John Bock und Heiner Franzen in Berlin
Seit Freud die Psychoanalyse begründet hat, suchen wir Antworten auf große Fragen des Lebens auch in der eigenen Seele. "Psychonauten" – so der Titel einer Doppelschau in der Berlinischen Galerie – sind in den unendlichen Weiten des Selbst unterwegs. Die Künstler John Bock und Heiner Franzen, beide in den 1960er-Boomer-Jahren geboren, loten in ihren rätselhaften Videos die Abgründe der Psyche aus, wobei sie maßgeblich von der Traum- und Mythenmaschine des Kinos inspiriert wurden. Bocks Spielfilm "COWWIDINOK" von 2015 und die 2009 von Franzen produzierte Installation "Twin" werden gemeinsam gezeigt.
"John Bock und Heiner Franzen: Psychonauten", Berlinische Galerie, bis 11. August

Heiner Franzen "Twin", 2009, Videostill
Galerienrundgang Charlottenwalk in Berlin
Der Charlottenwalk gibt an diesem Wochenende Gelegenheit, das Programm der Galerien im Berliner Westen zu entdecken. Das Kunstevent findet zweimal jährlich statt und fokussiert sich auf die Vielfalt und das Potenzial der Kunstszene im Stadtteil Charlottenburg-Wilmersdorf. 37 Galerien sind diesmal mit dabei: Anahita Sadighi zum Beispiel zeigt die malerischen Aufnahmen der 35-jährige Iranerin Forough Alaei, die GNYP Gallery neue Gemälde von Elsa Rouy. Es geht vom Savignyplatz bis zum Charlottenburger Westen, wer will, kann sich einer der zahlreichen Führungen von Kunsthistorikerinnen und Kunstexperten anschließen. Gebucht werden können diese über die Website des Charlottenwalks.
"Charlottenwalk", Berlin, 14. (18-21 Uhr) und 15. März (12-18 Uhr)

Die Galerie Mathias Günther im Rahmen des "Charlottenwalk"
Alltagsobjekte aus der DDR in Berlin
Das neue DDR Museum Depot ist fertig. Am kommenden Sonntag (16. März) öffnet das Museum in Berlin-Marzahn mit einer der größten Sammlungen von Alltagsobjekten aus der DDR, wie das DDR Museum mitteilte. Rund 360 000 Exponate seien in den zwei Hallen untergebracht.
Bekannt ist das DDR Museum vor allem durch seine Dauerausstellung in Berlin-Mitte. Auch im Depot sollen künftig Sonderausstellungen zu sehen sein, die bislang im DDR Museum wenig Beachtung gefunden hatten. Öffentliche Besichtigungen und Führungen gibt es an drei Tagen pro Woche. Objekte werden für Ausstellungen und pädagogische Projekte auch verliehen.
Das Depot ist Forschungseinrichtung, Restaurationswerkstatt und Erinnerungsort in einem, heißt es. Außerdem gebe es die Möglichkeit, eine Ausbildung in der Erhaltung historischer Objekte zu absolvieren und sich mit deren geschichtlichen Zusammenhängen zu befassen.
Wer einen Beitrag zur Bewahrung der DDR-Geschichte leisten will und noch Objekte zu Hause hat, kann sich beim DDR-Museum melden. Auf der Website findet sich auch eine Liste von gezielt gesuchten Objekten aus dem DDR-Alltag, darunter Erinnerungen aus dem Pionierlager, Geschirr aus Meladur, Filmplakate und originalverpackte Konserven. Von unabgesprochenen Einsendungen sollten Interessierte aber absehen. (dpa)
"DDR Museum Depot", DDR Museum, Berlin, ab 16. März

DDR-Motorräder im Depot
Carol Rama in Bern
Es geht um Sexualität, Wahn, Krankheit und Tod im Werk der Turiner Künstlerin Carol Rama. Mit Darstellungen weiblicher Lust ebnete Rama schon in den 1930er-Jahren heutiger feministischer Kunst den Weg, spät wurde ihre Pionierarbeit anerkannt. 2015 starb sie 97-jährig, nachdem sie in sieben Schaffensjahrzehnten ein experimentelles und radikal persönliches Werk entwickelt hatte. In Zusammenarbeit mit der Frankfurter Schirn Kunsthalle zeigt das Kunstmuseum Bern die erste große Überblicksausstellung der bedeutenden Künstlerin in der Schweiz.
"Carol Rama. Rebellin der Moderne", Kunstmuseum Bern, bis 13. Juli

Carol Rama "Ohne Titel", 1967
Kunst und Mutterschaft in Düsseldorf
Maaaamaaa! Dass jeder eine Mutter hat, ist eine Binsenweisheit. Trotzdem ist es immer wieder erstaunlich, wie viele verschiedene widersprüchliche und umkämpfte Aspekte dieser alle Menschen verbindende Umstand hat. Gestritten wird darüber, was eine gute Mutter ist, welchen Anteil die Biologie hat oder wie viel staatliche Einmischung angemessen ist. Und wie viel Mutter braucht der Mensch überhaupt? Fest steht: Mutterschaft ist keine Privatangelegenheit. Trotzdem kommt sie beispielsweise als Motiv in der Gegenwartskunst erst spät in den Vordergrund. Zu mächtig und allgegenwärtig war in der Kunstgeschichte bislang das Topos der Jungfrau Maria mit dem Jesuskind. Und zu weit verbreitet lange Zeit die fatale Überzeugung, Künstlerin und Mutter zu sein, schließe sich aus.
Wenn das Museum Kunstpalast in Düsseldorf sich jetzt dem Thema widmet und es "Mama – von Maria bis Merkel" nennt, ist das Feld weit gesteckt. Denn nicht nur Kunst seit dem 14. Jahrhundert bis heute wird gezeigt, sondern auch Alltagsgegenstände wie der verstellbare "Tripp Trapp"- Stuhl von 1972, an dem man bis heute zuverlässig Haushalte mit Kindern erkennt. Auch die Pille Enavid von 1964 fehlt nicht. Aufseiten der Kunst sind vor allem Werke von Alice Neel, Katharina Bosse oder Louise Bourgeois bemerkenswert, weil sie davon zeugen, wie Künstlerinnen um eine eigene Erzählsprache ringen, wenn es um die Mutter-Kind-Beziehung geht. Alice Neels "The Family" von 1980 zeigt eine vierköpfige Familie, eine sichtlich erschöpfte Mutter mit drei Teenagern.
Auch die Fotokünstlerin Katharina Bosse inszeniert sich mit ihren beiden Kindern allein im Bild. Muttersein ist eine Aufgabe, die man schwer abgeben kann. Louise Bourgeois imaginiert sich mit "The Maternal Man" in eine neue paritätische Dimension hinein, wenn sie einem männlichen Körper einen Fötus in den Bauch aquarelliert. Dass sich die Ausstellung auch Angela Merkel einverleibt, ist zwar vielleicht publikumswirksam, aber unangebracht. Und zwar nicht etwa deshalb, weil Merkel kinderlos ist. Sondern weil das scheinheilige Attribut "Mutti" in erster Linie eine Herabwürdigung der damaligen Bundeskanzlerin war, auf deren Weiterverbreitung man auch gut hätte verzichten können. "Mother-Blaming" ist in der Psychologie inzwischen ein geläufiger Begriff. Der Abnabelungsprozess geht weiter.
"Mama – Von Maria bis Merkel", Kunstpalast, Düsseldorf, bis 3. August

Louise Bourgeois „The Maternal Man“, 2008
Marc Chagall in Düsseldorf
Die Bildwelten des Malers Marc Chagall (1887–1985) sind von leuchtend intensiver Farbigkeit, seine Motive bleiben rätselhaft. Aufgewachsen in der Stadt Witebsk (im heutigen Belarus) als Kind einer jüdisch-orthodoxen Familie, reflektierte Chagall zeitlebens seine Herkunft: Alltag, jüdische Gebräuche, Ausgrenzung, Pogrome. Das Trauma der Verfolgung und auch der Traum eines besseren Lebens werden in der großen Retrospektive im Düsseldorfer K20 nachgezeichnet. Ein Schwerpunkt der Schau liegt auf den frühen Arbeiten, die zwischen 1910 und 1923 entstanden sind: In Paris experimentierte der junge Chagall mit Fauvismus und Kubismus und verband die modernen Einflüsse mit jüdischen Motiven und russischer Folklore.
"Chagall", Kunstsammlung NRW, K20, Düsseldorf, 15. März bis 10. August

Marc Chagall "Doppelporträt mit Weinglas", 1917/18
Lubaina Himid und Magda Stawarska in Luxemburg
Die dialogische Ausstellung "Nets for Night and Day" schickt das Publikum im Mudam Luxembourg auf eine imaginäre Reise. Schiffe spielen eine besondere Rolle, "als Orte der Arbeit, Orte der Rettung, Orte des Lebens, Orte des Vergnügens, aber auch Orte tiefer Tragödie und tiefen Grauens", hat Lubaina Himid erklärt. Seit über einem Jahrzehnt arbeitet die britische, aus Sansibar stammende Künstlerin mit ihrer polnischen Kollegin Magda Stawarska zusammen. Im Mittelpunkt der neuen gemeinsamen Schau steht Himids Gemäldezyklus "Zanzibar" (1999–2023), der von Reisen an ihren Geburtsort erzählt. Stawarska hat zu den Diptychen eine Klangarbeit aus Regengeräuschen komponiert. Außerdem sind filmische Arbeiten der polnischen und eine Holzkarren-Installation der in England lebenden Künstlerin zu sehen.
"Nets for Night and Day", Mudam Luxembourg, bis 24. August

Lubaina Himid "In Your Dreams", 2021/22
Operation Beton in Magdeburg
Zement, Wasser und Gestein: Der Baustoff Beton und dessen Ambivalenz rückt im Kunstmuseum Magdeburg in den Mittelpunkt einer Ausstellung von vier Kunstschaffenden. "Opération Béton" in den Ausstellungsräumen im Kloster Unser Lieben Frauen widmet sich bis zum 15. Juni dem Spektrum des Werkstoffs zwischen Aufbau, Zerstörung und Umweltkatastrophe, wie das Museum mitteilte. Es gehe um die Vielseitigkeit von Beton, aber auch um dessen Verbindung zu "von Menschen gemachten Katastrophen", hieß es.
Gestaltet werde die Schau von Werken der Künstler Karl-Heinz Adler (1927-2018), Erasmus Schröter (1956-2021), Carsten Nicolai und Marta Dyachenko. Die Bandbreite reiche von Formsteinsystemen aus Beton über Fotografien bis hin zu audiovisuellen Installationen und Skulpturen.
Dem Museum zufolge ist der Titel "Opération Béton" auch eine Hommage an den Filmemacher Jean-Luc Godard (1930-2022), dessen Dokumentarkurzfilm über den Bau einer Beton-Staumauer in der Schweiz denselben Namen trug. (dpa)
"Opération Béton", Kunstmuseum Magdeburg, bis 15. Juni

Erasmus Schröter "Bunker WB 61", 2005
Kunstmesse Tefaf in Maastricht
Die Kunstmesse Tefaf in Maastricht zeigt in diesem Jahr eine Vielzahl hochkarätiger Werke - mit oft interessanter Geschichte dahinter. Zu sehen ist etwa ein nach Angaben der zuständigen Galerie verloren geglaubtes Gemälde von Gustav Klimt (1862-1918) aus dem Jahr 1897, auf dem dieser einen jungen Prinzen aus Ghana porträtierte. Entstanden ist es in einer Zeit, in der sogenannte Völkerschauen populär waren - auch in Wien, Klimts Heimat.
Bis zu seiner Wiederentdeckung vor wenigen Jahren bei einem Sammlerehepaar - schlecht gerahmt und stark verschmutzt - habe es als verschollen gegolten. Die Galerie bietet es nun für 15 Millionen Euro an.
Zu sehen ist auch das großformatige Werk "Les Dormeurs" von Pablo Picasso. Es wurde einst von Picassos langjährigem Galeristen Daniel-Henry Kahnweiler ausgewählt, um hinter seinem Schreibtisch zu hängen und gilt als Symbol für die Genialität des spanischer Malers (1881-1973). Der Wert ist entsprechend: Er wird auf mindestens 50 Millionen Dollar beziffert.
Nach Angaben der Galerie steht es allerdings nicht zum Verkauf - die Präsentation des spektakulären Bildes sei als eine Art Geschenk an die Kunstmesse Maastricht zu sehen, die nicht nur Handelsplatz, sondern auch Szene-Treff ist. Insgesamt stellen auf der Messe bis zum 20. März mehr als 270 Händler aus über 20 Ländern Kunst, Design und Antiquitäten aus. Die Tefaf deckt rund 7000 Jahre Kunstgeschichte ab, von der Antike bis in die Gegenwart. (dpa)
Kunstmesse Tefaf, Maastricht, 15. bis 20. März

Ausstellungsansicht Pablo Picasso "Les dormeurs" auf der Kunstmesse "Tefaf" in Maastricht
Kristian Schuller in Potsdam
Die farbenprächtigen Modeinszenierungen des Starfotografen Kristian Schuller können Besucher des Kunstraums Potsdam in den kommenden Wochen erleben. Die Ausstellung wurde am Nachmittag eröffnet. Dabei waren Schauspieler wie Sibel Kekilli und Roman Knizka sowie Kulturstaatsministerin Claudia Roth. "Pictures" ist bis zum 21. April zu sehen.
Der Modefotograf Schuller zeigt in seinen Bildern nicht nur Stars wie Cate Blanchett oder Katy Perry. Als Gegenpol sind Gesichter in Schwarz-Weiß aus seiner rumänischen Heimat zu sehen.
Der Künstler ist in Rumänien geboren und kam als Kind nach Deutschland. Er arbeitet mit internationalen Modemagazinen zusammen. Auch Kandidatinnen der TV-Show "Germany's Next Topmodel" setzte er in Szene.
"Die Besucherinnen und Besucher erwartet ein faszinierender Parcours durch die energiegeladenen Traumwelten von Schuller", teilten die Ausstellungsmacher mit. Der gezielte Einsatz von Unschärfe, kombiniert mit einem harmonischen Spiel von Licht und Schatten, führe dazu, dass seine Bilder eine mystische Atmosphäre erzeugten. (dpa)
"Kristian Schuller: Pictures", Kunstraum Potsdam, bis 21. April

Fotograf Kristian Schuller bei der Vernissage seiner Foto-Ausstellung "Kristian Schuller. Pictures" im Kunstraum Potsdam
Alina Szapocznikow in Ravensburg
Die Polin Alina Szapocznikow zählt zu den eigenwilligsten Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Im Zentrum stand bei der 1926 in Polen geborenen und 1973 in Paris gestorbenen Bildhauerin der menschliche Körper als Schauplatz der Empfindungen, anhand dessen Szapocznikow die Fragilität der Existenz und die Paradoxien des Lebens schonungslos thematisierte. Im Kunstmuseum Ravensburg ist eine Retrospektive der Bildhauerin zu sehen, die traditionelle Vorstellungen von Skulptur revolutioniert hat.
"Alina Szapocznikow. Körpersprachen", Kunstmuseum Ravensburg, bis 6. Juli

Alina Szapocznikow "Sculpture-lampe XI", 1970
Christian Marclay in Stuttgart
Auf lauter Ziffernblätter geguckt und trotzdem die Zeit vergessen! Wie das geht, hat der Schweizer Christian Marclay erstmals auf der Venedig-Biennale von 2011 demonstriert und prompt den Goldenen Löwen gewonnen. "The Clock" ist ein 24-Stunden-Videoloop aus Spielfilmschnipseln, in dem Uhren ticken, die mit der Ortszeit im Ausstellungsraum synchronisiert sind. Zig Zeitmesser geben den Takt vor, altmodische Wecker, Digitaldisplays, Armband- oder Standuhren. Big Ben ist Dauergast, als freundlich grüßender Nachbar, dröhnender Mahner oder Opfer von Bombenattentaten. "Noch 15 Minuten, Mr Bond."
Ob Agententhriller, Screwball-Komödie oder Science-Fiction-Reißer: Gnadenlos rückt der Zeiger vorwärts. Ein Ziffernblatt zeigt dem Pizzafahrer auf Bewährung, dass er seinen Job los ist. Die letzten Sekunden einer Todeskandidatin zucken dahin. Schäferstündchen im Sekundentakt. Angestellte, die verschlafen, Bombenentschärfungen, Radiowecker und Küchenuhren, die zerschmettert werden. Nun wird "The Clock" erstmals in Deutschland aufgezogen. Das Kunstmuseum Stuttgart ermöglicht an zwei Sonderterminen sogar den Marathon in voller Laufzeit. Nachts im Museum ticken die Uhren doch ohnehin weiter.
Christian Marclay "The Clock", Kunstmuseum Stuttgart, bis 25. Mai

Christian Marclay "The Clock", 2010, Filmstill