezu glorifiziert", sagt Brown in einem späteren Interview. Aber auch nach dem Ende der Rat Bastards bleibt das Tier in ihrem Werk präsent. Als sie 1961 von der heimtückischen Ratte auf ihrer Küchenspüle träumt, befindet sich Brown in einem Moment des rasanten Aufstiegs in ihrer künstlerischen Karriere. Später deutet sie den Traum als eine beunruhigende Reaktion auf den Druck des Kunstmarkts – die unsichtbaren Nägel im Fell der Ratte könnten als Waffen verstanden werden, um sich gegen die Kommerzialisierung ihrer Arbeit zur Wehr zu setzen.
Interessanterweise wandelt sich das Symbol jedoch mit der Zeit: In ihrem 1970 entstandenen Gemälde "The Bride" erscheint die Ratte auf einmal gezähmt, mit Halsband und Leine, fast liebevoll geführt von einer Braut mit Katzenkopf. Aus dem unheimlichen Störenfried ist eine kontrollierbare Begleiterin geworden, ein stilles Echo auf frühere Widerstände – und vielleicht auch ein augenzwinkernder Kommentar auf den Umgang mit der Kunstwelt.