Eigentlich sollte der um dreizehn Arbeiten erweiterte Garten des Walker Art Center im Juni neu eröffnen. Dazu ist es nicht gekommen. Kurz vor der geplanten Eröffnung, hingen an dem Bauzaun, der eine geometrische, hölzerne Konstruktion umgab, bunte Banner und Plakate. "Take it down" stand auf ihnen, und "WTF WALKER". Zwischenzeitlich versammelten sich bis zu 100 Menschen vor dem Zaun, um zu protestieren.
Die hölzerne Skulptur ist eine Ansammlung von sieben Galgen. Zusammengesetzt hat sie der US-amerikanische Künstler Sam Durant. Diejenigen, die damit ein Problem haben, gehören dem Stamm der Dakota an. 1862 wurden 38 Angehörige des Stammes in der größten Massenexekution der Vereinigten Staaten erhängt. Die Arbeit von Durant erinnert in ihrer Größe und Anordnung auf den ersten Blick an die Galgenkonstruktion, die damals zur Hinrichtung aufgebaut worden war. Und: Man sieht es der Konstruktion zwar nicht an, aber dass einer der verwendeten Galgen tatsächlich 1862 zur Erhängung der Dakota diente, weiß in Minneapolis mittlerweile jeder. Das Werk trivialisiere die Geschichte des Stammes, es rühre an ihr Trauma, so der Vorwurf.
Nach tagelangen Protesten und der von hohen Dakota ausgesprochenen Aufforderung, "Scaffold" ("Schaffott") umgehend abzubauen, äußerten sich sowohl Sam Durant als auch die Direktorin des Walker Art Center, Olga Viso, betont reumütig und entschuldigend für die Platzierung der Arbeit. Man habe nicht mit einer derartigen Reaktion gerechnet und hätte früher das Gespräch suchen sollen. Durant hat mittlerweile das geistige Eigentum an der Arbeit an die Dakota abgetreten. In diesen Tagen wird die Konstruktion unter der Aufsicht von Mitgliedern des Stammes abgebaut.
Der Fall ist bezeichnend für eine Entwicklung der letzten Jahren, in deren Zuge immer häufiger moralische und politische Überlegungen gegen die Kunstfreiheit aufgewogen werden. Die aktuelle Ausgabe von Monopol (09/17) widmet diesem neuen Kulturkampf ein ausführliches Dossier unter dem Titel "Was darf die Kunst?"
So richtig einig, was genau sie mit ihren Galgen jetzt eigentlich machen wollen, waren sich die Dakota übrigens zunächst nicht. Ein Komitee verkündete zwischenzeitlich, die Konstruktion solle im Rahmen einer Zeremonie verbrannt werden. Ron Leith, ein Repräsentant der Dakota, sagte jetzt aber der "New York Times": "Mit Feuer kann man nichts zerstören. Menschen machen das die ganze Zeit, aber in unserer Tradition ist ein Feuer heilig, es hat sein eigenes Leben." Jetzt soll "Scaffold" an einem geheimen Ort in der Erde vergraben werden.