"Jaguars and Electric Eels" heißt die zweite Sammlungspräsentation der Julia Stoschek Collection in Berlin. So lautete auch der Titel der Aufzeichnungen Alexander von Humboldts über seine Orinoco-Expedition. Der Entdecker war gewissermaßen der "Erfinder der Natur", also jenes Konstrukts, das wir in Kunst und Philosophie gerade wieder zu überwinden versuchen: Was sehen wir, fragen die aktuellen Diskurse, wenn wir die Trennung von Kultur und Natur, die Teilung in "künstlich" und "natürlich", auflösen? Die Sammlerin Julia Stoschek, die vor allem Medienkunst und Video sammelt, schließt sich dem jetzt an, und es ist nicht selbstverständlich, dass Sammlungspräsentationen als Ausstellungen mit einem konkreten, auch noch komplizierten Thema bestehen.
Gerade die Mehrkanal-Installation scheint das am besten geeignete Medium zu sein, um diese Fragen zu erörtern: Wenn auf mehreren Screens gleichzeitig völlig verschiedene Sequenzen zu sehen sind – Dokumentarisches, Inszeniertes, Gefundenes –, reicht es oft aus, dass sie parallel zueinander laufen, damit sich daraus eine nonlineare Erzählung ergibt. Hier streift bereits die Präsentationsform die alten Unterscheidungen ab. Zu "verstehen" gibt es da oft erst mal nichts. Trisha Donnelly arbeitet so, auch Isaac Julien erzählt sein Nordpol-Epos "True North" auf drei Screens parallel. Vor allem aber sind die Arbeiten der jungen Künstlerinnen Anicka Yi und Guan Xiao unter diesem Aspekt spannend: Man könnte ihre Bilderwucherungen auch wie eine eigene Spezies sehen, deren Code noch nicht entschlüsselt ist und auf deren Erzählform die Sprache gerade erst zu reagieren lernt.
Dass Julia Stoschek Videokunst aus allen Jahrzehnten sammelt, macht das aktuell diskutierte Thema zugänglicher. Ana Mendietas flammende Figur von 1976 etwa oder "Swamp" von Nancy Holt und Robert Smithson (1971). Im ersten großen Raum im Erdgeschoss zwei späte Arbeiten der großen Sturtevant: Der rennende Hund in der Großprojektion "Finite/Infinite" ist ein hypnotisch mäanderndes Ornament, das immer besser wird, je länger man sich ihm aussetzt. Und die neun Monitore ("Elastic Tango"), auf denen ein wildes Zapping aus Fernsehschnipseln, Kunst, kopierten und wieder kopierten Videowerken, Cartoons und Werbung flimmert, sind, obwohl von 2010, tatsächlich so elektrisierend, als wären sie eine geniale Reaktion auf das Heute.