Ku-Klux-Klan-Bilder

Verschiebung von Philip-Guston-Schau sorgt für Aufruhr

Vier große Museen wollen eine Retrospektive des US-Malers Philip Guston verschieben, bis dessen Werk "klarer interpretiert werden kann". Durch die Kunstwelt geht ein Aufschrei. Doch es gibt auch Zustimmung

Die National Gallery in Washington, das Museum of Fine Arts in Boston, die Tate Modern in London und das Museum of Fine Arts in Houston wollen eine für dieses Jahr geplante Wander-Ausstellung mit Werken des US-amerikanischen Malers Philip Guston auf 2024 verschieben. Die Museen begründeten diesen Schritt damit, dass man "auf eine Zeit warten müsse, in der, wie wir glauben, die kraftvolle Botschaft der sozialen und rassischen Gerechtigkeit, die im Zentrum von Philip Gustons Werk steht, klarer interpretiert werden kann".

Die Museums-Leitungen bleiben eine Erklärung schuldig, was genau sie damit meinen, doch laut übereinstimmender Medienberichte soll es um die 24 Gemälde des Künstlers gehen, auf denen vermummte Ku-Klux-Klan-Figuren zu sehen sind. Nach dem Aufflammen der Anti-Rassismus-Proteste unter anderem der "Black Lives Matter"-Bewegung in diesem Jahr sorgen sich die Museumsleitungen offenbar, dass Gustons Bilder Gemälde als Verherrlichung des rassistischen Ku-Klux-Klans (KKK) gelesen werden könnten. "Es ist nötig, unsere Programmierung zu überdenken und neue Perspektiven einzubringen, um Gustons Werk zu präsentieren. Dieser Prozess wird Zeit brauchen", heißt es von den Museen weiter.

"Ku Klux Komix"

Philip Guston – Sohn jüdischer Eltern, die 1905 den Pogromen in Odessa zunächst nach Kanada entronnen waren, um schließlich in Kalifornien im Elend zu landen – war früh zum politischen Aktivisten geworden. 1933, als 20-Jähriger, malte Guston Ku-Klux-Klan-Mitglieder, die einen Fabrikstreik in Los Angeles gewaltsam brachen, und stellte die Serie in der Buchhandlung von Stanley Rose aus, einem Treffpunkt von Drehbuchautoren und Schriftstellern. Ein paar Klansmänner statteten dem Laden in Hollywood einen Besuch ab und schlitzten zwei seiner Bilder auf.

Anfang der 50er-Jahren verschwanden die Klankapuzen für mehr als ein Jahrzehnt unter Farbkompositionen, die Guston den Titel eines "abstrakten Impressionisten" eintrugen. Nach dem Ende seiner abstrakte Phase tastete sich der Maler von elementaren Formen erneut zu immer komplexeren Figuren vor, darunter auch wieder Ku-Klux-Klan-Gestalten. In den späten 60er-Jahren, auf dem Höhepunkt der Schwarzen Bürgerrechtsbewegung, gab der Künstler schließlich die Darstellung von Mitgliedern der rassistischen Gruppierung auf.

Die Ablehnung der KKK-Figuren in den Bildern fügte sich ein in die damals überwiegende Zurückweisung der figurativen Malerei, für die Guston heute vor allem bekannt ist. Noch vor seinem Tod 1980 revidiert der einflussreiche "Times"-Kritiker Robert Hughes allerdings seine verächtliche Einstellung zu den "Ku Klux Komix", und im Todesjahr des Malers rehabilitiert das San Francisco Museum of Art Philip Guston mit einer großen Retrospektive seiner figurativen Bilder.

"Banalität des Bösen"

Gustons Tochter Musa Maye sagte nun gegenüber "Artnews", dass sie über die Verschiebung der Retrospektive ihres Vaters – die erste nach 15 Jahren – zutiefst "traurig" sei. "Vor einem halben Jahrhundert fertigte mein Vater ein Werk an, das die Kunstwelt schockierte. Er hatte nicht nur gegen den Kanon dessen verstoßen, was ein bekannter abstrakter Künstler in einer Zeit besonders doktrinärer Kunstkritik malen sollte, sondern er wagte es auch, dem weißen Amerika einen Spiegel vorzuhalten und damit die Banalität des Bösen und den systemischen Rassismus zu entlarven, mit denen wir uns bis heute schwer tun."

Darby English, Professor für Kunstgeschichte an der University of Chicago, bezeichnete in der "New York Times" die Entscheidung als "feige" und "eine Beleidigung für die Kunst und die Öffentlichkeit". Mark Godfrey, ein Kurator an der Tate Modern in London, der die Ausstellung mitorganisiert hatte, schrieb auf Instagram, die Entscheidung sei "äußerst herablassend" für das Publikum, weil sie davon ausgehe, dass es nicht in der Lage sei, die Nuancen von Gustons Werken zu verstehen und zu würdigen.

Der afroamerikanische Künstler Trenton Doyle Hancock, der auch einen Essay für den Katalog zur Retrospektive beigesteuert hat, sagte "The Art Newspaper, Guston "behauptete, der Klan sei so amerikanisch wie Apple Pie. Er ist in den 1960er-Jahren nicht vor diesem sehr amerikanischen Diskurs geflohen, und das sollten wir auch jetzt nicht tun. ... Warum haben die Institutionen nicht bereits einen tiefen und abgerundeten kulturellen Rahmen für Gustons Politik der amerikanischen Weißen entwickelt? Diese Diskussion darüber findet unabhängig davon statt, ob Institutionen daran teilnehmen oder nicht."

Aber es gibt auch Stimmen, die die Verschiebung unterstützen: Darren Walker, Präsident der Ford Foundation und Teil des Museumsvorstands der National Gallery, schreibt in einem Statement: "Wer diese Entscheidung kritisiert, versteht nicht, dass sich der Kontext in den USA in den letzten Monaten grundlegend und tiefgreifend verändert hat, was Fragen von aufrührerischen und toxischen rassistischen Bildern in der Kunst betrifft, unabhängig von der Moral oder der Absicht des Künstlers, der sie geschaffen hat."

Insgesamt sollen in der Retrospektive etwa 125 Gemälden und 70 Zeichnungen zu sehen sein, wobei die endgültige Auswahl in jedem Museum anders ausfallen wird. Walker schreibt weiter, dass eine vor Jahren organisierte Ausstellung "im Lichte dessen, was sich geändert hat, neu überdacht werden, um sie in Echtzeit zu kontextualisieren... Wenn die vier Museen keinen Schritt zurücktreten würden, um diese Fragen anzusprechen, wären sie gegenüber dem, was im öffentlichen Diskurs über Kunst geschieht, taub geblieben."

Der Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz im Mai hat Massenproteste gegen systematischen Rassismus und Polizeigewalt in den USA und auch weltweit ausgelöst. Ein weißer Polizeibeamter hatte sein Knie fast neun Minuten lang in den Nacken des am Boden liegenden Mannes gedrückt - trotz seiner wiederholten Bitten, ihn atmen zu lassen.