Insta-Watchlist mit "LittleTinyPeople"

"Ich wollte den Menschen einfach ein Lächeln schenken"

Mit klitzekleinen Figuren und alltäglichen Objekten erschafft Anna Murphy Szenen, die zum Schmunzeln bringen. Auf ihrem Instagram-Account erklimmen "Little Tiny People" Brokkoli-Bäume, paddeln durch Kohlblätter oder wandern über Eiswürfel. Ein Gespräch über Kreativität, Geduld und die Freude an ungewöhnlichen Perspektiven


Anna Murphy, Ihr Projekt "Little Tiny People" entstand, wie so viele kreative Konzepte, während des Covid-Sommers vor knapp fünf Jahren. Menschen fingen damals, auf ihre vier Wände beschränkt, an, berühmte Gemälde nachzustellen, Haustieren eine Galerie zu bauen oder Kunstwerke aus Kleidung nachzulegen. Sie schufen einen eigenen Kosmos für winzige Menschen, die all das erleben konnten, was für uns in der Pandemie nicht möglich war. Wie ist die ursprüngliche Idee zum Leben erwacht?

Wie viele war ich gelangweilt und hatte Lust, etwas Kreatives zu starten. Ich liebe es, Menschen zum Schmunzeln zu bringen – und diese winzigen Figuren bewirken genau das. Ich bekam ein TikTok-Video zugeschickt, in dem etwas Ähnliches gezeigt wurde, aber in einem anderen Stil. Ich fand es superkreativ und originell, also beschloss ich, es auf meine Art und Weise zu versuchen. Ich habe im Internet nach den Figuren gesucht und herausgefunden, dass es sich dabei um Modelleisenbahn-Figuren handelt, die bei Spielzeug-Eisenbahnsets verwendet werden. Die ersten, die ich gekauft habe, waren die Oktoberfest-Figuren und zwei Männer auf einem Kanu. Es gibt so viele verschiedene Typen, dass ich wie besessen davon wurde. Mittlerweile besitze ich eine riesige Sammlung. 

Also stellen Sie die Figuren nicht selbst her, sondern kreieren Szenarien mit denen, die zur Verfügung stehen?

Ich verwende unter anderem die Marken Noch und Preiser. Manche Leute machen ihre eigenen Modelle, indem sie sie in 3D drucken – das könnte mein nächster Schritt sein. Es würde bedeuten, dass ich in der Lage wäre, kleine Leute für jede beliebige Aktion zu entwerfen und zu drucken. Ich könnte sie auf ein bestimmtes Projekt zuschneiden und müsste nicht nur mit dem arbeiten, was angeboten wird.

Ihr erster Beitrag zeigt das bereits erwähnte Paar in bayerischer Tracht, das auf einem Bierflaschenverschluss sitzt. Was ist die Geschichte hinter den beiden?

Ich glaube, ich habe sie gekauft, weil sie am günstigsten waren und es nur zwei davon gab. Ich dachte, das wäre eine gute Möglichkeit, mich in die Materie einzuarbeiten. Da sie für das Oktoberfest gekleidet sind, musste ich natürlich Bier einbauen. Ich wollte keine bestimmte Marke zeigen, also habe ich ein Etikett mit der Aufschrift "Bier" gebastelt und das Pärchen obendrauf gesetzt. Ich liebe die Schlichtheit, es ist sogar mein Logo. Nachdem ich das Foto gemacht und es auf meinem Laptop im Vollbildmodus gesehen hatte, war ich begeistert.

 

Sie verwenden alltägliche Materialien wie Lebensmittel, Toilettenpapier oder ein Paar Schuhe für Ihre Kunst. Wie kommen Sie auf die Idee, diese Objekte in Ihre Bilder zu integrieren?

Es ist seltsam, manchmal schaue ich mir ein Objekt an und die Inspiration trifft mich. Dann wieder stecke ich fest, habe keine Ideen und muss mich zwingen, einen Gegenstand oder ein Lebensmittel aus einem anderen Winkel zu betrachten. Oder ich schaue mir meine kleinen Leute an und denke: Was könnten sie mit dem Essen machen?

Was inspiriert Sie am meisten bei der Gestaltung der kleinen Szenen?

Objekte, Lebensmittel und Landschaften. Manchmal gehe ich in die Küche, öffne den Kühlschrank und schaue, was ich nicht nur zum Essen, sondern auch zum Fotografieren habe. Oder ich sehe einen Ort oder eine Landschaft, die jemand auf Instagram gepostet hat, und überlege mir, wie ich sie mit Objekten und Lebensmitteln nachstellen könnte.

Zur Lockdown-Zeit war es nicht möglich, zu reisen oder auch nur Zeit im Freien zu verbringen. Es scheint, als hätten die kleinen Menschen all die Orte erkundet, die wir nicht besuchen konnten.

Stimmt, so sah es aus. Ich wollte den Menschen in diesen schweren Zeiten einfach ein Lächeln schenken und lustige, lebendige Bilder machen. Ich hatte nicht vor, einen Instagram-Account einzurichten, wollte nur meine ersten ein, zwei Fotos posten und sehen, was passiert. Nie hätte ich gedacht, dass es zu dem werden würde, was es heute ist.

Was glauben Sie, warum wir uns so sehr an diesen kleinen Menschen erfreuen? Warum bringt es uns zum Schmunzeln, wenn sie mit Schaufeln Butter auf ein Toastbrot streichen, das für sie wie ein Fußballfeld wirkt?

Ich denke, weil sie so süß sind. Und auch durch den kreativen, ungewöhnlichen Blick auf Alltägliches. Es birgt einen Überraschungseffekt, wenn man sieht, wie eine banale Handlung aus einer anderen Perspektive ausgeführt wird.

Haben Sie eine Lieblingsszene, die Sie geschaffen haben?

Ich habe mehrere Lieblingsszenen: die "Gurkenbucht", weil sie einen so in ihren Bann zieht, dass man das Gefühl hat, man wäre in der Bucht und würde hinausschauen. "Biscuit Canyon", weil man das Gefühl hat, ein kleiner Mensch zu sein, der von hohen Keksstapeln umgeben ist. Und "Maskachute", weil es so simpel und wirkungsvoll ist, eine Maske als Fallschirm zu benutzen. Masken haben während der Covid-Pandemie Leben gerettet, wie es ein Fallschirm tun kann.

 

Ihre Szenarien wirken ein bisschen wie eine Traumwelt, fast wie aus einem Kinderbuch. Was fühlen Sie, wenn Sie sie erschaffen? Ist es für Sie meditativ? 

Ja und nein. Ich mag, wie es meine Kreativität anregt. Es ist das beste Gefühl, eine gute Idee zu haben. Wenn ich eine Vision im Kopf habe und genau weiß, wie ich sie zum Leben erwecken kann, und wenn das Ergebnis dann so ist, wie ich es mir vorgestellt habe – das ist fantastisch. Aber manchmal ist es auch anstrengend, vor allem, weil ich kein professionelles Studio habe. Angefangen habe ich in der Küche meiner Eltern, und jetzt mache ich es in meinem Schlafzimmer neben dem Bett. Man muss sich in ungünstige Positionen verbiegen, um die Szene richtig einzufangen, und viel Geduld haben, weil die Figürchen so klein sind und immer wieder umfallen. 

Ihre Arbeit scheint die Art von Kunst zu sein, die jeden berühren und ansprechen kann – von Kindern über Geschäftsleute bis hin zu Großeltern. War es Ihnen wichtig, Kunst zu schaffen, die alle mit einbezieht und Spaß macht, und nicht nur etwas für Liebhaber oder Sammler ist?

Als ich anfing, wusste ich nicht genau, welches Publikum ich damit erreichen würde. Das weiß ich immer noch nicht. Mir geht es nur darum, Menschen mit meinen Fotos fröhlich zu machen.

Sie arbeiten jetzt auch mit Marken zusammen und kreieren Fotos, in denen Ihre "Little Tiny People" mit den jeweiligen Produkten interagieren. Wie sehen Sie die Beziehung zwischen Kunst und Werbung?

Ich finde es großartig, man muss nur den richtigen Künstler mit den richtigen Marken zusammenbringen. Ich bin auch von Unternehmen angesprochen worden, die nicht ganz zu meinem Stil passten, denen habe ich abgesagt. Wenn eine Marke mit einem Künstler zusammenarbeitet, ist das eine wunderbare Möglichkeit, beide Parteien zu präsentieren und einen neuen Ansatz für Werbung zu finden, der sie kreativer und auffälliger macht. 

Wie ist Ihre Beziehung zu Instagram, der Plattform, die Ihnen die Bühne für Ihre Kunst bietet?

Sie ist sehr gut. Denn dort hat alles angefangen, und ich werde Instagram auch weiterhin nutzen. Die Plattform bietet viele Vorteile für Content-Ersteller, viele Instrumente, die dabei helfen, die eigenen Inhalte auf das nächste Level zu heben und gleichzeitig authentisch zu sein. Ich verbringe auch viel Zeit damit, dort Trends zu beobachten und Audios für meine "Behind the Scenes"-Videos zu sammeln.