Mit etwas Glück hört man in der Retrospektive des 2010 mit 49 Jahren verstorbenen Rammellzee Besucher – Augenzeugen! – Geschichten erzählen: wie "Ramm" um 1980 in langen Fahrten im A-Train zwischen Manhattan und seinem Viertel Far Rockaway die Graffiti-Königsdisziplin "Wild Style" voranbrachte, wie er in der Spätphase mönchisch zurückgezogen Masken und Kostüme aus Müll und Spielzeug zusammenklebte. Und, schau, sein Rap-Auftritt im Rodeo!
Auch acht Jahre nach dem Tod des Hip-Hop-Pioniers, Graffiti-Writers und Künstlers ist er in seiner Heimatstadt in bester Erinnerung. Gemeinsam mit Jean-Michel Basquiat, Keith Haring, Kenny Scharf und Futura 2000 schlug er eine Brücke von der Straße zur Galerie. Seine Kunstauffassung, die von mittelalterlicher Kalligrafie bis Afro-Futurismus so viele Einflüsse in Musik, Kunst, Performance und Mode übersetzte, führte ihn zu einem Ideen- und Materialreichtum, die auch relevant sind in unserer digitalisierten Gegenwart, in der Bezüge und Netzwerke mehr Aufmerksamkeit erhalten denn je.
Die Schau im Ausstellungshaus von Red Bull leuchtet jeden Winkel dieses Universums aus: Über Telefone erzählen Gefährten wie Jim Jarmusch weitere Geschichten, Werke werden in Ultraviolettstrahlung getaucht, Videos zeigen den Zeremonienmeister in Aktion, und die dramatisch inszenierten Kostüme und Masken im Untergeschoss machen den Künstler auch in einer unmittelbaren Körperlichkeit präsent. Zugleich wird hier die Leerstelle, die er hinterlässt, umso spürbarer.