Die Pläne der baden-württembergischen Landesregierung, die Kunsthalle Baden-Baden zum Ausweichdomizil für das Badische Landesmuseum zu machen, stoßen auf Unverständnis und Protest. In einer am heutigen Freitag veröffentlichten Mitteilung gab das Kunstministerium Baden-Württemberg bekannt, dass das Badische Landesmuseum im Karlsruher Schloss von Herbst 2025 an sanierungsbedingt für mehrere Jahre geschlossen werde und in dieser Zeit die Kunsthalle Baden-Baden als Interimsspielstätte nutzen soll. Bislang war geplant, dass das Landesmuseum in Karlsruhe in dieser Zeit vor allem mit Vermittlungsangeboten und kleineren Präsentationen vertreten sein kann.
Çagla Ilk, Direktorin der Kunsthalle Baden-Baden, kritisiert das Vorhaben gegenüber Monopol scharf. "Die Kunsthalle Baden-Baden ist seit 115 Jahren ein Ort der zeitgenössischen Kunst, eine prägende Institution für die gesamte Region und darüber hinaus. Dass so ein Haus geschlossen wird für eine andere Institution, ist ein beispielloser Akt. Die Entscheidung ist unfassbar traurig und problematisch, gerade auch angesichts der Zeiten, in denen wir leben. In großen Metropolen hat die zeitgenössische Kunst ihr Publikum, aber in kleinen Städten braucht es genau solche Institutionen wie die Kunsthalle, die als Orte der Diskurse und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen fungieren. Dass diese Entscheidung getroffen wurde, ist fatal und ein großer Verlust für die deutsche Kulturgeschichte."
Tatsächlich könnte der Charakter beider Institutionen kaum unterschiedlicher sein: Während die Kunsthalle auf kritisch-politische Gegenwartskunst fokussiert, werden durch das Landesmuseum künftig historische und archäologische Sammlungsstücke in die Ausstellungsräume einziehen. Das Ministerium betont, dass "mit Bezug auf die Tradition der Kunsthalle" auch künftig "zeitgenössische Positionen eine Rolle spielen" werden. Ein Konzept für die Programmgestaltung solle "gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kunsthalle Baden-Baden besprochen und umgesetzt werden", dieser Prozess werde "in naher Zukunft starten".
Personelle Aufstellung der Kunsthalle offenbar nicht gesichert
Doch ist derzeit laut Çagla Ilk nicht einmal die personelle Aufstellung der Kunsthalle gesichert. "Ich weiß zum jetzigen Zeitpunkt nicht, wie es mit meinen Mitarbeiter*innen weitergehen wird, weil diese für eine Institution der zeitgenössischen Kunst angestellt waren, die es in dieser Form nicht mehr geben wird." Ilk selbst scheidet zum 30. April 2025 aus ihrem Amt aus, ihr seit 2020 laufender Vertrag wurde entgegen ihrem Wunsch nicht verlängert. Ein genauer Zeitplan für die Sanierung des Karlsruher Schloss existiert bislang nicht, Schätzungen zufolge dürften sich die Baumaßnahmen über rund zehn Jahre strecken. Für diese Zeit wird es keine eigenständige Leitung der Kunsthalle geben.
Warum für das Landesmuseum kein Ausweichquartier vor Ort gefunden werden konnte, lässt die Mitteilung des Ministeriums offen. Erahnen lässt sich dafür, wie die Entscheidung für die Übernahme der Kunsthalle jetzt zustande kam. Kunststaatssekretär Arne Braun spricht in der Verlautbarung davon, "eine Möglichkeit gefunden" zu haben, "wie das Badische Landesmuseum während der langen Sanierungsphase des Karlsruher Schlosses mit seinen bedeutenden kunst- und kulturhistorischen Sammlungen in der Öffentlichkeit weiterhin präsent sein wird". Direkt im Anschluss verweist das Mitteilung auf das Ausscheiden Çagla Ilks.
So ließ man die bisherige Direktorin, die für ihr ambitioniertes Programm gelobt, aber für mäßige Publikumszahlen immer wieder kritisiert wurde, auch jetzt offenbar außen vor. "Wir sind erst am Dienstagmorgen durch einen persönlichen Besuch einer Ministeriumsmitarbeiterin über die Pläne informiert worden, aber offenbar war vorher schon alles entschieden, auch mit dem Badischen Landesmuseum. Wir wussten auch nicht, auf welcher Ebene die Entscheidung getroffen wurde", so Ilk. Aber, betont sie, es gehe hier eben nicht um sie als Person, sondern um die Zukunft einer Institution: "Wir befürchten, dass es nie wieder eine eigenständige Kunsthalle in Baden-Baden geben wird."