NDR-Comedy-Serie

Für den "Tatortreiniger" ist der Kunstmarkt ein einziger Schwindel

In der neuesten Folge der NDR-Comedy-Serie muss der "Tatortreiniger" in einer Galerie putzen. Dass Bjarne Mädel dabei lernt, den Kunstmarkt zu verachten, ist schon okay. Doch leider folgt auch diese Kunstweltparodie einem ewiggleichen Schema, findet Daniel Völzke

Wann immer Gegenwartskunst es ins Unterhaltungsfernsehen schafft, muss es stets neu um die grundsätzlichsten Fragen gehen. Wie verwandelt sich ein Alltagsgegenstand durch Künstlerhand in ein Objekt, für das Sammler Millionen zahlen? Das Getue, der Jargon, die vermeintliche Gesellschaftskritik – ist das nicht alles Scharlatanerie? Und warum sind die Leute in der Kunstwelt alle so verdammt dünkelhaft? 

Die hochgelobte NDR-Comedy-Serie "Der Tatortreiniger" ist keine Ausnahme. In der Folge "Currywurst", die am Dienstag ausgestrahlt wird und jetzt bereits in der Mediathek läuft, muss Heiko "Schotty" Schotte (Bjarne Mädel), der Tatortreiniger, in einer Hamburger Galerie putzen. Dort hatte nämlich ein verkannter Maler eine Schießerei provoziert, die unschöne Blutflecke in dem aseptischen Raum hinterlassen hat. "Zum Glück ist den Exponaten nichts passiert", freut sich die anämische Galeristin (natürlich mit strenger Bobfrisur). Sie ist kalt und berechnend, spricht aber immerhin mit Schotty. Es folgt eine lange Auseinandersetzung mit dem Wert der Kunst, wobei durchaus richtige und kluge Dinge gesagt werden. 

Und doch: Es nervt! Das Fernsehen, das Klischees entlarven will, wird selbst zum Klischee, wenn es um Kunstmarktkritik geht: zum Anti-Kunst-Klischee mit ewiggleichen Bildern und Gags (Stichwort: "Ist das Kunst oder kann das weg?"). Natürlich hält die Galeristin, die anfangs Schotty mit einem Künstler verwechselt, dessen Putzmittel für ein Kunstwerk, während Schotty wiederum in einem Kunstwerk einen schnöden Erste-Hilfe-Kasten sieht. Vor über 100 Jahren hat Marcel Duchamp sein erstes Ready-made in einen Ausstellungsraum gestellt – aber die Welt kommt nicht drüber hinweg. Und natürlich betrügt die Galeristin am Ende, es ist nur eine kleine Schummelei, die aber das große Ganze als Riesenschwindel entlarvt. 

Nach diesem Muster funktionieren unendlich viele Parodien auf die Kunstwelt: Ein milieufremder Besucher mit "gesundem Menschenverstand" gerät zufällig in die Gummizelle namens White Cube und erkennt, dass der Kaiser angeblich keine Kleider trägt. Ähnliche Szenen gibt es in Werbespots, in "Beverly Hills Cop", "Ziemlich beste Freunde","Boogie Woogie" ...

Dabei böte die Kunstwelt mit ihren endlosen Binnendiskursen ein unglaubliches Reservoir an Comedy-Rohmaterial. Wie das geht, hat Trevor Noah in seiner "Daily Show" gerade gezeigt: Er zerlegt in drei Minuten auf megalustige Art ein paar Argumente der europäischen Kolonialismusdebatte. Und in Jan Böhmermanns Weihnachtsdrama reichen zwei Ai-Weiwei-Fotos an der Wand (der Künstler einmal als Selfiepartner à la Alice Weidel, einmal als toter Flüchtlingsjunge), um alles über moralischen Anspruch und Wirklichkeit des Festes zu sagen.

Schade, dass "Der Tatortreiniger" in einer der letzten Folgen der auslaufenden Serie ausgerechnet an der Kunst scheitert. Mach's gut, Schotty!