Der Countdown läuft: Ende September 2025 schließt das Badische Landesmuseum im Karlsruher Schloss seine Pforten. Grund ist eine mehrjährige Sanierung des Wahrzeichens der Stadt. Schon ab Mai ist Museumschef Eckart Köhne nicht nur Karlsruher Schlossherr. Er hat dann auch für fünf Jahre das Sagen in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden.
Das Museum freut sich auf das noble Ausweichdomizil an Baden-Badens Prachtmeile, der Lichtentaler Allee. In der Kunsthalle stößt die Umwandlung zur "Interimsspielstätte" des Museums dagegen sauer auf. Nicht nur dort gibt es Sorgen um die Zukunft des renommierten Ausstellungshauses.
Zunächst soll in der Kunsthalle weiter das zu sehen sein, für das sie vor weit über 100 Jahren errichtet wurde: Kunst. Das bis Anfang 2026 geplante Programm soll erst mal weiterlaufen, darunter die letzte von Kunsthallenchefin Çağla Ilk kuratierte Ausstellung "Sea and Fog" sowie eine Ausstellung zum Jubiläum des Künstlerbundes.
Eine erste gemeinsame Präsentation plant das Museum bis Mitte 2026. Die Konzeption steht noch aus. In den kommenden Jahren will das Museum wechselnde Ausstellungen aus seiner Sammlung zeigen - und dabei aktuelle gesellschaftliche Fragestellungen mit Positionen der zeitgenössischen Kunst verknüpfen.
Freude in Karlsruhe
Das Landesmuseum, das große kulturhistorische Museum für den badischen Landesteil mit wertvoller Antikensammlung, freut sich auf das Gastspiel in der Kurstadt. Es will die Kunsthalle in Baden-Baden während der Schlosssanierung als Ausstellungshaus nutzen. Die Büros der Verwaltung bleiben in Karlsruhe. Museumschef Köhne will aber "für die Kommunikation und die Abläufe rund um die Ausstellungsplanung" regelmäßig mit Mitarbeitern in Baden-Baden präsent sein.
Arne Braun, Staatssekretär im baden-württembergischen Kunstministerium, begrüßt es, dass das Museum während der jahrelangen Sanierung des Karlsruher Schlosses seine kunst- und kulturhistorischen Sammlungen weiterhin präsentieren kann. "In vielen Bereichen der Gesellschaft sehen wir, dass neue Formen der Partnerschaften und eine Zusammenarbeit zwischen den Institutionen für mehr Innovation, Beweglichkeit, Sichtbarkeit und Spannung sorgen, als wenn jede Institution in ihrem eigenen Kosmos bleibt." Er ist zuversichtlich, dass aus der "Kooperation des kreativen Miteinanders" positive Impulse für die zeitgenössische Kunst entstehen können.
Kunsthallen-Direktorin Çagla Ilk, deren auslaufender Vertrag zum 30. April 2025 für die überraschende Rochade genutzt wurde, ist entsetzt. Es sei ein beispielloser Akt, dass ein Haus so umgewandelt werde. Aus ihrer Sicht droht die Abwicklung einer historisch wichtigen Einrichtung - "ein unserer Einschätzung nach einmaliger Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik". Die Architektin, Dramaturgin und Kuratorin des diesjährigen Deutschen Pavillons bei der Kunst-Biennale in Venedig geht ab 2026 als Intendantin zum Berliner Maxim-Gorki-Theater. Mit ihr verlässt ein Teil der Belegschaft die Kunsthalle.
Die Staatliche Kunsthalle hat keine eigene Sammlung, zählt aber zu den traditionsreichsten Ausstellungshäusern für zeitgenössische Kunst. Von Georg Baselitz bis zu Bruce Nauman - viele Künstler, die später berühmt wurden, hatten hier ihre ersten großen Ausstellungen. Das von Hermann Billing erbaute neoklassizistische Gebäude mit einer Ausstellungsfläche von 700 Quadratmetern wurde 1909 mit einem Ziel erbaut: "Der deutschen Kunst ein würdiges Heim zu schaffen und zu erhalten" sowie "die bildende Kunst durch die Veranstaltung von Ausstellungen zu fördern".
Seit einigen Jahren ist die Kunsthalle "in einer anspruchsvollen Situation", wie es ein Ministeriumssprecher ausdrückt. Er verweist auf eine hohe Personalfluktuation, nötige Hilfen bei der kaufmännischen Leitung und ein Programm, das in der Stadtgesellschaft Baden-Baden nicht gut angekommen sei.
Vor allem das erlahmende Besucherinteresse hat die Alarmglocken schrillen lassen. Das benachbarte private Museum Frieder Burda, das mit der Kunsthalle mit einer gläsernen Brücke verbunden ist, glänzte 2023 mit rund 85.000 Besuchern und erwartet in diesem Jahr über 100.000. In die Kunsthalle kamen 2023 dagegen nur 2.500 zahlende Besucher. Gezählt wurden zwar 47.000 Besuche; darin eingerechnet waren aber laut Ministerium auch die Gäste des Kunsthallen-Cafés, die aus dem Burda-Museum kamen.
"Die Kunsthalle wird nicht geschlossen"
Das Landesmuseum sei nur für fünf Jahre zu Gast, versichert das Ministerium. Und: "Die Kunsthalle Baden-Baden wird nicht geschlossen, sie bleibt ein Ort der Kunst, der Name bleibt bestehen." Die Interimsphase solle genutzt werden, um das Haus neu aufzustellen und das Profil zu schärfen. Das Haus brauche eine kreative Pause, da das Angebot in den vergangenen Jahren nicht gut angenommen wurde. Die Leitungsstelle soll gegen Ende der fünf Jahre neu ausgeschrieben werden.
Das Land spart durch die unbesetzte Direktorenstelle und die Museumsnutzung Geld - es handle sich aber nicht um eine Sparmaßnahme, wird betont. Die Perspektive habe gefehlt.
Viele Künstler im Land sehen die temporäre Umnutzung dennoch als negatives Signal in einer Zeit, in der bei der Kunst gerne der Rotstift angesetzt wird. Die Freunde der Staatlichen Kunsthalle hätten sich eine Neubesetzung der Direktorenstelle gewünscht. Nun wolle man aber nach vorne blicken, sagt Vorstandsmitglied Stefan Fischer. Die Freunde hoffen auf die Einhaltung des Landesversprechens, schauen "erwartungsvoll auf das dialogische Programm" und freuen sich auf den anschließenden "Restart mit neuer Direktion".