Der Eigensinn, mit dem die junge Japanerin Yayoi Kusama sich im New York der 50er-Jahre entgegen allen Trends durchbiss, ist atemberaubend. Von Anfang an legte sie eine zweite Wahrnehmungsebene über die Wirklichkeit. Sie malte monochromatische, potenziell unendliche Netzstrukturen, die frühen "Infinity Net"-Bilder, trug sie durch ganz Manhattan in die Museen – und wieder zurück in ihr Studio, weil sich zu Zeiten des abstrakten Expressionismus niemand dafür interessierte.
In den 60er-Jahren kamen dann die Punkte dazu, die sie über Menschen, Objekte und Räume verteilte, manchmal in polizeilich aktenkundigen Sex-Happenings. Seit ihrer Jugend hatte Kusama unter Halluzinationen gelitten, aus ihrem eigenen, labilen System der Weltwahrnehmung entwickelte sie ein einzigartiges Raum- und Körpererlebnis für alle: "Wenn ich beispielsweise meinen gesamten Körper mit Punkten bemale und auch den Hintergrund mit Punkten versehe, ist das ein Akt der Selbstauslöschung."
Ihrer Idee, die ganze Welt mit einem Muster zu überziehen, liegt weniger ein egomaner Wahn als ein liebevoller und friedfertiger Gedanke von Gleichheit und Einheit zugrunde. Auf den ersten Blick mag die Turbovermarktung des Kusama-Looks von Laufsteg bis Museumsshop dazu nicht recht passen. Auf den zweiten aber schon: Nur Massenprodukte können helfen, die Welt endlich vollkommen durchzupunkten.