Für nur 55 Euro und 30 Cent kann man die neue Berlinale-Direktorin auch schon als Papp-Aufsteller ordern. Hochwertig, "in Lebensgröße", allerdings 190 Zentimeter hoch. "Das ist leider produktinstechnisch nicht anders möglich" teilt die Firma Celibrity Cutouts mit.
Celebrity? In Deutschland kennt Tricia Tuttle kaum jemand außer dem Fachpublikum. Immerhin blickt die aus den USA stammende frühere künstlerische Leiterin des London Film Festivals auf 25 Jahre Erfahrung in der Branche zurück. Sie, die das BFI-Festival fünf Jahre lang geleitet hat, sei "die richtige Wahl, die zu einer erfolgreichen Zukunft führen wird", erklärte Claudia Roth (Grüne) sichtlich erleichtert am Dienstag in Berlin.
Die Kulturstaatsministerin war unter enormen Zugzwang geraten, nachdem die Berlinale-Geschäftsführerin Mariette Rissenbeck ihr Amt bereits im vergangenen Jahr zur Verfügung gestellt hatte. Seit 2019 hatten Rissenbeck und der künstlerische Direktor Carlo Chatrian das einzige deutsche A-Festival drei Jahre lang geleitet. Als Roth 2023 bekanntgab, das Prinzip der Doppelspitze würde aufgegeben, hat Chatrian hingeschmissen.
Viel zu wenig Zeit
Es folgte ein Protestbrief, dem sich zahlreiche internationale Filmschaffende anschlossen, darunter Martin Scorsese und Kristen Stewart. Allerdings war Chatrian in Berlin angezählt. Der Politik fehlten die Hollywoodstars, die Blockbuster, der Glamour. Das, womit Dieter Kosslick unter seiner Ägide geglänzt hatte.
Man mag einwenden, dass Chatrian mit nur drei Jahren – und unter erschwerten Corona-Bedingungen – viel zu wenig Zeit hatte, dem Festival seinen Stempel aufzudrücken. Der italienische Filmkritiker war allerdings nicht bereit gewesen, die Leitung allein zu übernehmen. Tuttle ist nun zu diesem schwierigen Schritt entschlossen. Für ihre anspruchsvolle Aufgabe kann man ihr nur Glück und Standfestigkeit wünschen.